Der Arbeitsbericht Jahnke/Yalcin/Bauer (2006): Anreizsysteme zur Verbesserung der Wissensteilung in Unternehmen geht auf einen wichtigen Aspekt beim Übergang von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft ein. Es ist das ´Zurückhalten von Wissen´ als Merkmal der Industriegesellschaft (Womack/Jones/Roos 1994). Im Umkehrschluss stellt sich die Frage, wie man die Wissensteilung verbessern kann. Zusammenfassung: “Mit dem Übergang der westlichen Industrienationen in eine Wissensgesellschaft ist das Wissen von Mitarbeitern als maßgeblicher Wettbewerbsfaktor identifiziert worden. Die gegenwärtige Forschung beschäftigt sich in diesem Bereich mit Fragestellungen, die für eine wirkungsvolle Steuerung dieser neuen Ressource von Bedeutung sind. Gegenstand dieser Arbeit ist es, das Problem der Wissensteilung zwischen Unternehmenseinheiten theoretisch zu demonstrieren und mögliche Lösungsansätze mit Hilfe von Anreizinstrumenten zu präsentieren. Dabei werden verhaltens- und motivationstheoretische Ansätze vorgestellt, mit deren Hilfe exemplarisch ein Anreizsystem für die Wissensteilung aufgebaut wird”. Gut finde ich auch den Hinweis auf die Erweiterung des Probst Modells durch den Begriff der Wissenskooperation bei den Kernaktivitäten (Seite 14, in Anlehung an Moder et al. 2004:229). Stärken und Schwächen verschiedener Anreizsysteme werden dargestellt und bieten eine gute Basis, einen unternehmensspezifischen Ansatz zu finden.
Tochtermann, K.; Schachner, W. (2009): Wissensmanagement im Prozessmanagement
Die Studie Tochtermann, K.; Schachner, W. (2009): Wissensmanagement im Prozessmanagement “(…) liefert konkrete Hinweise auf die speziellen Anforderungen von und Erfolgsfaktoren für Wissensmanagement aus Sicht des Prozessmanagements”. Zu beachten ist, dass die Basisstudie mit 100 Experten und die vertiefende Studie mit 18 Prozessmanagement-Experten österreichischer Unternehmen durchgeführt wurde. Wissensmanagement im Kontext des Prozessmanagements zu betrachten macht Sinn, da Wissen immer situiert ist und sich daher der Bezug zu den Prozessen im Unternehmen anbietet. Es freut mich auch zu lesen, dass die zentrale Rolle des Menschens bei der Wissenskonstruktion und im Wissensmanagement herausgestellt wird. Der Bezug zum Modell von Probst wird aus meiner Sicht leider etwas zu unkritisch angenommen. Bei den Fragen zu den Efolgsfaktoren verwenden die Autoren das EFQM-Modell. Für Unternehmen in Deutschland kann man zur Bestimmung der Erfolgsfaktoren auch den Zukunftscheck Mittelstand heranziehen, der dann zur Wissensbilanz – Made in Germany führt. Die Wissensbilanz – Made in Germany hat noch den Vorteil, dass die Wirkungszusammenhänge der Erfolgfaktoren transparent werden, wodurch sich Prioritären für das gesamte Wissenssystem ableiten. Siehe dazu auch Bitcom (2009): Wissensmanagement Prozess-Systematik, Schilcher (2006): Die implizite Dimension des Wissens und ihre Bedeutung für betriebliches Wissensmanagement, Intellektualistische Legende, Schreyögg/Geiger (2003): Kann die Wissensspirale Grundlage des Wissensmanagements sein?
Das Projekt ProWis wurde bis 2011 verlängert und bietet jetzt schon interessante Hilfen
Über das Projekt ProWis habe ich in 2007 (inkl. einer Studie) und später noch einmal in 2008 berichtet. In der Zwischenzeit wurde das Projekt ProWis verlängert: “Im Mittelpunkt der zweiten Projektphase (2008-2011) steht der Transfer der Projektergebnisse. Folgende Angebote werden hierzu zur Verfügung gestellt”: Praxiserprobte Analyseinstrumente, Wissensmanagement Lösungssammlungen. Es ist erfreulich, dass man nun für die vier Wissensaktivitäten die jeweiligen Methoden/Tools auswählen kann. Ein erster Schritt, die vielen Tools einzuordnen und zu zeigen, dass nicht jedes Tool überall Sinn macht. Dennoch: Die Liste der Tools wird in Zukunft bestimmt noch erweitert werden müssen. Weiterhin ist nicht klar, wie die einzelnen untereinander wirken. Die Wissensaktivitäten werden immer noch zu sehr isoliert betrachtet, obwohl sich das gesamte Modell natürlich auf die Geschäftsprozesse bezieht und somit die Bedingung der Situiertheit von Wissen erfüllt. Das Modell reduziert die 6 Bausteine von Probst, wodurch die grundlegende Kritik an dem Bausteinmodell nicht verklingt (Sytemisches Wissensmanagement). Eine Alternative kann sein, die notwendigen Maßnahmen ganzheitlicher aus der Wissensbilanz – Made in Germany abzuleiten. Immerhin bietet die Wissensbilanz – Made in Germany mit dem Wirkungsnetz gerade die Möglichkeit die verschiedenen Wirkungen darzustellen und damit Maßnahmen zu priorisieren, die das Wissenssystem optimieren. Im Zusammenhang mit Wissensmanagement wird immer noch zu wenig an die gute Kombination von modernem Wissensmanagement und der Wissensbilanz – Made in Germany gedacht. Siehe dazu auch Wie hängen Wissensbilanz – Made in Germany und Wissensmanagement zusammen? Und wenn Sie im Raum Köln wohnen, können Sie sich am Freitag, den 04.12.2009 die Roadshow zur Wissensbilanz – Made in Germany bei der IHK Köln ansehen (Programm). Würde mich freuen…
Interessante Studie zu User-Created-Content
Die interessante Studie IDATE/TNO/IViR (Eds.) (2008): User-Created-Content: Supporting a participative Information Society (4,7MB) analysiert
- den Trend zu User-Created-Content,
- die daraus entstehenden wirtschaftlichen, sozialen, technologischen und juristischen Auswirkungen und
- den Einfluss auf die Politik der EU im Bereich IKT und Medien
Ganz besonders möchte ich auf die insgesamt 50 untersuchten Fallstudien hinweisen, die Sie auf den Seiten 16-20 finden. Testen Sie doch einfach einmal die dort angegebenen Webseiten aus. Den Trend zu User-Created-Content können auch Organisationen nutzen und die oft standardisierten Inhalte nicht nur unternehmensspezifisch anpassen, sondern eigene unternehmensspezifische Inhalte entwickeln. Diese Inhalte (Content) können dann für Personen, Gruppen, oder auch für das ganze Unternehmen konfiguriert werden. Dabei verwendet man oftmals Standards wie SCORM und bezeichnet diese Inhalte als Learning Objects. Ich mag den Begriff nicht besonders, da es nicht die Objects sind, die lernen, sondern die Subjekte – also die Personen. Dennoch: Betrachtet man die Möglichkeiten, kontextspezifische (unternehmensspezifische) Inhalte zu entwickeln, so können dadurch geschäftsprozessbezogene Vorteile generiert werden. User-Generated-Contend bedeutet in diesem Zusammenhang kontextspezifisches Wissen in Daten und Informationen zu übertragen, die dann personenspezifisch aufbereitet die Wissenskonstruktion im Geschäftsprozess ermöglicht (Ermöglichungsdidaktik). Es lohnt sich also auch für Unternehmen, sich mit User-Created-Contend intensiver zu befassen. Siehe dazu auch Freund, R. (2003): Mass Customization in Education and Training, ELearnChina 2003 (Edinburgh, Scotland), oder Freund, R. (2003): Mass Customization and Personalization in der beruflichen Bildung. In: Community Schwerpunktthema August 2003 der Tele Akademie (FH Furtwangen).
Exzellente Wissensorganisationen 2009
“Im festlichen Eichensaal an der Invalidenstraße in Berlin erhielten am 30. Oktober [2009] 25 kleine und mittlere Unternehmen aus dem gesamten Bundesgebiet und der Schweiz die Auszeichnung als ´Exzellente Wissensorganisation´. Gewürdigt wurde damit ihr vorbildlicher Umgang mit der Ressource Wissen. Im Namen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie überreichte Ministerialdirigent Dr. Georg Bröhl den Unternehmen Urkunde und Trophäe. Er wies in seiner Laudatio auf die besondere Bedeutung hin, die das Ministerium dem Thema Wissen und Wissensmanagement beimisst: „Deutschlands wichtigste Rohstoffe liegen nicht im Erdboden, sondern in unseren Köpfen.“ Schaut man sich die einzelnen Beispiele genauer an, so stellt man allerdings fest, dass nicht immer die Wissensebene im Mittelpunkt steht. Manche Unternehmen bleiben noch zu sehr auf der Daten, bzw. Informationsebene. Siehe dazu auch die erweiterte Wissenstreppe.
Das D-A-CH Wissensmanagement-Glossar liegt nun in der Version 1.0 online vor
Im ersten Halbjahr 2009 ist das D-A-CH Wissensmanagement-Glossar 1.0 entstanden, das nun als PDF- oder Worddatei online vorliegt. Es ist sehr erfreulich, dass sich einige aus der Wissensmanagement-Community in einem Projekt zusammengefunden haben und ein erstes Glossar erstellt haben. Wie die Versionsnummer schon andeutet, soll das Glossar fortgeschrieben werden. Auf der genannten Website kann sich jeder dazu einbringen. Mein erster Eindruck: Das ist auch nötig…
Gibt es Wissensinhalt und Wissensqualität an sich?
Da Wissen konstruiert wird (Konstruktivismus) und situiert (an die jeweilige Situation gebunden) ist, muss die Antwort auf die oben gestellte Frage lauten: Nein, Wissensinhalt und Wissensqualität an sich gibt es nicht. Aus der bildungstheoretischen Perspektive formulieren es Dewe/Weber (2007:24) folgendermaßen:
“Es lässt sich resümieren, dass in der bildungstheoretischen Diskussion um Wissen bisher nicht hinreichend zwischen der Frage nach Form, Inhalt und Qualität von Wissen und jener nach den jeweils spezifischen Kontextbedingungen der Anwendung des Wissens differenziert worden ist: Wissensinhalt und -qualität an sich gibt es nicht“.
Der Hinweis auf die jeweiligen Kontextbedingungen von Wissensinhalt und Wissensqualität lässt sich natürlich auch auf die unternehmerische Ebene übertragen.
Reinmann, G. (2009): Studientext Wissensmanagement (online verfügbar)
Gabi Reinmann ist Professorin an der Philosophisch-sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Augsburg (Medienpädagogik) tätig und hat schon sehr viel zum Thema Wissensmanagement veröffentlicht. Aktuell steht nun online eine gelungene Einführung in das komplexe Thema zur Verfügung: Reinmann, G. (2009): Studientext Wissensmanagement. Die Autorin beschreibt das Ziel des Studientextes (Seite 3) wie folgt: “Ziel dieses Studientextes ist es, in die Grundlagen des Wissensmanagements einzuführen (…) Der Studientext liefert einen Überblick über die wichtigsten Hintergründe, Begriffe, Komponenten, Modelle, Methoden und aktuellen Entwicklungen des Wissensmanagements. (…) Im Mittelpunkt dieses Studientextes stehen Zusammenhänge und das Bemühen, einen Orientierungsrahmen zu vermitteln, mit dem man sich in der Wissensmanagement-Literatur besser zurechtfinden kann.” Ergänzend würde ich noch auf die Wissensbilanz – Made in Germany hinweisen, die am Anfang zur Ableitung und am Ende zur Evaluation von Wissensmanagement-Maßnahmen genutzt kann.
Missachtung des Wissens
In meinem Blog habe ich schon häufiger darüber geschrieben, dass Organisationen, Unternehmen und Privatpersonen ein oftmals unscharfes Verständnis von Wissen entwickelt haben. Liessmann (2008:149) führt dazu teffend aus: “Das Wissensmanagement verfährt letztlich wie ein ´Materialwirtschaftssystem´, und der Wissensmanager erhebt gerade einmal den paradoxen Anspruch, unter ´Ausklammerung von Wahrheits- und Geltungsfragen´ herauszufinden, welche Art von Wissen sein Unternehmen zur Lösung seiner Probleme benötigt.” Der Autor nennt das eine “tiefe Missachtung des Wissens” (ebd.:157). Ich kann mich dieser Sichtweise nur anschließen, doch für viele Manager ist es eben leichter, klassische Managementmethoden des Scientific Managements auf Wissen zu übertragen, als sich mit den vielfältigen Facetten im Umgang mit Wissen zu befassen. Diese Manager investieren viel Geld in Software und stellen dann spät fest, dass der Mensch Wissen konstruiert und somit der entscheidende Faktor im Prozess ist. Wenn dann noch erkannt wird, dass der Umgang mit impliziten Wissen die Wettbewerbsfähigkeit stark beeinflusst, kommen wir der Sache (Umgang mit Wissen) schon einen erheblichen Schritt näher. Aber wer will das schon?
1. Knowledge Management Study Tour in Deutschland
Die 1. KM Study Tour wurde vom 26-30.04.2009 durchgeführt. Teilnehmer aus verschiedenen Ländern besuchten dabei zehn Unternehmen in Deutschland, die ihre Erfahrungen mit Wissensmanagement vorstellten. Das Programm informiert Sie ausführlicher über den Ablauf. Die Resonanz der Teilnehmer war durchweg sehr positiv. Der Organisator (eureki: european reserach center for knowledge management) plant daher eine ähnliche Tour 2010 in Asien durchzuführen. Bei Interesse können Sie sich an Herrn Dr. Peter Heisig von eureki wenden.