Call Center Trends: Mass Customization und Wissensmanagement

AmTelefon2038.jpgAchim Plate hat in seinem Call Center World Vortrag zur “Call Center Industrialisierung” auch über  Mass Customization und über den Umgang mit Wissen gesprochen (Veröffentlicht im Kundenmagazin der D+S europe AG, Ausgabe 2-2007. Dabei wird die englische Version Mass Customisation benutzt). In dem Vortrag werden sieben Thesen zur Industrialisierung der Call Center genannt. Gestützt werden diese Thesen durch eine aktuelle, im Auftrag der D+S europe AG entstandene Studie des Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation der Fraunhofer Gesellschaft zum Thema „Zukünftige Kundenmanagement-Strategien“ (Eigene Hervorhebungen):

  1. Mobile Medien
  2. IT-Virtualisierung
  3. Das Wissen des Kunden: Für den Auftraggeber (und teilweise auch für das Call Center selbst) bildet das Wissen des Kunden eine wichtige Rückmeldung zur eigenen Weiterentwicklung.
  4. Das Wissen des Auftraggebers: Das fachliche und prozedurale Know-how des Auftraggebers ist die Voraussetzung, um Kunden angemessen bedienen zu können.
  5. Mass Customisation und Emotionalisierung: Die persönliche Konfektionierung von Massenprodukten bei entsprechender Unterstützung durch das Call Center ist dazu angetan, das Kundenbedürfnis nach Individualität stärker zu befriedigen und so auch Emotionen zu vermitteln.
  6. Die Customer Service Performance Organisation
  7. Neue Dienstleistungsberufe

Es freut mich zunächst, dass auch in Call Centern erkannt wird, wie wichtig der Umgang mit der Ressource Wissen ist. Dabei sollte man natürlich Daten, Informationen und Wissen unterscheiden (Siehe Wissenstreppe). Das hat allerdings auch negative Seiten für externe Call Center. Ein Unternehmen, das die Wissensperspektive verfolgt, wird nicht umhin kommen, den Kundenkontakt direkt, also nicht über ein dazwischen geschaltetes externes Call Center, aufzubauen. Weiterhin sollten gerade beim Kundenwissen die Möglichkeiten von Open Innovation mit bedacht werden.

Beim Thema Mass Customization (ich bleibe hier bei der amerikanischen Schreibweise) schreibt der Autor eher über Personalization und reduziert die hybride Wettbewerbsstrategie auf eine “IT-gestützte kundenindividuelle Fertigung (die sogenannte Mass Customisation)” (S.2). Das ist natürlich nicht in Ordnung, denn Mass Customization besteht beispielsweise aus vier Ebenen und nicht nur aus den hier angedeuteten zwei, usw. Ich möchte das an dieser Stelle nicht weiter ausführen (Siehe dazu u.a. Maß-geschneidert ist nicht gleich Mass Customization). Man merkt bei solchen Artikeln doch, dass die neuen Konzepte wie Wissensmanagement/Wissensbilanz sowie Mass Customization and Personalization (Open Innovation) noch nicht so richtig erfasst werden. Aber dafür gibt es ja diesen Blog ….

Mass Customized Shoes: So wird es gemacht

Schuhregal.jpgDas Thema Schuhproduktion lässt mich nicht los. Wie schon in dem Beitrag Schuhe für das 21. Jahrhundert? Warum nicht gleich richtig? angemerkt, gibt es heute viel bessere Möglichkeiten, preisgünstige, individuelle Schuhe für einen Massenmarkt herzustellen: Eben Mass Customization in dieser Branche umzusetzen. Das Unternehmen Otabo aus den USA zeigt, wie man es macht. In dem beeindruckenden Video (Bei Youtube eingestellt am 25.01.2007) wird die ganze Wertschöpfungskette, inkl. der maschinellen Bearbeitung gezeigt. Es ist schön zu sehen, wie professionell die Fußdaten abgenommen und in die Berabeitung an den Maschinen überführt werden. Letztendlich die Frage: Was kosten die Schuhe? Zur Zeit sind es hauptsächlich Herrenschuhe, die 400 $ kosten sollen, also bei dem jetzigen Kurs ca. 300 EUR. Wenn die Maschinen und Anlagen von mehr Unternehmen eingesetzt werden, kann der Preis bestimmt noch reduziert werden. Ich frage mich, wann wir in Europa diese Möglichkeiten endlich stärker nutzen. Da sind die Hersteller gefragt, aber auch die Kunden, die mehr nach solchen Angeboten suchen sollten.

LEGO: Co-Creative Mass Customization (Video)

278px-LEGO-02.jpgAuf dem e.day 2006 hat Mark H. Hansen das Konzept von LEGO vorgestellt. Die Präsentation (Englisch) wurde am 08.08.2007 als Video bei Youtube eingestellt. Es ist interessant zu sehen, wie Lego Mass Customization umsetzt. Auf den verschiedenen MC-Konferenzen, an denen ich teilgenommen habe, war auch immer ein Vertreter von Lego, um von dem Stand der Umsetzung zu berichten. Es war über die Jahre interessant zu sehen, wie sich das Konzept immer weiter entwicklet hat. Schauen Sie sich dazu bitte auch die Software Lego Digital Designer an. Laden Sie sich das Programm einfach herunter, und schon geht es los. Weiterhin sollten Sie berücksichtigen, dass Lego schon den nächsten Schritt gemacht hat: Von Mass Customization zu Open Innovation. Dabei bezieht man die Lego-Community LUGNET bewusst in die Wertschöpfung mit ein: “International LEGO Users Group Network, global community of LEGO enthusiasts. LUGNET unites LEGO fans worldwide through forums, web pages, and services”.

Schuhe für das 21. Jahrhundert? – Warum nicht gleich richtig?

Herrenschuhe201.jpgIn der Financial Times Deutschland berichtete Matthias Thiele am 13.08.2007 unter der Überschrift Schuhe für das 21. Jahrhundert über Blakebest, einer Arbeitsgemeinschaft verschiedener Schuhmacher, die Netzwerkeffekte und Skaleneffekte nutzt, um individuelle Schuhe etwas kostengünstiger herstellen zu können: Statt 1.500 EUR nun 590 EUR. Es ist gut zu sehen, wie das Netzwerk von Schuhmachern ihr Wissen teilt, und wie man dadurch in gewisser Weise etwas wettbewerbsfähiger geworden ist. Gegenüber den klassisch massenproduzierten Schuhen aus Fernost, hat man allerdings immer noch den enormen Preisunterschied zu beachten. Um “wirklich” wettbewerbsfähig zu werden hat die Europäische Union schon vor Jahren das Projekt EURO-SHOE gestartet, in der die hybride Wettbewerbsstrategie Mass Customization (kundenindividuelle Massenproduktion) mit Erfolg auf die Schuhbranche übertragen wurde (Customer animation, Dreaming a shoe zip-Datei). In der Zwischenzeit gibt es schon das Folgeprojekt CECSHOEDas sind die Konzepte für Schuhe für das 21. Jahrhundert. Ich habe an vielen Weltkonferenzen zu Mass Customization teilgenommen und erfahren, wie Mass Customization in der Schuhindustrie erfolgreich umgesetzt werden kann. Neben vielen Konferenzpapieren gibt es allerdings auch konkrete Maschinen und Anlagen, mit denen kundenindividuelle Massenschuhe hergestellt werden können (D&MC Lab am Institute of Industrial Technologies and Automation).  Ich frage mich häufig: Warum werden diese Chancen so wenig genutzt? Ein Grund dafür könnte sein, dass Redakteure einfach nicht ausführlich genug recherchieren und nur an der Oberfläche eines Themas ´kratzen´. Durch Mass Customization in der Schuhindustrie (aber auch in der Textilindustrie usw.) könnten durchaus wieder Arbeitsplätze aus Asien nach Europa zurückgeholt werden. Siehe dazu auch folgende Blogbeiträge (um nur einige zu nennen):

  1. Mass Customized Shoes: So wird es gemacht
  2. Self-Customization within the Shoe-Industry
  3. Selve – The shoe individualizer
  4. Was haben die großen Füße der Südafrikanerinnen mit Mass Customization zu tun?
  5. Maßgeschneidert ist nicht Mass Customization
  6. Mass Customization in der Bekleidungsindustrie wird immer erfolgreicher
  7. Beispiele (Auswahl)
  8. MCPC2007 am MIT in Bosten: 07.-09.10.2007

Jørgensen, T. R. (2007): Arkitektur og Mass Customization (Architektur und Mass Customization)

328.gifAuf der dänischen Website des CINARK – Center of Industrialised Architecture findet man unter anderem eine Veröffentlichung von Thomas Ryborg Jørgensen (2007): Arkitektur og Mass Customization. Gut, die Veröffentlichung ist in Dänisch, dennoch finde ich es spannend zu sehen, in welchen Bereichen Mass Customization umgesetzt wird. Wäre es nicht toll, Gebäude mass customized herstellen zu können? Möglicherweise würde dann die Eigenheimquote in Deutschland/Europa steigen….

WIRED mit customized cover in der Juli-Ausgabe

Die Zeitschrift Wired hat vor einigen Monaten dazu aufgerufen, Fotos inkl. Standortbestimmung an die Redaktion zu senden. 5000 glückliche Leser wurden ausgesucht und die Titelseite mit Foto inkl. Aufenthaltsort (mit Hilfe von Google-Maps) gedruckt. Die Resonanz war überwältigend positiv. Ein deutliches Ausrufezeichen dafür, dass es in Zukunft einen starken Trend in Richtung von Mass Customized and Personalized Zeitungen geben wird. Schauen Sie sich doch einmal die Diashow dazu an. Auch in der Süddeutschen Zeitung wurde am 29.07.2007 unter der Überschrift Leser auf dem Cover darüber berichtet. Darin kommt man allerdings ein wenig mit den Begriffen durcheinander: “Diese bekamen eine personalisierte Ausgabe des Heftes – mit einem so genannten ´customized cover´, einem Titelbild also, das nicht extra für sie gedruckt wurde, sondern auch sie selber zeigt.” In der hybriden Wettbewerbsstrategie Mass Customization and Personalitzation werden diese beiden Begriffe (sinnvollerweise) unterschieden. Dennoch kann man gespannt sein, denn: “Da, wo die Möglichkeiten der Personalisierung ausprobiert werden, treffen sich die Interessen der Print-Manager und der Leser des Magazins.” Mal sehen, wie es weitergeht…

Was versteht man unter Individualisierung?

Jeansstore201.jpgDer Trend zur Individualisierung ist Voraussetzung für Mass Customization and Personalization. Doch was versteht man unter “Individualisierung”? In Kirchhöfer (2004:25) findet man folgende Beschreibung: “Individualisierung bezeichnet die Freisetzung des Individuums aus traditionellen Bindungen und Zwängen und die Erweiterung der individuellen Handlungsoptionen und Entscheidungsmöglichkeiten zur autonomen Gestaltung von Lebensführungen und Lebensverläufen.” Neben der gesellschaftlichen Dimension der Individualisierung kommt der wirtschaflichen Dimension eine große Bedeutung zu. Der Kunde möchte individuelle Produkte und Dienstleistungen zu annehmbaren Preisen. Mit Hilfe von Mass Customization ist das heute möglich, dabei sollten die vier Ebenen (und nicht nur zwei) der Strategie beachtet werden. Gerade die Erweiterung der individuellen Handlungsoptionen macht es vielen Kunden aber auch schwer, sich zu entscheiden (Siehe dazu auch den Blogbeitrag The Paradox of Choice). Darüber hinaus führt der Trend zur Individualisierung auch zu weniger Fremdorganisation und somit zu mehr Selbstorganisation. Auch das macht vielen Menschen Schwierigkeiten, denn sie waren gewohnt, dass andere (Staat, Unternehmen, Vorgesetzte usw.) für sie viele Lebensbereiche organisierten. Die Fähigkeit zur Selbstorganisation ist in diesen Zeiten für Individuen und Organisationen existenziell geworden (Siehe dazu auch Kompetenz als Selbstorganisationsdisposition).

Maß-Geschneidert ist nicht gleich Mass Customization

robert_freund.gifIn der letzten Zeit fühlt sich scheinbar jeder bemüßigt und in der Lage, etwas zu Mass Customization zu schreiben. Der Tenor: Bei Mass Customization handelt es sich um “maß-geschneiderte” Produkte. Das ist ein Trugschluss, denn individuelle (“maß-geschneiderte”) Produkte und Dienstleistungen gibt es schon sehr lange. Diese Produkte und Dienstleistungen waren (und sind) häufig sehr teuer. Mass Customization verlangt aber, dass diese individualisierten (customized, personalized) Angebote zu Preisen angeboten werden, die denen einem massenhaft prodizierten Angebot in etwa gleich kommen. Darüber hinaus, sollte eine Mass Customization Strategie noch eine lernende Beziehung zum Kunden aufbauen und einen Solution Space anbieten, der hohe Produktvariation bei relativ stabilen Prozessen gewährleistet. Bitte schauen Sie sich die vier Ebenen von Mass Customization genau an, denn es gibt sehr viele Mißverständnisse. Das ist auch wohl der Grund, warum viele Unternehmen meinen, schon Mass Customization umgesetzt zu haben. Dem ist allerdings oft nicht so.

Warum weist man nicht auf Mass Customization and Personalization bzw. Open Innovation hin?

Entspannen2002.jpgUnter der Überschrift Hardware-Hersteller entdecken Web 2.0 schreibt Dirk Nolde heute in DIE WELT über “Wii” und “Mii”. Dabei analysiert der Autor die Erfolgsformel von Nintendo: “Personalisierung plus Gemeinschaft”. Dieser Ansatz der Personalisierung (Personalization, Mass Customization) bei gleichzeitiger gemeinschaftlicher Entwicklung (Open Innovation) deutet auf hybride Wettbewerbsstrategien hin. Ich frage mich bei solchen Kommentaren immer, warum die Autoren nicht deutlich machen, dass es sich um neue Wettbewerbsstrategien handelt, die schon in vielen Branchen erfolgreich eingesetzt werden (Beispiele zu Mass Customization). Die Redakteure scheinen über die reine Beschreibung von Phänomenen nicht mehr hinauszukommen. Recherchearbeit sollte allerdings weiter gehen.

Test: Konfiguratoren in der Automobilindustrie

Kotfluegel.jpgIn dem Artikel Plan schon mal den Wagen vor (DER SPIEGEL vom 28.06.2007) berichtet Roman Büttner von den in der Automobilindustrie eingestezten Konfiguratoren. Mit diesen Programmen können Benutzer ein Auto über die Website des Herstellers zusammenstellen (konfigurieren). Der Test stellt den Herstellern kein gutes Zeugnis aus. Nur der Konfigurator von RENAULT bekam von dem (subjektiven) Tester die Note Eins. Alle anderen hatten mehr oder weniger Große Mängel. Aus Sicht der Mass Customization ist der Konfigurator ein wichtiges Element der Solution Space Ebene (Vier Ebenen von Mass Customization). Ich habe den Eindruck, dass die Konfiguratoren zu wenig aus Kundensicht und zu sehr aus Unternehmenssicht entwickelt werden. Darüber hinaus werden die wichtigen Erkenntnisse von Barry Schwartz (The Paradox of Choice) ignoriert, usw. Falls die Automobilindustrie nicht nur mehr Varianten, sondern irgendwann einmal kundenindividuelle Massenproduktion (Mass Customization) umsetzen will (muss?), sollte man bei den Konfiguratoren beginnen, und dabei mehr auf den Kunden hören (Siehe dazu auch CAR INNOVATION 2015).