Damit der Umgang mit Wissen nicht zum reinen Informationsmanagement verkommt

In dem sehr lesenswerten Artikel Die Provinzialität der Modernisierer befasst sich Gyburg Radke in DIE WELT vom 16.04.2007 mit verschiedenen Aspekten der aktuellen Wissens- und Bildungsdiskussion. Dabei geht sie sehr kritisch mit der Tendenz zur Modularisierung um, indem sie bemerkt: “Menschliches Lernen funktioniert nicht wie ein Computer, der diskrete Einheiten addiert” (Siehe dazu auch meine Anmerkungen zu Learning Objects, Learning Process, Content, Context). Auch in der Wissensdebatte sollte aus ihrer Sicht der rein ökonomische Aspekt überprüft werden. “Ein Denken hingegen, das Wissensquanten sammelt und darüber wie ein Großhändler über Güter in einer Lagerhalle verfügt, ist nicht frei. Diese ökonomische Einstellung zum Wissen führt zu einem engen, provinziellen Denken, das reproduktiv, aber nicht frei, nicht kreativ sein kann.” Was ich besonders gut finde ist, dass Gyburg Radke nicht nur kritisiert, sondern auch einen Vorschlag macht. Sie verweist auf den Begriff der “liberal arts”. Damit der Umgang mit Wissen nicht zum reinen Informationsmanagement verkommt…

If You Can Not Measure it, You Can Not Manage it – Stimmt das denn?

Man hört den Spruch überall: “If You Can Not Measure it, You Can Not Manage it”. Dadurch, dass dieser Satz immer und immer wieder wiederholt wird, wird er auch nicht besser. Die “messenden Wissenschaften” werten alle anderen wissenschaftlichen Disziplinen ab, die nicht “exakte” Messverfahren bieten können. Es gibt allerdings in den letzten Jahren immer mehr Zweifel an diesen Ansichten.

Beispielhaft seien hier Hutter (1998): “Ein Wissenschaftsmodell, das sich eng an die Naturwissenschaften anlehnt und als einzige Kriterien für sein Forschungsinteresse die Beobachtbarkeit, Messbarkeit und Wiederholbarkeit von Phänomenen und Ereignissen betrachtet, wird allein nicht als adäquat angesehen, das Phänomen des menschlichen Bewusstseins und der bewussten Erfahrung adäquat zu berücksichtigen. Da sie der öffentlichen Beobachtung nicht zugänglich sind, erscheinen sie als subjektive und private Phänomene, die der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit nicht bedürfen“, oder Albert Einstein genannt: “Not everything that counts can be counted, and not everything that can be counted counts”.

Betrachtet man die Diskussion um die Messbarkeit von Multiple Intelligenzen, Wissen, dynamischen Kompetenzmodellen usw., so kann man der Diskussion gelassen entgegensehen. Das soll nicht heißen, dass man keine Verfahren zur Quantifizierung suchen und entwickeln sollte. Es muss allerdings ein gleichberechtigtes ´sowohl-als-auch´, ein ´quantitativ und qualitativ´ ermöglicht werden.

Bildung als Knowledge Export?

Unter der Überschrift Knowledge Export: India attracts Universities from the US beschreibt Somini Sengupta am 26.03.2007 in DER SPIEGEL die Expansionsbestrebungen amerikanischer Universitäten in Indien. Diese Meldung ist unter anderem deshalb interessant, weil die Expansionsbestrebungen von Bildungseinrichtungen als Knowledge Export beschrieben werden. Bildung als wichtiger Teil einer stärker wissensbasierten Wirtschaft? Ja, darüber hinaus sollte Bildung allerdings nicht mit Wissen gleich gesetzt werden. Aus meiner Sicht bereiten die amerikanischen Universitäten mit Ihrem ausgeklügelten Strategien (in diesem Fall in Indien) den Markt für die amerikanische Art des Wirtschaftens vor. Mit den amerikanischen Curricula orientieren sich die Studierenden an den Gedanken des american way of thinking (life). Dagegen ist zunächst nichts zu sagen, dennoch wäre es gut, wenn Studneten auch die europäische(n) Sichtweise(n), aber auch die asiatische(n) Sichtweise(n) z.B. bei Managementmodellen kennen lernen würden. Europäische Universitäten sind oft international gut vernetzt, dennoch setzen sich die amerikanischen Universitäten auf internationalen Bildungsmärkten durch, weil dsie viel eher erkannt haben, dass Bildung/Wissen ein lukratives Geschäft ist. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Ich plädiere hier nicht für eine einseitige Ökonomisierung von Bildung, sondern dafür, dass z.B. Universitäten auch die wirtschafliche Komponente des internationalen Bildungsmarkts erkennen und nutzen.

ETCOM: Forschergruppe Kommunizierende Unternehmen

etcom.gifDie Forschergruppe um Prof. Bergmann von der Universität Siegen befasst sich mit dem etcom-Management-Modell, dass auf einem “individuenorientierten, systemischen und konstruktivistischen Ansatz” basiert. “(…) etcom interveniert auf den Ebenen Personal (Wissen, Kompetenzen, Intelligenzen) , Organisation und Performance (Strukturen und Netzwerke, Prozesse und Dynamik) und Umwelt (Stakeholder, Politik, Kultur, Markt).” Mehr dazu im Thesenpapier.

Ich muss zugeben, dass mir das sehr gefällt und ich mit großem Interesse Prof. Bergmann´s Beiträge gerade im Zusammehang mit der aktuellen Kompetenz- und Intelligenzdebatte gelesen habe. Dennoch gibt es auch abweichende Auffassungen. Forschen ist eben eine permanente Suchbewegung…

Wissen und Kompetenzen

Volker Heyse, Prof. in Regensburg: “Es gibt einen Unterschied zwischen Wissen und Kompetenzen (…). Zu Kompetenzen gehören kommunikative Fähigkeiten, Handlungsstrategien und alles was man braucht, um theoretischen Wissen überhaupt anzuwenden. Solche übergeordneten Fähigkeiten klammert das formale Bildungssystem bisher weitgehend aus”. Quelle: Die Schule des Lebens. In: Süddeutsche Zeitung vom 01./02. Februar 2003.

Sollten wir dann eher von einer kompetenzbasierten, an Stelle einer wissensbasierten Gesellschaft sprechen? Wird die knowledge-based economy zu einer competence-based economy?

Die Klötzchen-Methode

In dem Beitrag Die Klötzchen-Methode (Welt am Sonntag vom 28.05.2006) berichtet Michael Kirchberger über das von Toyota im englischen Werk Burnaston eröffnete erste europäische Ausbildungszentrum.

Es arbeitet mit verblüffenden Übungen. “Auf den ersten Blick sieht es nach Kindergartenspielen aus, doch es ist ernsthafte Ausbildung für Autowerker. Bei Toyota lernen sie den Geruch verschiedener Betriebsstoffe kennen, trainieren ihre Fingerfertigkeit und versuchen, zusammenhängende Abläufe schnell zu erfassen.”

Dieser Artikel hat mich spontan an die Multiple Intelligenzen Theorie im Berufsleben und an Rauner´s Konzept der Multiplen Kompetenzen erinnert, in dem es ja um praktisches Wissen und berufliche Handlungskompetenz geht…

Suchanek, F.; Weikum, G. (2006): Die Suche nach Wissen statt nach Webseiten

In dem Beitrag vom 09.12.2006 machen die Autoren deutlich, dass Suchmaschinen zunächste einmal Webseiten finden und das dies noch nichts mit Wissen zu tun hat: “Unser Ansatz ist deshalb, Informationen gezielt aus Webseiten zu sammeln, und in einer großen Wissensstruktur, einer Ontologie, anzuordnen.” Ein erster Prototyp ist auch schon vorhanden: Yago. Strukturiert vorhandene Informationen sind wohl in Zukunft in Zusammenhängen und kontextbezogen in Strukturen (Wissensstrukturen) repräsentierbar. Ist das auch mit impliziten Wissen möglich? Siehe dazu Schilcher (2006): Implizite Dimension des Wissens und ihre Bedeutung für das betreibliche Wissensmanagement.

Dörner, O. (2005): Umgang mit Wissen in der betrieblichen Praxis

doerner_2005.gifIn seiner interessanten Dissertation stellt Olaf Dörner den Umgang mit Wissen in der betrieblichen Praxis am Beispiel kleiner und mittelständischer Unterenhmen aus Sachsen-Anhalt und der Region Bern dar: “Zentraler Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit sind Formen und Bedingungen des Umgangs mit Wissen und insbesondere zur Generierung von Wissen in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Solche Betriebe sehen sich häufig mit dem Vorwurf konfrontiert, sie engagierten sich zu wenig im Bereich der Weiterbildung, was unter sich schnell verändernden Marktbedingungen zu Problemen führen könnte. Nachvoll-ziehbare Gründe dafür sind etwa Schwierigkeiten der Finanzierung und Freistellung von Mitarbeitern. Ohne diese zu vernachlässigen, wurde zu Beginn des Projektes davon ausgegangen, dass es andere Wege des Wissenserwerbs gibt, die jenseits organisierter Weiterbildungsangebote (unternehmensintern und -extern) liegen. Es wird empirisch untersucht werden, wie solche Wege gestaltet und gerahmt sind.”