Das von der Bundesregierung aufgelegte Konjunkturpaket II ist nun verabschiedet und soll den Auswirkungen der Finanzmarktkrise entgegenwirken. Das Volumen von ca. 50 Mrd. EUR ist im Vergleich zu den durchschnittlichen Einkommen von Arbeitnehmern schon enorm. Im Vergleich zu anderen Zahlen relativiert sich der Betrag doch ein wenig. Immerhin beträgt der Schuldendienst des Bundes weit über 40 Mrd. EUR pro Jahr. Hätten unsere Parlamentarier in den letzten Jahrzehnten also nicht solch horende Schulden angehäuft (Verteilungspolitik: Die Parteien und ihre Gönner, DIE ZEIT vom 05.02.2009), könnten wir jedes Jahr so ein Konjunkturpaket II initiieren. Darüber hinaus ist der Betrag von 50 Mrd. EUR im Vergleich zum Bruttonationaleinkommen von ca. 2.500 Mrd. EUR, die Deutschland jedes Jahr erwirtschaftet doch sehr mikrig (ohne hier weiter auf den internationalen Vergleich einzugehen). Weiterhin ist das Konjunkturpaket II auch strukturell nicht ausgewogen. Ich meine dabei nicht die Ausrichtung auf ökologische Gesichtspunkte. Es fehlt eine Komponente für Risikokapital (Besser: Venture Capital). Die Finanzierung wissensbasierter Kleinunternehmen durch Venture Capital sollte mit einem kleinen Anteil (1 Mrd. EUR?) gefördert werden. Ich meine ausdrücklich dabei nicht die Gießkannenfördrung der bisher üblichen Existenzgründungsinitiativen. Aber: Wer will das schon? Da die Politiker zur Zeit nur den Blick auf die kommende Bundestagswahl gerichtet haben, bedienen sie die Klischees der überwiegend älteren Wählerschaft, die eher in der Vergangenheit schwelgen, als auf Zukunft zu setzen. Weiterhin hinterfragt auch keiner die Rolle der Politiker in den Aufsichtsräten der Banken, die heute vom Steuerzahler unterstützt werden müssen. In den Medien wird suggeriert, dass die Finanzmarktkrise mit Geld wieder “in den Griff” zu bekommen ist: “Je mehr umso besser”, oder “Viel hilft viel” ist unterschwellig zu hören. In komplexen Strukturen gelten allerdings die einfachen Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge nicht mehr… Da relativiert sich das Konjunkturpaket II schnell zu einer psychologischen Pusteblume.
Sieht so Ihre Wissensgesellschaft aus?
In der Süddeutschen Zeitung vom 23.05.2008 habe ich gerade den Artikel Sehr geehrte Bildungsminister! von Tanjev Schultz gelesen. Es geht darin um einen fiktiven Brief von Wilhelm von Humboldt an die Kultusminister, die sich ja immer wieder gerne auf unseren “ersten Bildungsbeauftragten” beziehen. Man findet in dem Artikel interessante Stellen: “Viele Schulen wirken auf mich wie Lernfabriken aus den frühen Tagen der Industriegesellschaft. (…) Sie testen Zehnjährige? (…) Sind Sie noch bei Trost? (…) Ich glaube zwar nicht, dass es ausreicht, einfach mehr Geld in die Schulen und Universitäten zu stecken. Aber dass Sie, gemessen am Reichtum Ihrer Gesellschaft, zu wenig für die Bildung ausgeben, das wissen Sie doch selber.” Natürlich wissen wir alle längst um die hier genannten Punkte, dennoch ist es gut, wenn man die Bedeutung des Bildungssystems für die wissensbasierte Gesellschaft immer wieder herausstellt. Denn eines dürfte deutlich sein: Unsere Politiker haben es noch nicht verstanden – möglicherweise wollen sie es ja gar nicht verstehen…
Produktpiraterie: Abfluss von Wissen? Eine wichtige Umdeutung
In dem Artikel Kampf den Produktpiraten (FTD vom 21.06.2007) kommentiert Annette Schavan (Aktuelle Bundesforschungsministerin) die immer deutlicher werdende Problematik der Produktpiraterie. Dabei möchte ich nicht auf das bisher übliche Zahlenspiel eingehen, das den Schaden aus der materiellen Sicht (tangible) darstellt. Beachtenswert finde ich die von Frau Schavan deutlich gemachte Umdeutung der Produktpiraterie, indem Sie die immaterielle Sicht (intangible) in den Vordergrund rückt (Produktpiraterie: Abfluss von Wissen). Es erfolgt hier eine Umdeutung, die einem Lernprozess gleicht (Transformation von Deutungsmustern). Politiker, die das gelernt haben, sollten die Entwicklung einer wettbewerbsfähigen und wissensbasierten Gesellschaft ermöglichen (Rahmenbedingungen schaffen). Siehe dazu auch Neue Fragen und alte Antworten. Es geht mir dabei nicht um ein entweder Industriedenke oder Wissensperspektive, sondern um ein “Sowohl-Als-Auch”. Siehe dazu auch diesen Blogbeitrag.