Speicherungsarten von Unternehmenswissen: Wird das implizite Wissen vergessen?

Wissen speichern ist eine der Kernaktivitäten in dem Modell von Probst et al. Nach Pavlekovskaya (2007) verteilen sich die Speicherarten wie folgt: Papiergebundende Dokumente: 26%, Elektronische Dokumente: 32% und implizites Wissen 42%. Es ist für ein erfolgreiches Wissensmanagement wichtig, alle drei Bereiche zu berücksichtigen. Manchmal hat man in der Diskussion um Wissensmanagement den Eindruck, dass der Schwerpunkt auf dem technologischen Teil (Wissen als Daten oder Informationen zu speichern) liegt und der Bereich des impliziten Wissens vernachlässigt wird. Das ist aus Forschungs- und Unternehmenssicht keine gute Idee…

´Ja´ zum Innovationsmanagement und ´Nein´ zum Wissensmanagement?

wissenstreppe.jpgEs ist interessant zu sehen, dass alle Unternehmen Innovationen für unerlässlich halten, allerdings wenig Aktivitäten im Wissensmanagement zeigen. Der Artikel Minonne, C. (2010): Wissensmanagement – Das Rückgrat des Innovationsprozesses verweist darauf, dass ein professionelles Innovationsmanagement ohne Wissensmanagement nicht auskommt. Möglicherweise kommt es daher, dass viele Führungskräfte in den Unternehmen Wissensmanagement immer noch zu sehr mit Informationsmanagement verwechseln und daher z.B. die implizite Dimension der Ressource Wissen sträflich vernachlässigen. Unternehmen, die diese Zusammenhänge erkennen und sie für die Wertschöpfung nutzen, sind im Vorteil.

Gibson et al. (2009): Social by Social

Das Buch von Andy Gibson, Nigel Courtney, Amy Sample Ward, David Wilcox und Clive Holtham (2009: Social by Social können Sie online lesen, oder als Zip-Datei bzw. als PDF-Datei herunterladen. Dass neue Technologien vieles verändern ist wohl allgemein bekannt. Das Besondere an dem Buch ist allerdings, dass es eine Art Anleitung ist, die neuen Technologien für positive soziale Auswirkungen zu nutzen: “A practical guide to using new technologies to deliver social impact”. Dieser Gedanke gefällt mir außerordentlich gut. Die Autoren stellen auch heraus, dass es darauf ankommt, die neuen Technologien in den verschiedenen sozialen Kontexten zu verwenden. Diesen Transfer könnenn Sie selbst leisten. Lesen Sie sich die Seiten durch und übertragen Sie die genannten Ansätze auf ihr soziales Umfeld (Context in King). Neue Technologien zu nutzen, um soziale Ziele zu erreichen, ist ein sehr spannender Ansatz. Dabei kommt die Initiative nicht von den Regierenden (ich mag den Begriff nicht besonders), sondern von jedem einzelnen (Bottom-Up). Machen Sie mit bei Social by Social: “These new technologies are available to all of us. And they offer us an amazing opportunity to change our world.” Technologieorientiert, sozial engagiert und wirtschaftlich erfolgreich zu sein, sind heute keine Gegensätze mehr.

Taxonomie, Ontologie und Semantik im Wissensmanagement

huettenegger-cover.jpgBefasst man sich mit Wissensmanagement und den entsprechenden Technologien, so kommt man schnell auf die genannten Begriffe. Ich möchte hier die recht einleuchtende Erklärung aus Hüttenegger, G. (2006:182-183): Open Source Knowledge Management anbieten:

“Im engeren Sinn ist eine Taxonomie eine Einteilung von Tier- und Pflanzenarten. Im Kontext von KM (Knowledge Management) und KM-Systemen geht es um eine Einteilung von Dingen, ein Klassifikationssystem. Als Ergebnis hat man eine Hierarchie von Begriffen wie etwa Säugetier als Überbegriff für Katze. Der Begriff Ontologie an sich ist aus dem 19. Jahrhundert (ontos für das Sein und logos für das Wort) und wurde von den deutschen Philosophen eingeführt. Traditionellerweise geht diese Art der Klassifizierung auf die Griechen zurück; im Speziellen auf die 10 prinzipiellen Kategorien von Aristoteles. Kurz gesagt ist eine Ontologie eine hierarchische Ordnung von Begriffen zusammen mit der jeweiligen semantischen Bedeutung (genau diese fehlt bei der Taxonomie) und oft auch Beziehungen. Damit gibt es Über- und Unterbegriffe und jeweils eine exakte Bedeutung. Ein ganz einfaches Beispiel ist etwa für die  Begriffe ´hat´, ´Peter als Mensch´ und ´Katze´: ´Peter hat eine Katze´. Damit ergibt sich etwa als Folgerung, dass Peter ein Säugetier hat. Zusätzlich liefert die Ontologie auch zu den Begriffen ´Mensch´, ´Katze´ und ´Säugetier´ deren semantische Bedeutung.”

Siehe dazu auch Hitzler et al. (2008): Semantic Web, Baier (2008): Semantische Technologien in Wissensmanagement-Lösungen

Ergin, T. (2009): Wissensmanagement – Ein Leitfaden aus der Medizintechnik

Laborant07.jpgDer Umgang mit Wissen spielt in der Gesundheitsbranche (Life Sciences) eine große Rolle. Ein Teilbereich ist die Medizintechnik, mit ihren 100.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von ca. 18 Mrd EUR pro Jahr. Diese Zahlen sind in der Einleitung nachzulesen in Ergin, T. (2009): Wissensmanagement – Ein Leitfaden aus der Medizintechnik. Diese Unterlage ist aus dem Projekt Wiki-Med entstanden. Es passt dabei gut, dass sich dieses Projekt für die Medizintechnik fast ausschließlich mit dem Bereich Technologie im Wissensmanagement befasst. Doch ist dieser Bereich neben Mensch und Organisation nur ein Teil des Wissensmanagements. Der genannte Leitfaden ist eine Zusammenstellung von technischen Lösungen, die eine gute Grundlage für die Wissenskonstruktion bieten kann – nur: Ist das genug? Ich glaube nicht. Sucht man in der Datei beispielsweise nach dem Begriff “implizites Wissen” oder auch nur “implizit” erhält man keinen Treffer. Geht man von der individuellen Wissenskonstruktion aus und stellt man gerade die implizite Dimension des Wissens in den Mittelpunkt der Wertschöpfung, so greift dieser Leitfaden zu kurz. Ein Beispiel möchte ich noch hervorheben: Auf Seite 24 geht es um “Wissensbausteine” die mit Hilfe des SCORM-Modells dargestellt werden können. Schon in meinem Konferenzbeitrag Freund, R. (2003): Mass Customization in Education and Training (ELearnChina 2003) habe ich dieses Vorgehen kritisiert und angedeutet, dass es zunächst einmal Inhalte sind, die mit Hilfe des SCORM-Modells strukturiert und konfiguriert werden können. Nur: Was hat das mit Wissen zu tun? Die Wissenskonstruktion, und hier gerade auch die implizite Dimension, kann mit technischen Lösungen unterstützt werden – nicht weniger, aber auch nicht mehr. Siehe dazu auch Die implizite Dimension des Wissens, Wissenstreppe, Nicht-Wissende deutsche Ärzte, Wissensmanagement im toxikologischen Laboratorium, Wissensmanagement in der MedizinHalbwissen in Weiss

Jahnke/Yalcin/Bauer (2006): Anreizsysteme zur Verbesserung der Wissensteilung in Unternehmen

Der Arbeitsbericht Jahnke/Yalcin/Bauer (2006): Anreizsysteme zur Verbesserung der Wissensteilung in Unternehmen geht auf einen wichtigen Aspekt beim Übergang von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft ein. Es ist das ´Zurückhalten von Wissen´ als Merkmal der Industriegesellschaft (Womack/Jones/Roos 1994). Im Umkehrschluss stellt sich die Frage, wie man die Wissensteilung verbessern kann. Zusammenfassung: “Mit dem Übergang der westlichen Industrienationen in eine Wissensgesellschaft ist das Wissen von Mitarbeitern als maßgeblicher Wettbewerbsfaktor identifiziert worden. Die gegenwärtige Forschung beschäftigt sich in diesem Bereich mit Fragestellungen, die für eine wirkungsvolle Steuerung dieser neuen Ressource von Bedeutung sind. Gegenstand dieser Arbeit ist es, das Problem der Wissensteilung zwischen Unternehmenseinheiten theoretisch zu demonstrieren und mögliche Lösungsansätze mit Hilfe von Anreizinstrumenten zu präsentieren. Dabei werden verhaltens- und motivationstheoretische Ansätze vorgestellt, mit deren Hilfe exemplarisch ein Anreizsystem für die Wissensteilung aufgebaut wird”. Gut finde ich auch den Hinweis auf die Erweiterung des Probst Modells durch den Begriff der Wissenskooperation bei den Kernaktivitäten (Seite 14, in Anlehung an Moder et al. 2004:229). Stärken und Schwächen verschiedener Anreizsysteme werden dargestellt und bieten eine gute Basis, einen unternehmensspezifischen Ansatz zu finden.

Tochtermann, K.; Schachner, W. (2009): Wissensmanagement im Prozessmanagement

Die Studie Tochtermann, K.; Schachner, W. (2009): Wissensmanagement im Prozessmanagement “(…) liefert konkrete Hinweise auf die speziellen Anforderungen von und Erfolgsfaktoren für Wissensmanagement aus Sicht des Prozessmanagements”. Zu beachten ist, dass die Basisstudie mit 100 Experten und die vertiefende Studie mit 18 Prozessmanagement-Experten österreichischer Unternehmen durchgeführt wurde. Wissensmanagement im Kontext des Prozessmanagements zu betrachten macht Sinn, da Wissen immer situiert ist und sich daher der Bezug zu den Prozessen im Unternehmen anbietet. Es freut mich auch zu lesen, dass die zentrale Rolle des Menschens bei der Wissenskonstruktion und im Wissensmanagement herausgestellt wird. Der Bezug zum Modell von Probst wird aus meiner Sicht leider etwas zu unkritisch angenommen. Bei den Fragen zu den Efolgsfaktoren verwenden die Autoren das EFQM-Modell. Für Unternehmen in Deutschland kann man zur Bestimmung der Erfolgsfaktoren auch den Zukunftscheck Mittelstand heranziehen, der dann zur Wissensbilanz – Made in Germany führt. Die Wissensbilanz – Made in Germany hat noch den Vorteil, dass die Wirkungszusammenhänge der Erfolgfaktoren transparent werden, wodurch sich Prioritären für das gesamte Wissenssystem ableiten. Siehe dazu auch Bitcom (2009): Wissensmanagement Prozess-SystematikSchilcher (2006): Die implizite Dimension des Wissens und ihre Bedeutung für betriebliches Wissensmanagement, Intellektualistische Legende,  Schreyögg/Geiger (2003): Kann die Wissensspirale Grundlage des Wissensmanagements sein?

Das Projekt ProWis wurde bis 2011 verlängert und bietet jetzt schon interessante Hilfen

Über das Projekt ProWis habe ich in 2007 (inkl. einer Studie) und später noch einmal in 2008 berichtet. In der Zwischenzeit wurde das Projekt ProWis verlängert: “Im Mittelpunkt der zweiten Projektphase (2008-2011) steht der Transfer der Projektergebnisse. Folgende Angebote werden hierzu zur Verfügung gestellt”: Praxiserprobte Analyseinstrumente, Wissensmanagement Lösungssammlungen. Es ist erfreulich, dass man nun für die vier Wissensaktivitäten die jeweiligen Methoden/Tools auswählen kann. Ein erster Schritt, die vielen Tools einzuordnen und zu zeigen, dass nicht jedes Tool überall Sinn macht. Dennoch: Die Liste der Tools wird in Zukunft bestimmt noch erweitert werden müssen. Weiterhin ist nicht klar, wie die einzelnen untereinander wirken. Die Wissensaktivitäten werden immer noch zu sehr isoliert betrachtet, obwohl sich das gesamte Modell natürlich auf die Geschäftsprozesse bezieht und somit die Bedingung der Situiertheit von Wissen erfüllt. Das Modell reduziert die 6 Bausteine von Probst, wodurch die grundlegende Kritik an dem Bausteinmodell nicht verklingt (Sytemisches Wissensmanagement). Eine Alternative kann sein, die notwendigen Maßnahmen ganzheitlicher aus der Wissensbilanz – Made in Germany abzuleiten. Immerhin bietet die Wissensbilanz – Made in Germany mit dem Wirkungsnetz gerade die Möglichkeit die verschiedenen Wirkungen darzustellen und damit Maßnahmen zu priorisieren, die das Wissenssystem optimieren. Im Zusammenhang mit Wissensmanagement wird immer noch zu wenig an die gute Kombination von modernem Wissensmanagement und der Wissensbilanz – Made in Germany gedacht. Siehe dazu auch Wie hängen Wissensbilanz – Made in Germany und Wissensmanagement zusammen? Und wenn Sie im Raum Köln wohnen, können Sie sich am Freitag, den 04.12.2009 die Roadshow zur Wissensbilanz – Made in Germany bei der IHK Köln ansehen (Programm). Würde mich freuen…

Interessante Studie zu User-Created-Content

Die interessante Studie IDATE/TNO/IViR (Eds.) (2008): User-Created-Content: Supporting a participative Information Society (4,7MB) analysiert

  1. den Trend zu User-Created-Content,
  2. die daraus entstehenden wirtschaftlichen, sozialen, technologischen und juristischen Auswirkungen und
  3. den Einfluss auf die Politik der EU im Bereich IKT und Medien

Ganz besonders möchte ich auf die insgesamt 50 untersuchten Fallstudien hinweisen, die Sie auf den Seiten 16-20 finden. Testen Sie doch einfach einmal die dort angegebenen Webseiten aus. Den Trend zu User-Created-Content können auch Organisationen nutzen und die oft standardisierten Inhalte nicht nur unternehmensspezifisch anpassen, sondern eigene unternehmensspezifische Inhalte entwickeln. Diese Inhalte (Content) können dann für Personen, Gruppen, oder auch für das ganze Unternehmen konfiguriert werden. Dabei verwendet man oftmals Standards wie SCORM und bezeichnet diese Inhalte als Learning Objects. Ich mag den Begriff nicht besonders, da es nicht die Objects sind, die lernen, sondern die Subjekte – also die Personen. Dennoch: Betrachtet man die Möglichkeiten, kontextspezifische (unternehmensspezifische) Inhalte zu entwickeln, so können dadurch geschäftsprozessbezogene Vorteile generiert werden. User-Generated-Contend bedeutet in diesem Zusammenhang kontextspezifisches Wissen in Daten und Informationen zu übertragen, die dann personenspezifisch aufbereitet die Wissenskonstruktion im Geschäftsprozess ermöglicht (Ermöglichungsdidaktik). Es lohnt sich also auch für Unternehmen, sich mit User-Created-Contend intensiver zu befassen. Siehe dazu auch Freund, R. (2003): Mass Customization in Education and Training, ELearnChina 2003 (Edinburgh, Scotland), oder Freund, R. (2003): Mass Customization and Personalization in der beruflichen Bildung. In: Community Schwerpunktthema August 2003 der Tele Akademie (FH Furtwangen).

Exzellente Wissensorganisationen 2009

“Im festlichen Eichensaal an der Invalidenstraße in Berlin erhielten am 30. Oktober [2009] 25 kleine und mittlere Unternehmen aus dem gesamten Bundesgebiet und der Schweiz die Auszeichnung als ´Exzellente Wissensorganisation´. Gewürdigt wurde damit ihr vorbildlicher Umgang mit der Ressource Wissen. Im Namen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie überreichte Ministerialdirigent Dr. Georg Bröhl den Unternehmen Urkunde und Trophäe. Er wies in seiner Laudatio auf die besondere Bedeutung hin, die das Ministerium dem Thema Wissen und Wissensmanagement beimisst: „Deutschlands wichtigste Rohstoffe liegen nicht im Erdboden, sondern in unseren Köpfen.“ Schaut man sich die einzelnen Beispiele genauer an, so stellt man allerdings fest, dass nicht immer die Wissensebene im Mittelpunkt steht. Manche Unternehmen bleiben noch zu sehr auf der Daten, bzw. Informationsebene. Siehe dazu auch die erweiterte Wissenstreppe.