Wissensbilanz für einen Friseursalon?

In dem Artikel Erfolg basiert auf Wissen (CLIPS, März 2007) wird dargestellt, dass die Wissensbilanz – Made in Germany auch für einen Friseursalon sinnvoll angewendet werden kann: “Die wichtigste Rolle in einem Friseursalon spielt das Humankapital: Wer bildet mit wem ein Team? Wie funktioniert die Kommunikation?”. Darüber hinaus bestimmen noch das Strukturkapital und das Beziehungskapital das Intellektuelle Kapital der Organisation. Man kann also sagen: Natürlich kann die Wissensbilanz – Made in Germany auch für einen Frsieursalon genutzt werden.

Was hat Wirtschaft mit Bildung zu tun, und was hat Bildung mit Wirtschaft zu tun?

In letzter Zeit gibt es immer mehr Stimmen, die von einer Kommerzialisierung der Bildung sprechen, oder besser: warnen. Beispielsweise wenn ein Hörsaal nach einer Firma benannt oder die Wirtschaftlichkeit im Bildungssystem angemahnt wird. Dabei wird übersehen, dass es auch zu einer stärkeren Beachtung von Lernprozessen in der Wirtschaft kommt. Wir sprechen von einer Lernenden Organisation, von Wissensmanagement und von Intellektuellem Kapital. Meiner Ansicht nach hat Gardner (2002:227ff.) den Zusammenhang treffend beschrieben:

“In den meisten Regionen halten sich Wirtschaft und Bildungssektor mit nervöser Wachsamkeit im Auge. Die Geschäftswelt erscheint als mächtig und unlenksam, die Welt der Bildung als warmherzig und verletzlich. Herrschen im Lande günstige Voraussetzungen, nimmt die Spannung zwischen Wirtschaft und Bildung ab, in Zeiten der Konflikte oder Knappheit von Ressourcen flammt der Argwohn auf. In guten wie in schlechten Zeiten bemängeln die Firmen die unzureichende Ausbildung der Schulabgänger, beklagen die Schulen die unzureichende finanzielle Unterstützung der Bildungseinrichtungen. In den Vereinigten Staaten und einigen anderen Ländern macht sich in Wirtschaftskreisen die Überzeugung breit, man habe das Zeug dazu, das Steuer auch im Schulwesen zu übernehmen. Es werden Versuche lanciert, dieses Wissen zum Beispiel durch Site-based Management oder Qualitätsmanagement in den Schulen zur Anwendung zu bringen oder die Schulen als Non-Profit- oder Profit-Einrichtungen zu verwalten. Die beiderseitige Überzeugung, dass man in verschiedenen Sphären operiert hat es der Schule und der Wirtschaft erschwert, zu konfliktfreiem Kontakt und sinnvoller Zusammenarbeit zu finden, mit der Folge, dass beide Institutionen sich weitgehend darüber im unklaren sind, wie viele Aufgaben und Möglichkeiten sie gemeinsam haben. In beiden Sektoren steht Lernen im Zentrum: Wer in der Geschäftswelt überleben will, für den hört im Beruf das Lernen nicht auf.”

Wir sollten daher nicht von Wirtschaft oder Bildung sprechen, sondern von Wirtschaft und Bildung. Es ist eine deutliche Konvergenz zu beobachten – und wohin führt diese Konvergenz in Wirtschaft/Bildung?

Informationen zu den Lehrgängen und zu aktuellen Terminen finden Sie auf unserer Lernplattform.

Bitkom-Trendreport: Wissensmanagement 2006-2010, Positionen und Trends

bitkom_wm_2006_2010.gifDer Bitkom-Trendreport ist in vielfacher Hinsicht lesenswert. Einerseits stellt er sehr schön dar, dass Wissensmanagement bisher sehr verküzt (ingenieurwissenschaftlich) verstanden wurde, zu sehr IT-lastig war, und sich zu wenig mit den Unterschieden zwischen Wissen und Information befasst hat. Andererseits ist es bemerkenswert, dass gerade so eine Organisation wie die BITKOM darauf verweist, dass Wissensmanagement in Zukunft anders aussehen wird. Denn gerade solche Organisationen haben in der Vergangenheit sehr stark ein E-Wissensmanagement propagiert, wobei ich (ähnlich meinen Anmerkungen zu E-Learning) E-Wissensmanagement interpretiere als “E minus Wissensmanagement”. Nunmehr scheint die Einsicht zu greifen, dass “Wissensmanagement plus E” der bessere Weg ist. Wer aber ist nun verantwortlich dafür, dass in den letzten 10 Jahren so viel in IT-gestützte Strukturen und weniger in WM-Strukturen investiert worden ist? Wenn man heute über Wissensmanagement in Unternehmen spricht merkt man, dass das Thema Wissensmanagement regelrecht “verbrannt” worden ist, und man es wieder behutsam aufbauen muss. Die implizite, soziologische Dimension des Wissens (lesenswert dazu Schilcher 2006) wird allerdings immer noch zu wenig beachtet. Mir ist der BITKOM-Trendreport und sind die hier genannten Trends daher immer noch zu sehr aus der Perspektive der Informations- und Kommunikationstechnik formuliert. Ein Beipiel soll meine Kritik etwas verdeutlichen. Der erste Trend im BITKOM-Report lautet: “Das allgemeine Verständnis von Wissensmanagement rückt den Wissensarbeitsplatz und seinen unmittelbaren Praxisbezug stärker in den Vordergrund”. Hier wird nun richtigerweise darauf verwiesen, dass kontextspezifische Information personen- und arbeitsplatzorientiert verfügabr gemacht werden muss. Das reicht aber nicht. Beim lernen im Arbeitsprozess kommt es auch darauf an, dass die Selbstorganisationsdisposition (Kompetenz nach Erpenbeck) entwickelt werden muss. Lernen als Kompetenzentwicklung zu verstehen und insbesondere Erwachsenenlernen besser zu verstehen, ist Voraussetzung dafür. Welchen Beitrag leisten die vorhandenen Systeme dazu? Erst wenn es geingt, das Wissen selbsorganisiert so anzuwenden, dass für Kunden Probleme (Complex Problem Solving) gelöst (und honoriert) werden, hat das Unternehmen die Stufe der Wettbewerbsfähigkeit erreicht (Siehe Wissenstreppe von North, bzw. erweiterte Wissenstreppe von Zawacki-Richter 2004). Kurz und gut: Meines Erachtens wird zur Zeit immer noch zu viel an dem Übergang Information-Wissen und zu wenig am Übergang Wissen-Kompetenz gearbeitet. Es gibt noch viel zu tun …