Die früher eher geschlossenen Innovationsprozesse (Closed Innovation) werden in Organisationen immer mehr gegenüber externen Partnern geöffnet. Diese Entgrenzung des Innovationsprozesses hat Henry Chesbrough (2003) konzeptionell als Open Innovation zusammengefasst. In der Zwischenzeit gibt es viel große, aber auch immer mehr Kleine und Mittelständische Unternehmen (KMU), die den Vorteil in externer Wissensintegration und in entsprechenden externen Kollaborationen sehen.
Aus dieser Entwicklung entsteht zwangsläufig die Frage, wie mit geistigen Eigentum bei Open Innovation umgegangen werden soll, denn das “übliche” Schutzrecht bezieht sich auf die traditionell geschlossenen Innovationsprozesse mit ihren klaren Abgrenzungen.
Das European IP Helpdesk befasst sich grundsätzlich mit den Fragen der Rechte an Geistigen Eigentums (Intellectual Property Rights) und hat in seiner Ausgabe 8 im Oktober eine entsprechendes Bulletin veröffentlicht: European IP Helpdesk (2024): Open Innovation. Es ist gut, wenn auf europäischer Ebene auf Open innovation und auf die damit verbundenen Herausforderungen hin einer Veröffentlichung hingewiesen wird.
Darüber hinaus hätte ich mir gewünscht, dass sich das European IP Helpdesk auch mit der Frage befasst, wie geistiges Eigentum in Open User Innovation auf europäischer Ebene betrachtet werden sollte. Dieser Blick auf Innovation geht nicht von Organisationen, sondern von einzelnen Bürgern aus, die innovativ sind. Auch hier stellt sich die Frage nach den geistigen Eigentumsrechten. Siehe dazu auch Innovationsmanagement.
Seit Henry Chexbrough (2023) darauf hingewiesen hat, dass es für Organisationen Sinn macht, ihren Innovationsprozess zu öffnen (Open Innovation), gibt es immer wieder auch Studie dazu. Die Veröffentlichung Capgemini Research Institute (2023): The power of open minds. How open innovation offers benefits for all (PDF) ist eine davon. Insgesamt ist der Tenor, dass Organisationen davon profitieren, ihren Innovationsprozess zu öffnen. Allerings soll es dabei noch Verbesserungspotenzial geben.
Es ist lobenswert, wenn das Capgemini Research Institute die Erfahrungen von Organisationen mit Open Innovation darstellt, und auch Potenziale für Verbesserungen aufzeigt. Dabei ist natürlich zu beachten, dass die Autoren ausnahmslos von Capgemini sind und Capgemini ein Beratungsunternehmen ist, das möglicherweise mit der studie eigene Ziele verfolgt. Honi soit qui mal y pense.
Die Autoren gehen auch nicht tiefer darauf ein, wie es zu dem Trend zu mehr Open Innovation überhaupt kommt. Das Phänomen “Open Innovation” kann beispielsweise aus der Reflexiven Modernisierung mit ihren Entgrenzungstendenzen, also aus sozialwissenschaftlichen Betrachtungen angeleitet werden.
Weiterhin ist das Öffnen des Innovationsprozesses nicht immer gut für Organisationen. Wie Schäper et al. (2023) dargestellt haben, ähnelt die finanzielle Performance von Open Innovation eher einer S-Kurve – und weiter: “that firms are not well-advised to open up their innovation processes as far as possible”. Siehe dazu ausführlicher Open Innovation und die finanzielle Performance von Unternehmen.
Abschließend fehlt mir auch noch der Hinweis darauf, dass man Open Innovation auch noch anders interpretieren kann. Genau das hat Eric von Hippel gemacht, indem er nicht von Organisationen ausgeht. Der Ansatz von Eric von Hippel ist, dass jeder Einzelne innovativ sein kann. Diese Innovationen findet man allerdings nicht in den offiziellen Statistiken zu Innovationen von Ländern. Open Innovation ist hier ein Open User Innovation, das Innovation demokratisiert. Siehe dazu von Democratizing Innovation zu Free Innovation.
Wie schon in dem Titel des Beitrags zu erkennen, geht es um Open Innovation bei Unternehmen. Diese Perspektive hat Chesbrough (2003) eingenommen und erläutert, dass Unternehmen durch das Öffnen ihres eher noch geschlossenen Innovationsprozesses (Closed Innovation) Vorteile generieren können. In der Zwischenzeit scheint sich das Mantra durchzusetzen, dass sich die Vorteile (gerade auch die finanziellen Vorteile) mit der Öffnung des Innovationsprozesses erhöhen.
Dass dem nicht so ist haben Forscher in einem Paper im Jahr 2023 ausführlich dargelegt und erläutert. Darin deuten die Autoren an, dass es sich beim Zusammenhang zwischen Open Innovation und finanzielle Performance eines Unternehmens eher um eine “S-Kurve” handelt.
“The results of our fixed-effects regression analyses indicate that the link between open innovation and firm financial performance is S-shaped, with closed innovation and medium levels of open innovation high financial returns while low levels and high levels of open innovation lead to low financial returns. This functional form indicates that even when open innovation is the norm, closed innovation can still be a financially viable option and that firms are not well-advised to open up their innovation processes as far as possible” (Schäper, T., Jung, C., Nils Foege, J., Bogers, M. L. A. M., Fainshmidt, S., & Nüesch, S. (2023). The S-shaped relationship between open innovation and financial performance: A longitudinal perspective using a novel text-based measure. Research Policy, 52(6), Article 104764. https://doi.org/10.1016/j.respol.2023.104764).
Die Aussage, “je offener der Innovationsprozess eines Unternehmens ist, umso höher ist die finanzielle Performance ” ist also nicht richtig. Es kommt bei dem Ansatz von Chesbrough also auf das richtige Maß bei Open Innovation an, um die finanzielle Performance zu optimieren.
Wir denken oft noch in den traditionellen Pfaden einer Welt, die sich allerdings turbulent wandelt. Traditionell gehen wir in vielen Bereichen unserer Gesellschaft davon aus, dass sich Infrastruktur, Energienetze, Kommunikationsnetze, Mobilitätsnetze, Soziale Netze usw. nur verwirklichen lassen, wenn die Politik und das ganz große Kapital solche Projekte umsetzen. Ein Beispiel auf globaler Ebene dafür ist die chinesische Belt and Road Initiative.
In Europa haben wir ähnliche Denkmuster (Top Down) entwickelt und verspielen möglicherweise die vielen Möglichkeiten von kleinen, persönlichen Verbesserungen und Innovationen (Bottom Up). Bezeichnend dafür ist, dass solche User Innovation gar nicht in den offiziellen Statistiken zu Innovationen auftauchen. Doch wie Eric von Hippel in vielen Studien aufgezeigt hat, gibt es diese Art von Verbesserungen und Innovationen in der Realität, im wirklichen Leben der Menschen. Siehe dazu beispielweise Eric von Hippel (2017): Free Innovation und Worin unterscheiden sich Business Innovation (formale Innovation) von Household Innovation (informelle Innovation)?
In einem anderen Kulturkreis, in Indien, wird die Improvisation im Alltäglichen als Jugaad bezeichnet. Dazu habe ich in einem aktuellen Artikel folgendes gefunden:
“Kaur (2016) informs that jugaad, a Punjabi word, popular across northern India, is a variation of the Hindi word jugat, itself derived from Sanskrit yukti, with roots in yog meaning union or joint. (…)
Jugaad is not limited to engagement of material infrastructure. It sits within the realm of the socio-cultural, with jugaadu people (improvisers) drawing on social, cultural, political and material resources to bend and twist unfavourable alignments into somewhat favourable ones. In many ways then, jugaad epitomises infrastructure: the subterranean, in the background and under the radar. (…)
Prabhu and Jain (2015), using several Indian examples like solar lighting solutions argue that jugaad leads to frugal, flexible and inclusive elements in ‘innovations’. They translatejugaad as frugal innovation. Radjou et al. (2012) frame this as jugaad Innovation.
Within the idea of jugaad, ‘formality/informality and legality/illegality work together’ (Narayanan, 2019, p. 13).”
Der Autor verweist darauf, dass der Begriff “Jugaad Innovation” eher aus den einschlägigen Business Schools stammt, und wohl eher nicht den Kern von Jugaad im kulturellen Kontext beschreibt. Das ist deshalb interessant, da in den Erläuterungen zu Jugaad auf Wikipedia gerade der Bezug zu frugalen Innovationen und zu einer Art Managementtechnik hergestellt wird. Trifft der Wkipedia-Artikel hier möglicherweise nicht den Kern von Jugaad?
Dennoch kann ich mir vorstellen, dass aus Improvisation auch Innovationen entstehen können. Wichtig ist für beide, den Wert (Added Value) für den Nutzer in den Mittelpunkt zu stellen. Was wäre, wenn alle Menschen ihre alltäglichen (intelligenten) Problemlösungen anderen Menschen kostenfrei zur Verfügung stellen würden? Über die vielen Open-Source – und Open-Content – Initiativen wird das ja durchaus schon gemacht.
Es wird in unterschiedlichen Zusammenhängen (Kontexten) immer wieder von “dem Markt” gesprochen/geschrieben, der das Ziel aller Unternehmensaktivitäten sein soll. Das hört sich an, als ob “der Markt” ein relativ homogenes “Gebilde” ist, doch “der Markt” ist sehr differenziert. Weiterhin sind die verschiedenen Akteure immer stärker vernetzt (technologisch, räumlich, zeitlich usw.) und haben Rückkopplungen untereinander. Ramaswar und Prahalad haben daher vorgeschlagen, “Märkte als Foren” zu sehen.
“Market is no longer a target, it is more a forum (Prahalad and Ramaswamy 2004) to “tap into the knowledge of participants in the socialecosystem to create a freer flow of information, engage people more wholeheartedly, and enable richer, fuller stakeholder interactions” (Ramaswamy and Gouillart 2010). Further, in such a complex system knowledge is unevenly distributed (Hayek 1945) and the direction of flows of knowledge and information cannot be predetermined (Ramaswamy and Ozcan 2014)” (Freund, R. 2017).
Es ist somit nicht, oder nur bedingt, möglich, Wissensflüsse in solchen Foren (Marktplätzen) gezielt vorauszusagen. In Unternehmen möchte man allerdings gerne, den Wissensfluss so organisieren, dass ein bestimmtes Ergebnis (meistens ein Gewinn für das Unternehmen) herauskommt. Die Schwierigkeiten so vorzugehen haben viele Unternehmen erkannt, und öffnen ihre Innovationsgrenzen. Diese Entwicklung hat Chesbrough als Open Innovation bezeichnet. Dabei bezieht er sich ausdrücklich auf Unternehmen mit ihrem Geschäftsmodell.
Betrachten wir allerdings die oben genannten Charakteristika von Foren und den damit verbundenen Wissensflüssen müssen Innovationen nicht zwangsläufig nicht nur von Unternehmen ausgehen, sondern können in der Vernetzung von allen möglichen Foren-Teilnehmern geschehen. Ein so verstandenes Open User Innovation wird von Eric von Hippel propagiert.
Solche Bottom-up-Innovationen tauchen allerdings immer noch nicht in den offiziellen Innovations-Statistiken auf. Es ist vorstellbar, dass diese Art von Innovationen mit Hilfe neuer Technologien (Künstliche Intelligenz, Additive Manufacturing, Open Source, Maker-Bewegung usw.) in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnt. Unternehmen sollten diese Entwicklungen frühzeitig adaptieren.
Das Umfeld von Organisationen und ganzen Gesellschaften ändert sich auf vielen verschiedenen Ebenen (Technik, Klima, Sozial…), sodass immer mehr neue, komplexe Problemstellungen gelöst werden sollten, ja müssen. Das führt zwangsläufig dazu, dass sich neue Geschäftsmöglichkeiten ergeben und alte Geschäftsmodelle sich weiterentwickeln müssen, oder eben auslaufen.
Geschäftsmodelle innovativer zu gestalten kann einerseits evolutionär in kleinen Schritten geschehen, oder auch radikal, was zu disruptiven Veränderungen ganzer Branchen führen kann. Das Gebiet der Geschäftsmodell-Innovation (Business Model Innovation) wird oft von den Beratungsunternehmen vereinnahmt und an zahlungskräftige Unternehmen verkauft. Dabei ist aus wissenschaftlicher Sicht gar nicht so klar, was Business Model Innovation überhaupt ist, bzw. sein soll. In dem gerade veröffentlichten Werk von Annabeth Aargard ist dazu folgendes zu finden:
“Accordingly, the process of business model innovation can be defined as a process that deliberately changes the core elements of a business and its business logic (Frankenberger et al., 2013; Snihur & Zott, 2020). (…)
In addition, Wirtz et al. (2016, p. 37) highlight a prevailing lack of consensus within the academic community, noting that “there is still no complete clarity in the literature, in particular about the purpose or the right of the business model approach to exist, or even the contrast to established concepts.”
Quelle: Aargard, A. (2024): Introducing Business Model Innovation and the Game Changers of Tomorrow, in Aargard, A. (2024): Business Model Innovation. Game Changers and Contemporary Issues | Open Access.
Da es diese wissenschaftliche Klarheit nicht wirklich gibt, bzw. trotz intensiver wissenschaftlicher Recherchen einfach nicht zu finden ist, sollten wir bei den ganzen Versprechen von Beratungsunternehmen zu modernen Geschäftsmodell-Innovationen (Business Model Innovation) vorsichtig sein, da sich Beratungsunternehmen gerne auf eine Interpretation von Business Model Innovation beziehen, die ihnen selbst gute Geschäftsmöglichkeiten garantieren.
Wie ich darauf komme?
Nehmen wir das Beispiel Open Innovation, das meistens in Bezug auf Chesbrough gehandhabt wird, der sich im Verständnis von Open Innovation auf das Öffnen der früher eher geschlossenen Innovationsprozesse (Closed Innovation) von Unternehmen bezieht. Darüber hinaus gibt es allerdings auch den Ansatz von Eric von Hippel, der Open Innovation so interpretiert, dass sie Bottom-Up und somit eher von jedem Einzelnen kommt, bzw. kommen kann. Eric von Hippel nennt diese Perspektive dann Democratizing Innovation. Siehe zur besseren Einordnung diesen Beitrag.
Es ist aus der Sicht von Beratungsunternehmen verständlich, dass sie sich auf den Ansatz von Chesbrough beziehen, da Unternehmen gute Beraterverträge garantieren. Der Ansatz von Eric von Hippel verspricht daher für die Beraterbranche weniger Geschäft.
Dennoch vermute ich, dass in der Entfesselung der Innovationskraft jedes einzelnen Menschen ein wirklich enormes Potenzial steckt, um die anstehenden komplexen, auch globalen Probleme im Sinne einer besseren Welt für alle – nicht nur für einige wenige Konzerne – führen kann.
Der Begriff Innovation ist wie viele andere Begriffe auch, ein Spielball des jeweiligen Zeitgeistes. Es wundert daher nicht, dass Innovation im Industriezeitalter hauptsächlich aus einer recht eindimensionalen wirtschaftlichen Perspektive betrachtet wurde. In der Zwischenzeit kommt es auch bei dem Innovationsbegriff zu Weiterentwicklungen, und zu moderneren Formen von Innovationstypen (Entgrenzung des Innovationsbegriffs).
Die folgende Tabelle zeigt grob auf, wie sich diese unterscheiden, bzw. sich aufeinander beziehen. Die Autoren weisen darauf hin, dass nach Godin (2019) die ersten drei Innovationstypen die klassischen, eher objektorientierten Typen sind.
Innovationstyp
Kurze, reduzierte Beschreibung
Wirtschaftliche Innovationen
Klassisches Innovationsverständnis (seit 20. Jh.) mit Fokus auf technische/technologische Innovationen, das auf Schumpeter zurückgeht.
Organisationale Innovationen
Basierend auf Schumpeter hat die Managementforschung Innovation auf Geschäftsmodelle ausgeweitet.
Service Innovationen
Anknüpfend auf die Dichotomie Produkt- vs. Prozessinnovation beschreibt die Serviceinnovation ein neues Dienstleistungskonzept.
Open Innovation
Open Innovation kann als Untertyp der organisationalen Innovation verstanden werden.
Responsible Innovation
Eingebettet in die Forschung zur Technologiefolgeabschätzung liegt der Fokus auf verantwortungsvollen Innovationen.
Grassroot Innovation
Diese Innovationen beschreiben ein Netz von Aktivisten und Organisationen, die Bottom-Up-Lösungen für nachhaltige Entwicklung/Konsum entwickeln.
Frugale Innovationen
Diese Innovationen reduzieren eine Lösung auf die Kernfunktionen, die Nutzer benötigen.
Nachhaltige Innovationen
Diese Innovationen nehmen neben wirtschaftlichen, auch okologische und soziale Aspekte in den Blick.
vgl. Zielinski et al. (2023)
Weiterhin kommt seit gut 20 Jahren der Begriff Soziale Innovation mit seiner Multi-Disziplinarität auf.
Ich muss hier weiterhin anmerken, dass der Begriff “Open Innovation” in der genannten Quelle nur aus der Perspektive von Henry Chesbrough betrachtet wird, der den Begriff in Zusammenhang mit Organisationen thematisiert hat. Darüber hinaus gibt es einen anderen Ansatz von Open Innovation, der von Eric von Hippel vertreten wird, und der davon ausgeht, dass jeder innovativ sein kann (Democratizing Innovation). Siehe dazu diese (meine) Einordnung.
Wenn es um Open Innovation geht, ist meistens die Perspektive von Henry Chesbrough (2003) gemeint. Dabei geht es um die Öffnung des bis dahin hauptsächlich geschlossenen Innovationsprozesses (Closed Innovation) – eben Open Innovation. Zu beachten ist hier, dass der Autor den Begriff Open Innovation in Verbindung mit Unternehmen sieht. Wenig erforscht ist, dass auch viele Open Innovation Initiativen scheiterten und in dem Zusammenhang gestoppt wurden. Um dieses Closing Open Innovation geht es in dem folgenden Paper.
“Closing open innovation may refer to canceling a specific open innovation initiative and reducing a firm’s general use of open innovation (cf. Granstrand and Holgersson, 2014). In this article, we focus primarily on the closing of specific initiatives” Holgersson, Marcus & Wallin, Martin & Chesbrough, Henry & Dahlander, Linus. (2022). CLOSING OPEN INNOVATION | Link.
Die Autoren verweisen auf verschiedene Unternehmensinitiativen. Beispielsweise auf eine Open Innovation Community, die Probleme mit der rechtlichen Situation hatte und geschlossen wurde. Weiterhin wird Quirky genannt, ein Start-up, das allerdings seine Betriebskosten nicht dauerhaft decken konnte – usw.
Es wird deutlich, dass mit dem Start einer Open Innovation Initiative in einer Organisation auch daran gedacht werden sollte, wie diese Initiative auch wieder beendet werden kann. Dieser Punkt soll natürlich kein KO-Kriterium für Open Innovation Initiativen in Organisationen sein, doch wurde Closing Innovation bisher zu wenig beachtet.
Darüber hinaus habe ich in unserem Blog schon mehrfach darauf verwiesen, dass es neben der Perspektive von Chesbrough auch noch die Perspektive von Eric von Hippel auf Open Innovation gibt. Eric von Hippel geht dabei nicht von Unternehmen/Organisationen, sondern von jedem Einzelnen aus – Free Innovation. Auch hier könnte es Sinn machen, über Closing Innovation nachzudenken.
Der in der Grafik dargestellte Weg von einem Ding, dass nutzbar, aber noch fragil ist (Restaurierung), über die Sanierung bis zu einem Ding, das nach eigenen Vorstellungen neu hergestellt wird (Umbau), ist natürlich nicht so linear. Es gibt immer wieder auch “Rückschläge” (Fehler) aus denen gelernt wird und entsprechende Kompetenzen entwickelt werden. Restaurieren und Sanieren klappt heute häufig mit Hilfe von Youtube-Videos, oder Beschreibungen, oder Communities, die im Netz zu finden sind. Wird es komplexer, und steht ein Umbau an, bewegen wir uns schon in Richtung einer inkrementellen, bzw. sogar disruptiven Innovation.
Es ist erstaunlich, wie viele Menschen Produkte restaurieren, sanieren und sogar umbauen. Gerade der Umbau, und die damit verbundenen Innovationen sind heute mit technischen Möglichkeiten (bis hin zu Additive Manufacturing / 3D-Druck) oft selbst möglich, ohne dass Unternehmen eingeschaltet werden müssen. Die Entwicklung zeigt einerseits, dass Unternehmen wohl immer noch nicht die Anforderungen der User zufriedenstellen.
Die Entgrenzung (Siehe dazu Entgrenzungsdimensionen im Arbeitsprozess) macht auch vor Innovationen nicht Halt. Der früher eher geschlossene Innovationsprozess (Closed Innovation) in Organisationen wird mehr oder weniger geöffnet, sodass vielfältige Optionen von Co-Creation entstehen. Henry Chesbrough hat den Begriff Open Innovation bekannt gemacht – allerdings immer in Bezug auf Unternehmen/Organisationen. Das Paper Bertello, A., De Bernardi, P. & Ricciardi, F. Open innovation: status quo and quo vadis – an analysis of a research field. Rev Manag Sci (2023) erhebt den Anspruch, den Status Quo von Open Innovation zu beschreiben und auch einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen zu geben. Teile davon werden auch ausführlich mit Quellenangaben erreicht. Warum nur Teile?
Es gibt neben der Betrachtung von Henry Chesbrough auch noch einen anderen Blick auf Open Innovation, und zwar ist es die Perspektive von Eric von Hippel. Siehe dazu ausführlich Eric von Hippel (2017). Free Innovation oder auch Eric von Hippel (2005): Democratizing Innovation. Dieser Ansatz kommt in dem oben genannten Paper allerdings nur sehr kurz vor.
“Although open and user innovation have different fathers (i.e., Chesbrough and von Hippel, respectively), theoretical underpinnings, and assumptions, they both reject the traditional idea that innovation must be created and commercialized within a single organization (Piller and West 2014)” (ebd.).
Wenn man bei Eric von Hippel in der akademischen Welt eher von User Innovation spricht, und dabei den Begriff Open Innovation immer nur mit Henry Chesbrough in Verbindung bringt, wird es meines Erachtens dem Kerngedanken Eric von Hippels nicht gerecht, denn Eric von Hippel möchte alle möglichen Grenzen von Innovationen demokratisieren und somit Innovationen, und Innovationsprozesse, öffnen. Open Innovation ist so verstanden eher ein Bottom-Up-Ansatz, der nicht zwingend Unternehmen/Organisationen erfordert. Das macht den Ansatz für viele nicht so attraktiv, da viele Universitäten gerne mit Unternehmen zusammenarbeiten – Honi soit qui mal y pense. Siehe dazu auch Innovationsmanagement.
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