Was lesen eigentlich deutsche Manager?

Was lesen eigentlich deutsche Manager? Natürlich lesen die Manager die einschlägigen Tageszeitungen, wie z.B. das Handelsblatt, der “besten Wirtschafts- und Finanzzeitung” (Handelsblatt Aboservice, 02.01.2011) (11.12.2013 Link nicht mehr aktiv). Heute erfährt der geneigte Leser in dem Artikel Der angestellte Selbständige z.B. folgendes:

A

“Immer weniger Arbeitskräfte stehen für immer komplexere Aufgaben zur Verfügung”
Kommentar: Das ist seit Jahrzehnten bekannt…

“Gab es früher klare Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit, Erwerbsleben und Rente, so lösen sich diese scharfen Trennlinien auf”
Kommentar: Der Sonderforschungsbereich 536 (11.12.2013 Link nicht mehr aktiv) hat von 1999-2009 die gesellschaftlichen Entwicklungen analysiert z.B. auf die stattfindende Entgrenzung hingewiesen. So neu ist die Erkenntnis in dem oben genannten Artikel somit nicht gerade….

„Die Halbwertszeit des Wissens wird in Unternehmen immer kürzer“
Kommentar: Ohne Worte…

Ich kann nur hoffen, dass diese kleine Stichprobe nicht typisch ist, oder doch? Siehe dazu auch Flexible BeschäftigungReflexive Modernisierung, Rückkehr des Subjekts, Unsicherheit und Unbestimmtheit

Der 1.111. Blogbeitrag: Dem Wandel auf der Spur

Der 1.111. Blogbeitrag sollte schon etwas außergewöhnliches sein, oder? Doch über welches Thema soll ich schreiben? Alle Bereiche sind aus meiner Sicht spannend und wichtig. Es fällt mir schwer, mich auf ein Thema zu begrenzen. Die Vielfalt der Perspektiven ist es, die mich so fasziniert: Vielfalt statt Einfalt. Wir sollten uns lösen von den vielen Entweder-Oder Formulierungen wie z.B.: Markt oder Staat, Arbeit oder Freizeit, Wissen oder Nicht-Wissen, Intelligenz oder Dummheit, Implizites Wissen oder Explizites Wissen, Theorie oder Praxis usw.  Ist es nicht situationsabhängig ob meine Handlung von anderen als intelligent oder dumm beschrieben wird? Kann ich also nicht gleichzeitig Experte und Laie sein? In diesem Sinne: Lassen Sie uns die vielfältigen Möglichkeiten der zweiten Moderne nutzen.  Sie dazu ausführlicher Simon, M. (2009): Dem Wandel auf der Spur

Schilderwald Deutschland und der Umgang mit Komplexität

Betrachtet man sich den Schilderwald in Deutschland einmal genauer, so fällt auf, dass dieser in den letzten Jahrzehnten immer größer geworden ist. Immerhin haben wir 20.000.000 Schilder in Deutschland – bezogen auf das Streckennetz bedeutet das statistisch alle 28m ein Schild. Beeindruckend. Findige Bürokraten versuchen mit immer mehr Regeln und entsprechenden Schildern, den Straßenverkehr “in den Griff” zu bekommen. Diese Vorgehensweise entspricht den Denk- und Handlungsmustern der einfachen Moderne (Reduktionismus). Dabei unterstellt man eine gewisse Rationalität, mit der man Komplexität einfach reduziert und regelt. Dass das in einer immer stärker vernetzten und globalisierten Welt keine angemessene Vorgensweise ist, hat schon die Krise in der Finanzwelt gezeigt. Wenn man nun laaaaaaangsam anfägt, Schilder abzumontieren und immer mehr Kreisverkehr-Lösungen umsetzt, so zeigt das grundsätzlich in die richtige Richtung: Selbstorganisation. Selbstorganisation ist Grundelement im Umgang mit Komplexität in der reflexiven Moderne. Der Übergang zur Selbstorganisationsdisposition (Kompetenz nach Erpenbeck/Heyse) ist dann nicht mehr weit. Aber wer will das schon?

Der Strukturbruch zwischen einfacher und reflexiver Modernisierung

Wenn von Modernisierung gesprochen wird, handelt es sich häufig um die einfache Modernisierung, die sich seit dem 18. Jh. abzeichnet. Diese einfache Modernisierung geht von stetigem Fortschritt, Beherrschbarkeit der Natur usw. aus. Diese “Basisselbstverständlichkeiten” werden allerdings in letzter Zeit immer häufiger infrage gestellt. Viele Beobachter der Entwicklung sehen sogar einen Strukturbruch im Übergang zu einer etwas anderen Modernen – der reflexiven Modernisierung. Seit 1999 gibt es das Sonderforschungsprogramm SFB 536, das sich genau mit dieser Thematik befasst. Hier einige Kernpunkte:

  • Zum einen ist in die Entwicklungsdynamik der Moderne ein nachhaltiger Kontingenzzuwachs eingebaut, der sich unter den Bedingungen der reflexiven Moderne in einer folgenreichen Vervielfältigung von Optionen niederschlägt. Soziale Strukturierungen vom individuellen Beziehungsnetz bis hin zum Nationalstaat erscheinen nicht mehr als fest und selbstverständlich, sondern werden auch als anders möglich, veränderbar und begründungspflichtig erfahren.
  • Zum anderen macht sich das Problem der Nebenfolgen sozialen Handelns verstärkt bemerkbar. Dass die Verfolgung jedes intendierten Ziels nicht intendierte Nebenfolgen nach sich zieht, ist keineswegs neu. Aber unter den Bedingungen der reflexiven Moderne verschiebt sich das Verhältnis zwischen intendierten Handlungen/Zielen und nicht intendierten Nebenfolgen in teilweise dramatischer Form. Denn die nicht intendierten Nebenfolgen konterkarieren die intendierten Absichten nicht selten in einer Weise, dass die Bearbeitung der Nebenfolgen mehr Aufmerksamkeit und Aufwand erfordert als das ursprüngliche Handlungsprogramm.
  • Vor diesem Hintergrund ist zugleich eine Krise der Rationalitätsunterstellungen und Rationalisierbarkeitserwartungen der einfachen Moderne zu beobachten. So kann offensichtlich nicht mehr davon ausgegangen werden, dass durch mehr Wachstum, Wissen und soziale Differenzierung die gesellschaftliche Strukturierung immer eindeutiger und sicherer wird. Statt dessen wird deutlich, dass die Moderne angesichts der Erfahrungen von Kontingenz und Nebenfolgen eher uneindeutiger und unsicherer wird, und es ist genau dieser Prozess, der trotz oder gerade wegen eines unabweisbaren Zuwachses an Steuerungswissen die bisherigen “linearen” Rationalisierungs- und Ausdifferenzierungsvorstellungen in Frage stellt.

Die meisten Individuen, aber auch Organisationen, gehen immer noch von einer einfachen Modernisierung aus, und wundern sich, dass ihr Antwortverhalten nicht mehr zur der Realität passt. Machen Sie sich also diesen Strukturbruch klar, um für sich angemessene Handlungsweisen abzuleiten.