Gerne weise ich auf das aktuell erschienene Buch Dewe, B.; Schwarz, M. (Hrsg.) (2011): Beruf – Betrieb – Organisation. Perspektiven der Betriebspädagogik und beruflichen Weiterbildung hin, in dem Beiträge verschiedener Autoren zum Thema zusammengefasst wurden: “Mit der Herausgabe dieses Buches ist die Intention verbunden, die Perspektiven der beruflichen und betrieblichen Weiterbildung/Betriebspädagogik im Kontext des Spannungsfeldes zwischen Beruf, Betrieb und Organisation zu ventilieren.” Das Buch richtet sich an Studierende, Lehrende und Praktiker der betrieblichen Weiterbildung, Personal- und Organisationsentwicklung sowie an Akteure in Beratungs- und Führungskonstellationen. Der Flyer zum Buch informiert Sie noch detaillierter. Siehe dazu auch die Literaturliste des Promotionskollegs Wandlungsprozesse.
Unternehmen als sozialer Organismus – Unsinn, oder?
Das Bild vom Unternehmen als Maschine hat ausgedient. Andere Methaphern werden gesucht. Dabei kommt der Begriff ´Organismus´ häufig vor. In dem Interview Reflexion statt Gehirnwäsche (wiwo.de, 18.02.1010) mit Thomas Sattelberger, Personalvorstand der Telekom, wird darauf Bezug genommen: “Ich muss verstehen, dass Unternehmen nicht nur betriebswirtschaftliche, sondern soziale Organismen sind. Die Zahlen kommen am Schluss, sind das Ergebnis sozialen Handelns oder psychologischer Wirkung. Ich muss wissen, dass ich als Manager Teil dieses Organismus bin”. Diese Erkenntnis ist erstaunlich und folgenreich. Ein Unternehmen ist somit nicht nur ein Organismus, sondern ein sozialer Organismus. Diese kleine Ergänzung hat weitreichende Folgen, denn die sozialen Prozesse mit ihrer Komplexität kommen damit stärker in den Fokus der Manager Die Telekom hat sich damit eine große Aufgabe gestellt: Man wird versuchen, die bestehenden Deutungsmuster der Mitarbeiter zu transformieren – immerhin eine zentrale Aufgabe von Erwachsenenbildung. Hätte man das gedacht, dass das harte Business sich auf die weichen sozialen Austauschprozesse reduzieren lässt…? In Zeiten einer neuen Modernität (Reflexive Moderne) ist diese Erkenntnis allerdings notwendig, um das Handeln unter Unsicherheit zu fördern. Siehe dazu auch Complex, Historical, Self-Reflexive: Expect the Unexpected.
Organisationen als Mülltonnen? Eine interessante Metapher
Für Organisationen werden immer wieder Metapher gesucht und gefunden. Organisationen, z.B. Unternehmen, werden oft als Maschine gesehen. Diese Metapher sollte heute allerdings nicht mehr genutzt werden. Unternehmen als lebende Organismen zu sehen, ist eine bessere Metapher. Nun habe ich bei Cohen/March/Olsen (1962) gesehen, dass diese Forscher vorschlagen, Organisationen als Mülltonnen zu sehen, in die man Probleme schmeißt. Weick (1995) ist diese Vorstellung gar nicht so unrecht, da sie darauf abziehlt, Organisationen als selbstorganisierendes System zu betrachten…. Interessant. Mir erscheint die scharfkanntige Abgrenzung durch die Metapher “Mülltonne” allerdings nicht angemessen, da sich Unternehmen heute doch stärker öffnen müssen – siehe z.B. Open Innovation.
Was ist das kritische Erfolgpotenzial in Organisationen?
“Das kritische Erfolgspotenzial in Organisationen stellt heute nicht mehr die Technik, sondern der Mensch dar. Somit muss die ökonomisch-technische Rationalität von einer ökonomisch-sozialhumanen abgelöst werden. Die Einsicht, dass das Ökonomische vom Sozialen getragen und bewegt wird, muss realisiert werden“ (Bleicher 1992:31). Ja sollen wir denn alle Sozialarbeiter werden? Nein, das ist nicht gemeint – ist ja auch schwer möglich. Doch: Viele sehr rational denkende Manager könnten von Sozialarbeitern durchaus einiges lernen…-doch wer will das schon? Was Bleicher meint ist, dass der Mensch in komplexen sozialen Systemen im Gegensatz zu technischen Systemen gut zurecht kommt. Unternehmen sehen allerdings Mitarbeiter immer noch als lästigen Kostenfaktor und weniger als Erfolgspotenzial. Mal sehen, ob sich das in Zukunft ein wenig ändern wird…
Reichling, T. (2008): Wissensmanagement in einer Netzwerkorganisation
In der Dissertation Reichling, T. (2008): Wissensmanagement in einer Netzwerkorganisation beschreibt der Autor (S. 10) “eine Fallstudie, in der Anforderungen und Bedarfe an Wissensmanagement in einer Organisation empirisch ermittelt werden und ein entsprechendes System eingeführt und evaluiert wird. Dabei handelt es sich um einen nationalen Europäischen Industrieverband der Investitionsgüterindustrie.” Weiterhin findet man auf Seite 15 interessante Hinweise zu den oftmals verwendeten Begriffen Tacit Knowledge, Tacit Knowing und Implizites Wissen:
“Das von Polanyi (1958) so benannte Konzept des Tacit Knowing unterscheidet sich auf subtile Weise von implizitem Wissen (Tacit Knowledge, Polanyi 1985). (…) Möglicherweise auch aufgrund der feinen Unterscheidung dieser Begrifflichkeiten werden die Begriffe implizites Wissen, Tacit Knowledge und Tacit Knowing in der Literatur uneinheitlich und teilweise widersprüchlich verwendet. Insbesondere taucht der Begriff des impliziten Wissens als Synonym für Polanyis’ (1958) Konzept des Tacit knowing auf. Wie beschrieben, ist dies nicht zulässig und kann zu Missverständnissen und falschen Erwartungen hinsichtlich der Übertragbarkeit von Wissen führen, wie Wilson (2002) mit Bezug auf Nonaka und Takeuchi (1995, siehe unten) bemerkt.”
Siehe dazu auch Personalführung 4/2007 und Schilcher (2006): Die implizite Dimension des Wissens und ihre Bedeutung für betriebliches Wissensmanagement.
Was macht eine Intelligente Organisation aus?
In der Literatur findet man immer wieder Hinweise auf Intelligente Organisationen (Willke, Quinn…). In dem Buch Sydänmaanlakka, P. (2002): An Intelligent Organization. Integrating Performance, Competence and Knowledge Management habe ich eine Übersicht gefunden, die den Intelligenzbegriff mit Wissen (Knowledge) verknüft und die an die Wissenstreppe (North) erinnert. Bitte klicken Sie auf die Grafik, um sich die Übersicht von Sydänmaanlakka anzusehen. Vergleicht man diese mit der erweiterten Wissenstreppe so fällt auf, dass sich in der erweiterten Wissenstreppe nach der Wissensebene der Kompetenzbegriff und bei Sydänmaanlakka die Begriffe Intelligence und Wisdom anschließen. Aus meiner Sicht ein Indiz dafür, dass die Konstrukte Intelligenz und Kompetenz heute gemeinsam betrachtet werden sollten. Auf diesen Zusammenhang habe ich in verschiedenen Blogbeiträgen hingewiesen. Siehe dazu z.B. Kompetenz ist kontextabhängig – Intelligenz aber auch oder auch Multiple Intelligenzen und Fähigkeiten/Fertigkeiten,Lernstile, Wissen, kompetenz… In meiner Dissertation (Promotionsskizze) setze ich diesen Gedanken fort und entwickle ein ebenenübergreifendes Konzept (Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk) mit Hilfe des Konzepts der Multiplen Kompetenz (Rauner 2004).
Was hat das BilMoG mit der Wissensbilanz – Made in Germany zu tun?
Der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) liegt seit dem 08. November 2007 vor. Begründung auf Seite 1: “Die Unternehmen in Deutschland benötigen eine moderne Bilanzierungsgrundlage”. Dieser Satz deutet darauf hin, dass die jetzige Bilanzierungspraxis (HGB-Bilanzrecht) nicht mehr den modernen Anforderungen der unternehmerischen Praxis entspricht. In dem Referentenentwurf gibt es weiterhin einige Hinweise darauf, dass die Stellung und Bewertung des immateriellen Vermögens im HGB verbessert werden soll. Unter anderem soll das “Verbot zur Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (§ 248 Abs. 2 HGB) aufgehoben” werden (S. 64). Das BilMog soll 2009 in Kraft treten. Eine sinnvolle und angemessene Darstellung des immateriellen Vermögens (des Intellektuellen Kapitals) einer Organisation ist schon heute durch die Wissensbilanz – Made in Germany möglich. Das BilMog und die Wissensbilanz – Made in Germany ergänzen sich daher. Als Moderator der Wissensbilanz – Made in Germany habe ich in der praktischen Umsetzung sehen können, wie wertvoll die Wissensbilanz – Made in Germany für Unternehmen sein kann.
Franken, S. (2007): Verhaltensorientierte Führung
In dem Buch von Swetlana Franken (2007): Verhaltensorientierte Führung (2. Auflage) wird unter anderem auf die verschiedenen Konzepte zur menschlichen Intelligenz eingegangen. Ganz besonders freut mich, dass die Theorie der Multiplen Intelligenzen in einem Buch beschrieben wird, das sich mit Führung befasst (S. 33-34). Auf S. 310 geht die Autorin auch noch auf den Zusammenhang zwischen der Multiple Intelligenzen Theorie und Unternehmensintelligenz ein. Diese Hinweise sind für mich ein weiterer Beleg dafür, dass sich auch Führungskräfte/Manager mit dem Konzept der Multiplen Intelligenzen befassen sollten (sogar müssen?), wenn sie Organisationen im modernen Sinne führen wollen. Joyce Martin hatte darauf schon 2001 in Ihrem Buch Erfolgreiches Personalmanagement nach dem Modell der vielfachen Intelligenz aufmerksam gemacht. Auch in meinem Beitrag Freund, R. (2006) Die Multiple Intelligenzen Theorie gehe ich darauf ein. Darüber hinaus könnten Sie auch noch folgende Beiträge interessieren:
Barthel/Erpenbeck/Haasebrook/Zawacki-Richter (Hrsg.) (2007): Kompetenzkapital heute
In dem Buch Kompetenzkapital heute – Wege zum Integrierten Kompetenzmanagement haben die Autoren den aktuellen Stand der Kompetenzdebatte in spannenden Beiträgen zusammengefasst: “Kompetenzkapital ist ein wichtiger Faktor für die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit von Unternehmen. Das Kompetenzkapital eines Unternehmens entsteht durch das gemeinsame Handeln von Individuen, Teams und der Organisation vor dem Hintergrund der strategischen Unternehmensziele. Für das Management stellt sich nicht nur die Frage nach der Entwicklung relevanter Kompetenzen für das Unternehmen, sondern auch die nach deren Bewertung und Steuerung. Im Rahmen dieses Buches erläutern bekannte Experten, wie Kompetenzkapital identifiziert, geschaffen und genutzt werden kann. Mit dem Integrierten Kompetenzmanagement (IKM) wird ein Konzept vorgestellt, das die Brücke zwischen den Kompetenzebenen – Individuum, Team und Organisation – schlägt. Dabei wird berücksichtigt, dass Kompetenzen, obwohl von unternehmensweiter Bedeutung, sich nicht direkt gestalten lassen, sondern nur über die Schaffung positiver Rahmenbedingungen zu entwickeln sind.”
Sammer, M. (2003): Wissensnetzwerke
Sammer stellt in dem Artikel Wissensnetzwerke Konzepte, Erfahrungen und Entwicklungsrichtungen kompakt dar. Der Artikel ist erschienen in Graggober/Ortner/Sammer (Hrsg.) (2003): Wissensnetzwerke, S. 430-449. Dabei sind mir folgende Passagen besonders (positiv) aufgefallen, weil sie das Intellektuelle Vermögen eines Wissensarbeiters mit dem Intellektuellen Kapital einer Organisation (und somit mit der Wissensbilanz – Made in Germany) in Verbindung bringen:
- Jedes soziale System kann grundsätzlich als Netzwerk verstanden werden (Baker 1992). (…) Jedes soziale System hat auch die definierenden Eigenschaften eines Netzwerks (S. 431)
- Das Bildungssystem beeinfusst [daher] maßgeblich den intangiblen Wert eines Wissensarbeiters (S. 432)
- Wissensarbeiter kann nach Heinz von Foerster mit der Metapher einer nicht-trivialen Maschine beschrieben werden (S. 434)
- Das intellektuelle Vermögen eines Wissensarbeiters -Humankapital, Strukturkapital und Beziehungskapital- wird auf den Seiten 435ff. thematisiert und deren organisationale Einbindung erläutert
- Das Management von Wissensnetzwerken bildet den Abschluss des lesenswerten Artikels