Studie zum Wettbewerbsfaktor Wissensmanagement 2010: Stand der Praxis in der deutschen Wirtschaft

Die Studie Pawlowsky, P.; Gözalan, A.; Schmidt, S. (2011): Wettbewerbsfaktor Wissensmanagement 2010: Stand der Praxis in der deutschen Wirtschaft wurde vom Bundesminsterium der Wirtschaft in Auftrag gegeben und soll in diesem Jahr noch in Buchform veröffentlicht werden. Erste Ergebnisse wurden auf dem Kongress “Standortvorteil Wissen” Ende Mai in Berlin vorgestellt (WM: Wissensmanagement, ICM: Intellectual Capital Management).

Als wesentliches Studienergebnis zum Status quo der WM/ICM-Aktivitäten in der deutschen Wirtschaft ist festzuhalten, dass bei der Mehrzahl der 3401 befragten Un-ternehmen sich eine überragende Bedeutung von Wissensmanagement zur Kundenorientierung (Kontakte, Reklamation) und zur Fehleridentifikation und Kompetenzidentifikation im Unternehmen zeigt” (S. 22).

Betrachtet man sich die Studie noch ein wenig genauer, so werden auch die Zusammenhänge zum Innovationsmanagement deutlich. Wissensmanagement zur Kundenorientierung geht hier weiter als die bloße Bearbeitung von Kontakten und Reklamationen, sondern geht der Frage nach, wie Kundenwissen in die Wertschöpfung intergriert werden kann (Open Innovation). Der Hinweis zum Fehlermanagement verweist auf ein Riskomanagement und auf eine neue Fehlerkultur, die nicht Fehler saktioniert, sondern manche Fehlertypen als Bestandteil innovativer Prozesse versteht. Nicht zuletzt freut es mich auch zu lesen, dass die Identifikation der Kompetenzen in den Unternehmen immer wichtiger wird. Dabei geht es nicht alleine um Qualifikationen oder um einen Soll-Ist-Abgleich, sondern um das neue Verstandnis von Kompetenz auf allen Ebenen. Siehe dazu auch meine Dissertation Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk, die im Sommer im Verlag Dr. Kovac erscheinen wird.

Nächste Generation Wissensmanagement. Wirklich?

Das Open Journal of Knowledge Management – Ausgabe II/2010 trägt den Titel Nächste Generation Wissensmanagement: Wie sich der Umgang mit Wissen und Kommunikation wandelt. Es handelt sich bei dem Journal um eine Zusammenfassung einiger Artikel, die schon früher erschienen sind. Ob es sich hier wirklich um die Darstellung der nächsten Generation von Wissensmanagement handelt, sei dahingestellt. Fraglich ist weiterhin, ob es gut ist, immer wieder von einer nächsten Generation zu sprechen. Dieser Ansatz suggeriert, dass es vorhergehende “Generationen” gibt, die schlechter sind. Der Gedanke erinnert an die von Bell 1973 genannten gesellschaftlichen Entwicklungen (Agrargesellschaft, Industriegesellschaft usw.) bei denen die nachfolgenden Gesellschaften immer entwickelter und die vorherigen “unterentwickelt” sind. Diese Linearität in der Entwicklung solch komplexer Zusammenhänge beim Umgang mit Wissen reduziert die Thematik unangemessen. Einer der Artikel in dem Journal geht auf den Zusammenhang mit Komplexität ein und verweist berechtigt auf die wichtige Rolle der Selbstorganisation in komplexen Systemen. Es stellt sich allerdings hier die Frage, ob wir es denn dann nicht eher mit Kompetenzmanagement (Kompetenz als Selbstorganisationsdisposition) und einer Kompetenzgesellschaft zu tun haben…

Professionelle Internetrecherche und Wissensmanagement

Es gibt verschiedene Strategeien mit den vielen Daten und Informationen umzugehen. Eine ist, diese zu reduzieren, was eine nicht angemessene Vereinfachung wäre. Die zweite Möglichkeit ist, sich einzugestehen, dass man doch nichts machen kann (Ohnmachtsgefühl). Es gibt allerdings auch die Chance, die Daten- und Informationsflut bewältigen zu wollen. Dieser optistische und zukunftsorientierte Ansatz wird durch die gute und übersichtliche Webseite Professionelle Internetrecherche und Wissensmanagement (Online-Tutorium zum Selbststudium) unterstützt. Es zeigt sich, dass man noch viele “hilfreiche Geister” nutzen kann, um sich selbst zu organisieren. Die daraus entstehende Daten- und Informationsbasis ist Grundlage für die individuelle Wissenskonstruktion.

Wie kann man semantische Netze in der Produktentwicklung nutzen?

In Conrad, J. (2010): Semantische Netze zur Erfassung und Verarbeitung von Informationen und Wissen in der Produktentwicklung geht der Autor von folgendem Zusammenhang aus: “Innerhalb der gezeigten Ansätze rechtfertigt insbesondere die als netzartig beschriebene Sicht auf den Wissensbegriff zudem eine nähere Betrachtung Semantischer Netze zu dessen Erfassung in der Produktentwicklung” (Seite 25). Erfassung bezieht sich hier auf Wissen und unterstellt somit ein wenig dynamisches Konstrukt. Berücksichtigt man, dass Wissen aus Daten und Informationen situativ konstruiert wird, so kann dieser Prozess durch Technologie nur ermöglicht werden. Taxonomie, Ontologie und Semantik sind im Wissensmanagement wichtig, dennoch nicht isoliert zu betrachten. Siehe dazu auch Baier (2008): Semantische Technologien in Wissensmanagementlösungen (Studie). Technologiegetriebenes Wissensmanagement ist von den Rahmenbedingunegn abhängig (Kontext is King).

LERNET 2.0-Praxisleitfaden (2010): Web 2.0 für Lern- und Wissensmanagement in KMU

Der LERNET 2.0-Praxisleitfaden (2010): Web 2.0 für Lern- und Wissensmanagement in KMU (Link nicht mehr aktiv 28.01.2014)enthält die gesammelten Erfahrungen aus dem Projekt Lernet 2.0, in dem die vielfältigen Instrumente des “E-Learning 2.0” eingesetzt und eingeschätzt wurden.  Das Fazit ist überwiegend positiv. Einzelne Instrumente wie Blogs, Twitter, Microblogs und Wikis werden in dem Leitfaden ausführlich dargestellt, andere nur erwähnt. Es ist gut, wenn die Möglichkeiten des Web 2.0 für das Lernen auf der individuellen Ebene, in Communities und auf organisationaler Ebene dargestellt werden. Letztendlich ist es allerdings auch von der speziellen Arbeitssituation abhängig, wie das Lernen im Prozess der Arbeit durch Web 2.0 unterstützt werden kann. Erst dann entwickeln sich diese Instrumente zu wertschöpfenden Bestandteile in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU).

Wissensmanagement-Lösungen für den Mittelstand individuell anpassen

Am 27.05.2010 fand auf Einladung des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie die Veranstaltung Fit durch Wissen – Wissensmanagement-Lösungen für den Mittelstand in Berlin statt. Das Bundesministerium hat in der Vergangenheit ca. 30 Projekte rund um das Thema “Wissen” gefördert. Auf der Tagung wurde anhand einiger dieser Projekte gezeigt, wie man das schwierige Thema Wissen in mittelständischen Unternehmen erfolgreich umsetzen kann. Man sieht auch hier deutlich, dass Wissensmanagement sehr individuell auf den Unternehmenskontext abgestimmt werden muss. Ein allgemeines Verständnis darüber, was man heute unter Wissen, Wissensmanagement oder Wissensbilanz – Made in Germany ist hilfreich, um eine firmenspezifische Lösung zu finden. Siehe dazu auch Projekt ProWis.

Wo liegen die Probleme im Umgang mit Wissen?

Eine Studie im Rahmen des des Verbundprojektes ProWis (Prozessorientiertes und -integriertes Wissensmanagement in KMU) gibt darauf zumindest für produzierende KMU eine Antwort (Siehe Grafik). An erster Stelle steht die “schnelle Integration von Mitarbeitern in das Unternehmen”. Aus Sicht des demografischen Wandels kommt dabei dem zu erschließenden impliziten Wissen (Erfahrungswissen) eine besondere Bedetung zu. Schon an zweiter und dritter Stelle kommen Themen aus dem Projektmanagement: “Nutzung bestehenden Wissens für neue Projekte und Dienstleistungen” und “Transfer von Wissen im Projekt und zwischen Projekten”.

Diese Punkte zeigen deutlich auf, dass es sich bei Projektarbeit um wissensbasierte Arbeit handelt, was Konsequenzen für die Projektarbeit (das Projektmanagement) haben sollte. Die in der Studie genannten Punkte sind unternehmensspezifisch zu priorisieren, dabei kann die Wissensbilanz – Made in Germany einen wichtigen Beitrag leisten. Die Wissensbilanz – Made in Germany zeigt die jeweiligen Wirkungszusammenhänge auf und gibt somit wichtige Hinweise zum sinnvollen Einsatz der Ressource. 

Diese Zusammenhänge zeigen wir auch in den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen auf. Informationen dazu finden Sie auf unserer Lernplattform.

IMPULSE berichtet ausführlich über die Wissensbilanz – Made in Germany

Das Unternehmermagazin impulse berichtet unter dem Titel Was wisst Ihr denn schon? (Mai 2010, S. 58-62) recht ausführlich über die Wissensbilanz – Made in Germany. Unternehmer aus unterschiedlichen Branchen erläutern die vielen Vorteile der Wissensbilanz – Made in Germany. Bei dem einen geht es um die Priorisierung von Wissensmanagement-Projekten, bei dem anderen um die Vorteile beim Rating. Der Artikel sollte Unternehmen/Organisationen dazu bewegen, sich mit dem Themen Wissen, Wissensmanagement und Wissensbilanz – Made in Germany intensiver zu befassen. Dabei sollte allerdings nicht vergessen werden zu klären, was im Unternehmen unter “Wissen” zu verstehen ist… Ein gar nicht so leichtes Unterfangen. In dem Artikel findet man z.B. folgenden Satz: “Wie beim Staffellauf gibt ein Kollege dem anderen Wissen weiter, …”. Die Wissenskonstruktion mit einem Weitergeben physischer Teile zu vergleichen halte ich für kein gutes, ja sogar für ein kontraproduktives Beispiel.

Speicherungsarten von Unternehmenswissen: Wird das implizite Wissen vergessen?

Wissen speichern ist eine der Kernaktivitäten in dem Modell von Probst et al. Nach Pavlekovskaya (2007) verteilen sich die Speicherarten wie folgt: Papiergebundende Dokumente: 26%, Elektronische Dokumente: 32% und implizites Wissen 42%. Es ist für ein erfolgreiches Wissensmanagement wichtig, alle drei Bereiche zu berücksichtigen. Manchmal hat man in der Diskussion um Wissensmanagement den Eindruck, dass der Schwerpunkt auf dem technologischen Teil (Wissen als Daten oder Informationen zu speichern) liegt und der Bereich des impliziten Wissens vernachlässigt wird. Das ist aus Forschungs- und Unternehmenssicht keine gute Idee…

´Ja´ zum Innovationsmanagement und ´Nein´ zum Wissensmanagement?

wissenstreppe.jpgEs ist interessant zu sehen, dass alle Unternehmen Innovationen für unerlässlich halten, allerdings wenig Aktivitäten im Wissensmanagement zeigen. Der Artikel Minonne, C. (2010): Wissensmanagement – Das Rückgrat des Innovationsprozesses verweist darauf, dass ein professionelles Innovationsmanagement ohne Wissensmanagement nicht auskommt. Möglicherweise kommt es daher, dass viele Führungskräfte in den Unternehmen Wissensmanagement immer noch zu sehr mit Informationsmanagement verwechseln und daher z.B. die implizite Dimension der Ressource Wissen sträflich vernachlässigen. Unternehmen, die diese Zusammenhänge erkennen und sie für die Wertschöpfung nutzen, sind im Vorteil.