Wissensnetzwerke und Projektwirtschaft

Der Artikel Weßels, D. (2012): Expedition Zukunft – Leben in Wissensnetzwerken (AWV-Informationen 2-2012) ist eine schriftliche Ausarbeitung eines Vortrags, den Frau Weßels im Rahmen der Veranstaltung „Wissensbilanz – Made in Germany, Wissen und Unternehmensfinanzierung“ am 30.08.2011 im Kieler Wissenschaftszentrum (Flyer) gehalten hat. Ich hatte das Vergnügen, dabei gewesen zu sein. Die besondere Bedeutung der Vernetzung bei der Entstehung von Wissen – “Kombination von Individuen und deren Interaktionen – ist ein zentrales Element des Artikels und führt zur Verbindung von Wissensnetzwerk-Management und Projektwirtschaft: “Abschließend bleibt festzuhalten: Der Transformationsprozess hin zu vernetzten (wissensbasierten) Projektstrukturen beschert uns neue Management-Herausforderungen, die durch adäquate Qualifizierungsangebote an Hochschulen abgedeckt werden müssen.” Siehe dazu auch Projektmanagement, Innovationsmanagement, Wissensmanagement und Kompetenzmanagement.

Informationsbeschaffung, Unsicherheit und Ungewissheit: Alte Antworten auf neue Fragen

Daten und Informationen stehen überall fast in Echtzeit zur Verfügung. Je mehr davon umso besser, oder? Diese Gedanken suggerieren eine scheinbare Vollständigkeit, die gerade bei komplexen Systemen nicht vorhanden ist: 

“Allerdings ergeben sich durch die Informationsbeschaffung selbst, Unsicherheit und Ungewissheit, da die Informationen über komplexe Systeme immer auch unvollständig sind, sodass eher von einer begrenzten oder auch eingeschränkten Rationalität auszugehen ist (vgl. Simon 1957/1982, Foss 2003)” (Freund 2011:19).

Die Zahlenabhängigkeit vieler Manager geht oft an der heutigen Realität vorbei. In einem turbulenten Umfeld mit komplexen Zusammenhängen reicht es nicht mehr aus, sich nur auf die Zahlenwelt zu verlassen. Die Anforderungen an das Management werden sich in Zukunft verschieben. Der Umgang mit Unsicherheit und Unbestimmtheit hat auch etwas mit Lernprozessen und somit auch mit Kompetenzentwicklung zu tun, doch welche Manager kümmern sich ernsthaft darum?

Es ist somit bedauerlich, dass viele Manager immer noch alte Antworten auf neue Fragestellungen geben. Siehe dazu auch Alle reden über Komplexität, doch wer kennt schon Bifurkationspunkte?

“Diversity is good for business” – wer hätte das gedacht?

Die Studie Caye, J.-M.; Teichmann, C.; Strtack, R.; Haen, P.; Bird, S.; Frick, G. (2011): Hard-Wiring Diversity into Your Business weist zunächst auf den Seiten 3 und 4 auf folgende Trends hin:

  • The customer base is increasingly heterogeneous
  • Globalization requires a new mix of employees
  • A talent crunch is comming
  • Corporate leadership faces new imperatives

“Symply put: Diversity is good for business.” (Seite 3). Diese einfache Formel stellt allerdings Personalabteilungen und Führungskräfte vor neue Herausforderungen, da alles Management auf “similar looking and similar-minded emplyees” ausgerichtet war/ist. Siehe dazu auch Menschliche Potenziale für eine neue Welt, Der Mensch als geistiges und praktisches Wesen und Vielfalt als Chance.

Balance zwischen Open Innovation und Closed Innovation finden

In dem Artikel Plädoyer für mehr Offenheit (Stefanie Bilen, Harvard Business Manager 3/2011) wird Open Innovation kurz thematisiert und auf Henry Chesbrough verwiesen. Am Ende werden auch kritische Stimmen zu Open Innovation erwähnt, was den ambivalenten Charakter von Open Innovation unterstreicht. Die Entgrenzung von Arbeit (Reflexive Modernisierung) macht auch vor dem Innovationsprozess nicht halt. Organisationen sollten daher abwägen, welchen “Öffnungsgrad” sie ihrem Unternehmen und ihren Mitarbeitern zutrauen können, ohne die in vielen Bereichen von Kunden gewünschte Partizipation an den Wertschöpfungsprozessen zu vernachlässigen. Das ist eine durchaus anspruchsvolle und komplexe Aufgabe für das Management. Siehe dazu auch Navigieren in der Komplexität der neuen WeltDer Kunde als Knecht?, Vom König zum Knecht.

Malik, F. (2011): Navigieren in der Komplexität der Neuen Welt

In dem Buch Malik, F. (2011): Navigieren in der Komplexität der Neuen Welt geht es um die Frage, wie Unternehmen in einer immer komplexer werdenden Welt noch zurecht kommen, eben navigieren können. Zentraler Aspekt ist, Komplexität zu meistern (S. 36) und nicht, Komplexität unangemessen zu reduzieren (Reduktionismus) oder sich ohnmächtig zu fühlen. Der Autor thematisiert sehr deutlich die strategische Perspektive (Top-Down) und weist auch auf die sich entwickelnden Muster hin (Bottom-Up). Ich hätte mir hier gewünscht, dass die entscheidende Rolle des Menschen als System zur Bewältigung von Komplexität und Unicherheit deutlicher wird. Siehe dazu auch Der schwarze Schwan und der Umgang mit Unsicherheit (Uncertainty), Management der Hypermoderne, Expect the unexpected!, Das Ganze der Arbeit, Der Mensch als geistiges und praktisches Wesen.

Wie geht man nur mit hybriden Wertschöpfungsprozessen um?

Von der hybriden Wettbewerbsstrategie Mass Customization habe ich schon oft geschrieben. Doch was ist bitte eine hybride Wertschöpfung und wie geht man damit um? Auf diese (und weitere) Fragen gehen verschiedene Autoren in dem folgenden Werk ein, dass als Download zur Verfügung steht: Ganz/Bienzeisler (Hrsg.) (2010): Management hybrider Wertschöpfung. Potenziale, Perpektiven und praxisorientierte Beispiele. (28.01.2014 Link nicht mehr aktiv). Gleich am Anfang liest man: “Hybride Wertschöpfung entsteht, wenn sich der maximale Nutzen einer Leistung erst aus der gleichzeitigen Inanspruchnahme von Produkt und Dienstleistungsanteilen ergibt. Dies geht vielfach einher mit neunen Organisations- und Geschäftsmodellen, was das Management hybrider Wertschöpfungsformen vor neue Herausforderungen stellt”. Siehe dazu auch Reichwald/Piller (2009): Interaktive Wertschöpfung

Ortmann, G. (2009): Management in der Hypermoderne

Das Buch Ortmann, G. (2009): Management in der Hypermoderne hat einen sehr aktuellen Hintergrund. Im Untertitel geht es um Kontingenz und Entscheidung. Was bedeutet das? Zunächst weist der Begriff “Hypermoderne” darauf hin, dass es eine besondere Art von Moderne ist, in der wir uns befinden. Die klassische, einfach Moderne, mit ihren Rationalisierungsunterstellungen und Basisselbstverständlichkeiten hat Managementmodelle hervorgebracht, die in der zweiten Moderne (Reflexive Modernisierung) nicht mehr angemessen erscheinen. In dieser (wie Ortmann es nennt) Hypermodernen kommt es darauf an, mit Kontingenz umzugehen und zu entscheiden. Im Gegensatz (in Ergänzung) zu Beck, der in der Theorie der reflexiven Modernisierung Nebenfolgen thematisiert, benennt Ortmann eher Kontigenz und Pfadabhängigkeit. Manager sollten sich mit dieser Sicht auf Unternehmen vertraut machen. Hier der Klappentext zu dem lesenswerten Buch:

“Management in einer Moderne, die von Überbietungszwängen beherrscht wird: Das ist “post-archimedisches Management”, Management ohne festen Punkt und sicheren Grund, das gleichwohl “die Erde bewegt”; Management im Zeichen radikaler Kontingenz, eskalierender Pfadabhängigkeiten und der Unmöglichkeit, die Kluft der Kontingenz mit perfekten oder auch nur halbwegs sicheren Begründungsbrücken zu überbauen. Falls, wie das vielzitierte Diktum von Foersters behauptet, Entscheidungen genau dann nötig sind, wenn sie unmöglich sind: Wie entscheiden sich dann die Entscheider, seien es Individuen oder Organisationen? Was kommt jenseits der Unentscheidbarkeit? Jenseits bloß subjektiver, scheinheiliger oder willkürlicher Konstruktion guter Gründe und deren Dekonstruktion? Das Buch sondiert Antworten auf den Feldern der Paradoxien des Entscheidens, des Kontingenz- und Komplexitäts-, des Portfolio- und Optionen-Managements. Und nicht zuletzt auf dem Feld der Funktion von Emotionen für rationales Entscheiden. – Kann durch kontingenzbewusstes Management dem Driften der Hypermoderne Einhalt geboten werden?”

Enterprise 2.0 ist schon gelebte Praxis – ob Sie es glauben oder nicht

Wer brauch das schon? Blogs, Wkis, RSS, Facebook usw. sind doch nur Spielereien von Technifreaks. Von wegen. Viele Manager haben in den letzten Jahren das Potenzial dieser Anwendungen massiv unterschätzt. Alleine schon die Bezeichnung “Tools” oder “Werkzeuge” deutete schon darauf hin, dass das Management hier eher ein neues Spielzeug sieht. Dass diese Möglichkeiten – anders als Werkzeuge – zu Interaktivität auffordern und durch ihre Nutzung in sozialen Netzwerken neue Eigenschaften entstehen können, wird erst jetzt so richtig deutlich. Der lesenswerte Artikel Enterprise 2.0 (Wirtschaftswoche vom 12.07.2010) zeigt auf, dass viele Unternehmen diese neuen Möglichkeiten nutzen, ihre organisationalen Konsequenzen bisher allerdings noch nicht so richtig verarbeitet haben.  Die Flexibilisierung der Arbeitswelt mit Ihrer Subjektivierungvon von Arbeit bei gleichzeitiger Vernetzung führt zu komplexen sozialen Systemen, bei denen klassische Managementmodelle versagen – ja sogar kontraproduktiv sind und zu Fehlsteuerungen verleiten. Es ist allerdings durchaus möglich, diese enormen Selbstorganisationseffekte für ein Unternehmen sinnvoll zu nutzen. Das zu erkennen und daraus die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen ist eine Managementaufgabe, an der viele Führungskräfte “zu knabbern” haben. Siehe dazu auch Führung 2.0

Komplexität im Unternehmen als Kopierschutz?

Komplexität ist ein Begriff, den viele Manager nicht so gerne hören, denn Sie denken dabei an Chaos und Unkontrollierbarkeit. Da Manager gerne “alles unter Kontrolle” haben wollen, versuchen sie oft, Komplexität zu reduzieren. Das führt allerdings häufig zu verkürzten und realitätsfernen Entscheidungen. In dem Artikel Chaos im Kinderzimmer (FTD vom 01.04.2010) bedient der Redakteur die eingangs erwähnten Assoziationen der Manager und entwickelt daraus eine entsprechende Überschrift. Diese wird allerdings dadurch nicht passender, denn im Artikel geht es um komplexe Geschäftsprozesse in Unternehmen und weniger um Chaos. Der Redakteur sollte sich mit den Begriffen ein wenig genauer auseinander setzen und weniger auf Effekthascherei aus sein (Oder ist die Überschrift etwa als Aprilscherz gemeint?). Empfehlenswert ist in dem Zusammenhang z.B. Kappelhoff, P. (2003): Chaos und Komplexitätstehorie. Im Kontext eines Unternehmens geht es auch nicht um Komplexität allgemein, sondern um die Komplexität sozialer Systeme. Bemerkenswert ist in dem FTD-Artikel ein Satz von Prof. Wrona: ” Weil Außenstehende die genauen Erfolgsfaktoren des Unternehmens nicht entschlüsseln können, fungiert die Komplexität als Kopierschutz.”  Dabei bezieht Prof. Wrona sich auf das Unternehmen Apple Inc. Komplexität im Unternehmen zulassen, um nicht so leicht kopiert werden zu können? Der Umgang mit Komplexität im Unternehmen als Alleinstellungsmerkmal? Das bedeutet allerdings ein Management durch Komplexität. Doch wer kann das schon?

Trend zur Individualisierung: Gesellschaftliche und ökonomische Dimension

Es gibt einen Trend zur Individualisierung
Neben dem Trend zur Globalisierung und zur Lokalisierung gibt es auch noch einen Trend zur Individualisierung. Dabei kann man zwei Dimensionen unterscheiden: Die gesellschaftliche und die ökonomische Dimension.

Die gesellschaftliche Dimension der Individualisierung
“Wenn das vergangene Jahrtausend zu mehr Demokratie geführt hat, ist zu erwarten, dass das neu begonnene zu verstärkter Individualisierung führen wird – Individualisierung nicht im Sinne der Selbstsucht oder Selbst-Suche, sondern im Sinne wachsender Einsicht in die Eigenart der einzelnen Individuen und wachsender Achtung vor ihnen” (Gardner 2002:260). „In der individualisierten Gesellschaft muss der einzelne entsprechend bei Strafe seiner permanenten Benachteiligung lernen, sich selbst als Handlungszentrum, als Planungsbüro in Bezug auf seinen eigenen Lebenslauf, seine Fähigkeiten, Orientierungen, Partnerschaften usw. zu begreifen“ (Beck 1986:217). „Individualisierung meint (…) erstens die Auflösung, zweitens die Ablösung industriegesellschaftlicher Lebensformen (…) durch solche, in denen die Individuen ihre Biographie selbst herstellen, inszenieren, zusammenschustern müssen (…). Individualisierung beruht also keineswegs auf einer freien Entscheidung. Die Menschen sind – um es mit Sartre zu sagen – zur Individualisierung verdammt” (Beck 1993). Weg also von der Fremdorganisation durch den Staat und die Gesellschaft, hin zur Selbstorganisation. Begriffe wie Selbstorganisiertes Lernen, Selbstmanagement, Selbstorganisationsdisposition usw. sind Ausdruck dieser Veränderungen. Es fällt vielen Menschen noch sehr schwer, sich selbst und ihr eigenes Lebensumfeld stärker selbst zu organisieren.

Die ökonomische Dimension der Individualisierung
Viele Unternehmen stehen vor Anforderungen, die mit den klassischen Wettbewerbsstrategien nicht mehr zu bewältigen sind. Durch die neuen Informations- und Kommunikations-Technologien ist es z.B. nun möglich geworden, individuelle Produkte und Dienstleistungen für einen großen Markt zu “ganz normalen” Preisen anzubieten (Kundenindividuelle Massenproduktion oder Mass Customization). Der Trend zur Individualisierung ist somit eine Vorbedingung für die neue Wettbewerbsstrategie. Aber auch Open Innovation (Open Source, Open Content…), Diversity Management, Lernende Organisation, Wissensmanagement oder Wissensbilanz – Made in Germany sind Entwicklungen, die aus den veränderten Rahmenbedingungen entstanden sind.