Deceptive Patterns (Täuschungsmuster): Über die Tricks der Tech-Unternehmen

Screenshot: https://www.deceptive.design/

In verschiedenen Blogbeiträgen habe ich schon mehrfach darauf hingewiesen, dass es vielen Unternehmen gar nicht um die Bedürfnisse/Anforderungen der Kunden (User) geht, sondern eher darum, User zu manipulieren. Siehe dazu beispielhaft Produkte und Dienstleistungen als Mehrwert für Kunden: Warum funktioniert das einfach nicht?

Harry Brignull hat sich zur Aufgabe gemacht, auf Deceptive Patterns (Täuschungsmuster) hauptsächlich bei Tech-Unternehmen hinzuweisen. In seinem frei lesbaren Buch Brignull, H. (2023): Deceptive Patterns. Exposing the Tricks Tech Companies Use to Control You kann sich jeder ein Bild darüber machen, wie auf Webseiten und bei Apps manipuliert wird. Hier ein Beispiel:

ChatGPT forces users to compromise on privacy by linking it to reduced functionality
Dark patterns are another issue. By default, ChatGPT users allow OpenAI to use their data for model training, exposing them to memorization risks. The opt-out interfaces unnecessarily link privacy with reduced functionality, and the more flexible control is hard to find and use.
ChatGPT | tianshi_li | September 25, 2023
Source: https://www.deceptive.design/hall-of-shame

Dazu gibt es auch eine Hall of Shame in der hunderte von Beispielen zu finden sind, die das alles verdeutlichen.

Der einzelne User ist hier an vielen Stellen überfordert, und sollte daher besser vor solchen Machenschaften geschützt werden. Ein gutes Beispiel ist die Entscheidung des Bundeskartellamtes gegen Alphabet/Google (PDF).

Künstliche Intelligenz: Wie hängen Modelle, Agenten und Tools zusammen?

General agent architecture and components (Wiesinger et al. (2024): Agents)

In der letzten Zeit kommt immer mehr der Begriff AI Agent – oder auch Gen AI Agent – auf. Mit Hilfe der Abbildung möchte ich die Zusammenhänge der verschiedenen Komponenten erläutern.

Die Modelle (Model), oft als Language Models, Small Language Models oder Large Language Models (LLM) bezeichnet, enthalten eine sehr große Menge an Trainingsdaten. Dabei können Open Source AI Models, Open Weights Models und Closed AI Models unterschieden werden. An dieser Stelle merkt man schon, wie wichtig die Auswahl eines geeigneten Modells ist. Diese Modelle sind üblicherweise nicht auf typische Tools oder Kombinationen von Tools trainiert. Oftmals wird dieser Teil dann mit Hilfe von immer detaillierteren Eingaben (Prompts, Dateien etc.) des Users spezifiziert.

Die Beschränkungen von Modellen bei der Interaktion mit der “äußeren Welt” kann durch geeignete Tools erweitert werden. Dazu können spezielle Datenbanken, API-Schnittstellen usw. genutzt werden. Siehe dazu auch RAG: KI-Basismodelle mit eigener Wissensbasis verknüpfen.

Der AI Agent orchestriert nun alle Komponenten, wie die Eingabe des Users, das jeweilige Modell (oder sogar mehrere), die Tools und gibt das Ergebnis (Output) für den User in der gewünschten Form aus.

Die Möglichkeit, AI Agenten zu erstellen, bieten in der Zwischenzeit viele kommerzielle KI-Anbieter an. Wir gehen demgegenüber den Weg, Open Source AI auf unserem Server zu installieren und zu nutzen:

AI Agenten konfigurieren wir mit Langflow (Open Source). Dabei können wir in Langflow auf sehr viele Open Source AI Modelle über Ollama (Open Source) zugreifen, und vielfältige Tools integrieren. Alle Daten bleiben dabei auf unserem Server.

Ist die Verwendung von Persona das Gegenteil von Mass Customization?

Gerade im Agilen Projektmanagement werden Anforderungen häufig für Persona formuliert. Diese sind nach dem IREB (International Requirements Engineering Board) fiktive Charaktere, mit deren Hilfe Werte für die User geschaffen werden sollen. Dieses Vorgehen erinnert an eine Art Segmentierung aus dem traditionellen Marketing.

Mass Customization auf der anderen Seite ist eine hybride Wettbewerbsstrategie, die individuelle Produkte und Dienstleistungen für jeden Abnehmer – also massenhaft – anbietet, bei Preisen, die denen der massenhaft produzierten Standardprodukten ähneln. Dabei ist der Konfigurator ein wichtiges Element, das passende Produkt in einem Fixed Solution Space (Definierter Lösungsraum) zu erstellen. Die dahinterliegende Idee eines “Market of One” passt nicht so recht mit der Persona-Idee zusammen. Dazu habe ich folgendes gefunden:

“In many ways, a persona is the opposite of mass customization. It’s more traditional marketing thinking about how to deal with a larger number of segments. A “persona of one” is turning the persona idea to its opposite” Piller, Frank T. and Euchner, James, Mass Customization in the Age of AI (June 07, 2024). Research-Technology Management, volume 67, issue 4, 2024 [10.1080/08956308.2024.2350919], Available at SSRN: https://ssrn.com/abstract=4887846.

In Zeiten von Künstlicher Intelligenz wird es immer mehr Möglichkeiten geben, Produkte und Dienstleistungen massenhaft zu individualisieren und zu personalisieren. Ob die Verwendung von Persona in solchen eher agil durchzuführenden Projekten dann noch angemessen ist, scheint fraglich zu sein. Siehe dazu auch 

Society 5.0 und Mass Customization

Freund, R. (2009): Kundenindividuelle Massenproduktion (Mass Customization). RKW Kompetenzzentrum, Faktenblatt 5/2009.

Wir sind dabei: 20 Jahre MCP-CE vom 24.-27.09.2024

Die Reflexivität von Transaktionskosten und Innovationen am Beispiel von “Patient Innovation”

Screenshot von der Website https://patient-innovation.com

Wo kommt der Begriff “Transaktionskosten” überhaupt her? In meinem Blogbeitrag Brauchen wir Unternehmen? vom 15.12.2015 bin ich schon einmal darauf eingegangen, dass der Begriff auf Ronald Coase zurückgeht, der 1937 in seinem Artikel “The Nature of the Firm” erläuterte, warum wir Unternehmen benötigen. Die Antwort war schlüssig:

Die Transaktionskosten in Unternehmen waren eben günstiger als die Kosten, die außerhalb eines Unternehmens nötig waren, um eine Leistung zu erbringen. 

Dieser Ansatz hat sich auch Jahrzehnte als durchaus erfolgreich herausgestellt. Dabei kam den Unternehmen zugute, dass die Möglichkeiten der allgemeinen Digitalisierung in den Unternehmen und auch im Kundenkontakt intensiv genutzt wurden. Kunden können beispielsweise ihre Bankgeschäfte selbst durchführen, selbst online einchecken usw. Hinzu kommen noch die Möglichkeiten des 3D-Drucks (Additive Manufacturing) und jetzt auch noch der Künstlichen Intelligenz. Alles wurde und wird genutzt, um Transaktionskosten im Unternehmen stark zu reduzieren. Oftmals zugunsten einer besseren Gewinnmarge, weniger zum Nutzen ihrer Kunden.

Auf der anderen Seite merkt der Kunde oder User, dass er viele Transaktionen selbst durchführt und seine Bedürfnisse nicht wirklich von den Unternehmen befriedigt werden. Diese Kunden, Nutzer oder User erhalten also oftmals immer noch nicht den Value (Wert, Mehrwert), den alle seit den Zeiten von Marketing, Qualitätsmanagement, Innovationsmanagement und Agilem Projektmanagement etc. versprechen.

Was machen daher immer mehr User? Na ja, wenn sie schon vieles selbst machen sollen und die digitalen Tools sehr günstig zur Verfügung stehen (Open Source, 3D-Druck usw.) können sie ihre benötigten Dienstleistungen und Produkte auch gleich selbst designen, entwickeln und herstellen (User Innovation).

Ein Paradebeispiel für diese gesamte Entwicklung ist die Plattform Patient Innovation (Patienten-Innovation), deren Entwicklung ich auf den verschiedenen Weltkonferenzen verfolgen konnte. Die Initiative hat 2016 den Health Care Startup Award als Non-Profit Startup of the Year erhalten. Zunächst waren da medizinische Problemlösungen, von einzelnen Personen, da keine Lösungen (Dienstleistungen, Produkte) von Unternehmen angeboten wurden (Lohnt sich nicht / Break Even). Dann kamen die ersten eigenen Problemlösungen auf eine Plattform, die sich in der Zwischenzeit weltweiter Beliebtheit erfreut. Bitte schauen Sie sich auf der angegebenen Seite um.

Der Vorteil der immer stärker sinkenden Transaktionskosten in Unternehmen schlägt also auf die Unternehmen zurück – ist in diesem Sinne reflexiv. Ähnlich sieht es auch bei Innovationen aus. Künstliche Intelligenz mit ihren Möglichkeiten kann in Unternehmen für Innovationen genutzt werden, – und auch von einzelnen Usern, die für Ideen und Innovationen möglicherweise nicht immer Unternehmen mit den jeweiligen Strukturen benötigen. Eric von Hippel vom MIT hat das treffend “Democratizing Innovation” bzw. “Free Innovation” genannt. Siehe dazu auch

> Reflexive Modernisierung
> Von Democratizing Innovation zu Free Innovation
> Eric von Hippel (2017): Free Innovation
> 3D-Druck als reflexive Innovation?
> Freund, R.; Chatzopoulos, C.; Lalic, D. (2011): Reflexive Open Innovation in Central Europe. 4th International Conference for Entrepreneurship, Innovation, and Regional Development (ICEIRD2011), 05.-07. May

Vom Reparieren und Selbermachen zur Innovation

Quelle: Jaeger-Erben, M.; Hielscher, S. (2022:16): VERHÄLTNISSE REPARIEREN. Wie Reparieren und Selbermachen die Beziehungen zur Welt verändern

Der in der Grafik dargestellte Weg von einem Ding, dass nutzbar, aber noch fragil ist (Restaurierung), über die Sanierung bis zu einem Ding, das nach eigenen Vorstellungen neu hergestellt wird (Umbau), ist natürlich nicht so linear. Es gibt immer wieder auch “Rückschläge” (Fehler) aus denen gelernt wird und entsprechende Kompetenzen entwickelt werden. Restaurieren und Sanieren klappt heute häufig mit Hilfe von Youtube-Videos, oder Beschreibungen, oder Communities, die im Netz zu finden sind. Wird es komplexer, und steht ein Umbau an, bewegen wir uns schon in Richtung einer inkrementellen, bzw. sogar disruptiven Innovation.

Es ist erstaunlich, wie viele Menschen Produkte restaurieren, sanieren und sogar umbauen. Gerade der Umbau, und die damit verbundenen Innovationen sind heute mit technischen Möglichkeiten (bis hin zu Additive Manufacturing / 3D-Druck) oft selbst möglich, ohne dass Unternehmen eingeschaltet werden müssen. Die Entwicklung zeigt einerseits, dass Unternehmen wohl immer noch nicht die Anforderungen der User zufriedenstellen.

Es stellt sich die Frage, ob sich Unternehmen das auf Dauer leisten können. Siehe dazu Interessante Zahlen zu Reparieren und Selbermachen, und auch Warum entwickeln Menschen Innovationen und stellen diese kostenlos zur Verfügung? – oder etwas allgemeiner Innovationsmanagement.

Was macht ein minimal funktionsfähiges Produkt (MVP) aus?

MVP über Story Map (Wehnes 2020)

Das Minimum Viable Product (MVP) ist ein minimal funktionsfähiges Produkt und ein wichtiges Ziel von Lean Startups.

Das Minimum Viable Product (MVP) ist eine erste Produktversion, die es erlaubt, mit minimalem Aufwand und in kürzester Zeit die größtmögliche Anzahl an validierten Erkenntnissen über Kundenerwartungen und -verhalten zu gewinnen (Lang/Scherber 2019:21).

Wie in der Abbildung dargestellt, können MVP´s aus einer Story Map abgeleitet werden. Die Story Map orientiert sich an dem Flow der User Activities und enthält weiterhin einzelne Tasks. Das MVP wird dabei öfters mit einem MMP (Minimum Marketable Product) verwechselt.

Das Minimum Marketable Product (MMP) wiederum ist die erste Version eines Produkts, das unter Nutzung der Kundenfeedbacks aus den MVPs aktiv in der Breite mit Gewinnabsichten vermarktet wird. Für ein erstes MMP können ein oder auch mehrere Zyklen eines MVP erforderlich sein (Frick/Schoper/Röschlein/Seidl 2019:1023).

Darüber hinaus gibt es zwischen MVP/MMP und Prototypen, bzw. dem Increment aus dem Scrum Framework, Überschneidungen und Verwechslungen.

In dem von uns entwickelten Blended Learning Lehrgang Projektmanager/in AGIL (IHK) gehen wir auf diese Zusammenhänge ein. Informationen zu Lehrgängen und zu aktuellen Terminen finden Sie auf unserer Lernplattform.

Hybrides Innovationsmanagement: User Innovation und Producer Innovation

Image by Photo Mix from Pixabay

Seit Schumpeter (1934) propagieren Wirtschaftswissenschaftler, Geschäftsleute und Politiker ein Modell der Innovation, das auf die Hersteller ausgerichtet ist: Producer Innovation. Doch das ist nur eine Perspektive. Eine andere stellt bei Innovationen eher die User an den Anfang der Überlegungen: User Innovation.

Users, as I use the term, are firms or individual consumers that expect to benefit from using a product or a service. In contrast, manufacturers expect to benefit from selling a product or a service (Eric von Hippel 2013:118). Empirical studies also show that many users -from 10 percent to nearly 40 percent- engage in developing or modifying products (ebd. p. 120).

Die einen (Producer) wollen hauptsächlich ein Produkt verkaufen, und die anderen (User) wollen hauptsächlich ein Produkt nutzen. Es ist weiterhin erstaunlich, dass wohl zwischen 10-40% der User Produkte entwickeln, bzw. anpassen.

Aus meiner Sicht stellen die beiden Perspektiven allerdings kein Entweder-oder dar, sondern Extrempunkte zwischen denen vielfältige Kombinationen möglich sind. Solche hybriden Vorgehensweisen sind in vielen Bereichen heute Standard (Siehe dazu z.B. die HELENA-Studie zum hybriden Projektmanagement), warum also nicht auch in einem hybriden Innovationsmanagement? Eric von Hippel hat schon häufig darauf hingewiesen, dass Unternehmen mit User – Lead User – kooperieren sollten.

Gartner’s 2015 Hype Cycle for Emerging Technologies

emerging-tech-hc.png;wa0131df2b233dcd17Neue Technologien unterliegen einen Zyklus. Der im August veröffentlichte Gartner 2015 Hype Cycle for Emerging Technologies zeigt sehr schön, dass z.B. Enterprise 3D-Printing bald schon die Ebene der Produktivität erreichen wird. Demgegenüber ist mit Consumer 3D-Printing in Kürze wohl noch nicht zu rechnen. Ob diese Prognosen allerdings wirklich so eintreffen werden, wird sich noch zeigen. Dennoch ist die Grafik immer wieder interessant. In dem von uns entwickelten Blended Learning Lehrgang Innovationsmanager (IHK) gehen wir natürlich auch darauf ein. Informationen zu den Lehrgängen finden Sie auf unserer Lernplattform.

3D-Drucker werden immer mehr von Architekten eingesetzt

Die Bandbreite, die von 3D-Druckern abgedeckt wird, ist sehr groß geworden. Immer mehr Branchen erkennen das Potential der neuen, additiven Fertigungstechnologien. Auch in der Architektur kommen 3D-Drucker immer mehr zum Einsatz. In dem folgenden Video aus 2012 wird erläutert, dass ein Architektenbüro seit 2008 intensiv 3D-Drucker nutzt, um Modelle herzustellen.

Der Einsatz von 3D-Druckern geht aber noch weit darüber hinaus: In dem heute veröffentlichten Blogbeitrag 3D Printers are Building Castles (Not in the Air) wird aufgezeigt, dass auch immer mehr Gebäude mit 3D-Druck erstellt werden – richtige Gebäude, nicht nur Modelle oder 3D-Zeichnungen. Zum Beispiel in Office in Dubai usw. Die neuen Möglichkeiten können die jeweiligen Branchen (hier: Architektur), aber auch einzelne Personen nutzen. Beide Perspektiven besprechen wir in dem von uns entwickelten Blended Learning Lehrgang Innovationsmanager (IHK). Informationen finden Sie auf unserer Lernplattform.

Mehr als 20.000 3D-Drucker auf Hubs.com

CLsUNGJVEAA-1NiAuf der Website Hubs können 3D-Drucker angemeldet und kann nach 3D-Druckern gesucht werden. Darüber hinaus ist es auch möglich, nach bestimmten Materialien zu recherchieren und Dateien hochzuladen. Es ist schon spannend zu sehen, wie stark sich die Anzahl der angemeldeten 3D-Drucker in den letzten Jahren vergrößert hat. Die Website 3D Hubs vernetzt diese einzelnen Hubs miteinander und mit potentiellen Anwendern. Dadurch ergeben sich für Unternehmen, aber auch gerade für jeden Einzelnen, unendlich viele Chancen, seine Ideen umzusetzen. Es sind somit ganz banale, aber auch komplexe Problemlösungen (in der Community) möglich. Solche Bottom-Up-Entwicklungen nutzen Unternehmen, und immer mehr auch einzelne User. Letzteres geht dann in Richtung Open User Innovation, die von Hippel propagiert und so manche Unternehmen überraschend wird, die ihre Kunden nicht so ernst nimmt. Manche sprechen bei solchen Entwicklungen gar von einer Bottom-UP Economy. In dem von uns entwickelten Blended Learning Lehrgang Innovationsmanager (IHK) gehen wir auf diese Entwicklungen ein. Informationen zum Lehrgang finden Sie auf unserer Lernplattform.