Zu Kernkompetenzen und Pfadabhängigkeiten in der Automobilindustrie

Die Produktionskapazitäten von Autos wurden weltweit immer stärker ausgebaut. Schon 1991 veröffentlichten Womack/Jones/Roos in ihrem Bestseller “The Machine That Changed The World” einen Hinweis auf Überkapazitäten. Die Autoren der IMVP-Studie (1985-1990) wiesen darauf hin, dass es zu dieser Zeit zu viele Massenpruduktionssysteme, und zu wenig Lean-Ansätze (Schlanke Produktion, Toyota-Produktions-System) gab.

In den Jahren 2000-2010 gab es eine Überkapazität in Höhe von 15-30 Millionen Autos bei einer Gesamtkapazität von ca. 70-90 Millionen Autos pro Jahr. Diese Zahlen wurden im Spiegel Nr. 46/2009 auf Seite 21 veröffentlicht und beziehen sich auf das PwC Automotive Institute. Zahlen in den Jahren 2010 bis 2020 liegen mir nicht vor. Ich kann mir allerdings gut vorstellen, dass es in den nächsten Jahren eine Grafik geben wird die zeigt, wie sich die Produktionskapazitäten für Autos mit Elektro-Antrieb im Vergleich zu Autos mit Verbrenner-Motoren verändert haben. Darüber hinaus wird einigen Herstellern erst jetzt so langsam klar, dass es bei Autos um Mobilität, und damit um Daten geht… Möglicherweise kommt diese Entwicklung für manche Automobilhersteller zu spät, da sie an ihren bisher erfolgreichen Kernkompetenzen zu lange festgehalten haben -wie kommt das?

Im der Forschung zu Innovationen gibt es die Theorie der Pfadabhängigkeit. In meinem Blogbeitrag Blockiert die Ausrichtung auf Kernkompetenzen Innovationen? gehe ich auf die Zusammenhänge ein.

Kompetenzdiskurs: Top-Down, oder doch besser Bottom-Up?

Der Kompetenzbegriff ist in aller Munde. Manchmal wird wegen den vielen Wortungetümen auch von “Bindestrich-“Kompetenz gesprochen. Insgesamt gibt es in den verschiedenen Diskussionssträngen zwei Richtungen: Top-Down oder Bottom-Up?

“Die Analyse des Kompetenzdiskurses innerhalb der Arbeitswelt zeigt zwei idealtypische Stränge (vgl. Schecker/Parchmann 2006, Truschkat 2008, Truschkat 2010:71-72): Der strukturell-normative und der individual-dispositive Kompetenzdiskurs. Der strukturell-normative Kompetenzdiskurs leitet die Kompetenzthematik aus der Sicht des Bedarfs des Unternehmens ab, wobei der individual-dispositive Kompetenzdiskurs von der Auseinandersetzung eines jeden Einzelnen mit den gesellschaftlichen und ökonomischen Veränderungen ausgeht. Ein ganzheitliches Kompetenzmanagement sollte beide Perspektiven enthalten und Brücken zwischen den Kompetenzebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk schlagen (vgl. Wilkens 2004, Pawlowsky et al. 2005), denn „gerade hier liegen die Herausforderungen und Defizite in Forschung und Praxis“ (Barthel et al. 2006:339). (…) Obwohl der Brückenschlag eines integrierten Kompetenzmanagements immer deutlicher gefordert wird ist unklar, ob von der Unternehmens- oder der Individualperspektive ausgegangen werden sollte. Dewe (2010:5) schlägt mit Verweis auf Lauf/Wolff (1982) und Geißler/Orthey (2002) vor, die „immanenten Kompetenzmodelle der Handelnden selbst und ihrer Bezugsgruppen zum Ausgangspunkt weiterer Überlegungen zu machen.“ Der bisher eher präskriptiv-normative Ansatz sollte folglich einer primär deskriptiven Perspektive auf das Kompetenzkonstrukt weichen (vgl. Dewe 2005). Das würde allerdings eine Umkehrung der bisher angewandten Vorgehensweise in den Unternehmen darstellen, denn dort werden die Kompetenzanforderungen an Individuen, Gruppen und Netzwerke von den organisationalen Kompetenzen, den Kernkompetenzen (vgl. Prahalad/Hamel 1990), abgeleitet.”

Der Text ist entnommen aus Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk, S. 4-5. Verlag Dr. Kovac. Das Buch ist in der wissenschaftlichen Reihe Wandlungsprozesse in Industrie- und Dienstleistungsberufen und moderne Lernwelten erschienen.

Die Studie Führungskultur 2017 sagt viel über Projektarbeit in Organisationen aus

Die Studie Führungsbarometer 2017 (PDF, Penning Consulting vom 27.11.2017) wurde mit computerunterstützten Telefoninterviews (CATI) und einem strukturierten Fragebogen erstellt. Aus Projektmanagement-Sicht ist es interessant zu sehen, dass sich viele der Fragen mit Projekten befassen. Das ist nicht überraschend, da viele Änderungen (Change) mit Projekten umgesetzt werden. Dabei wird deutlich, dass Projektarbeit oft als zusätzliche Belastung gesehen wird. Diese Wahrnehmung ist aus der Perspektive des Routinemanagements, und der damit verbundenen unternehmerischen Strukturen, durchaus verständlich. Es zeigt, dass viele Organisationen noch nicht so recht wissen, wie Sie Routinemanagement und Projektmanagement miteinander verbinden können (Projektkultur). Ein Ansatz ist, durch vermehrte Projektarbeit Organisationsentwicklung zu betreiben, da Projektarbeit mehr Selbstorganisation auf allen Ebenen erfordert. Letztendlich wird durch Projektarbeit die kreative Selbstorganisationsfähigkeit in komplexen Problemlösesituationen entwickelt/verbessert. Ein modernes Management ist somit ein modernes Kompetenzmanagement auf der Ebene des Individuums, der Gruppe (Team), der Organisation und des Netzwerks, Warum? Weil Kompetenz heute als Selbstorganisationsdisposition verstanden wird. Siehe dazu auch Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk. In den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen Projektmanager (IHK), Projektmanager Agil (IHK) und Innovationsmanager (IHK) gehen wir auf diese Zusammenhänge in. Informationen zu den IHK-Zertifikatslehrgänegn finden Sie auf unserer Lernplattform.

Fit für den Digitalen Wandel? Stellen Sie Ihr Kompetenzmanagement auf den Prüfstand

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Für den Digitalen Wandel sind Kompetenzen und ein entsprechendes Kompetenzmanagement auf allen Ebenen erforderlich. Auf der Projektwebsite ist die Nutzung des Benchmarking-Tools während der Projektlaufzeit von FLIP kostenfrei: »FLIP – Flexibilisierung durch dynamisches Personal- und Kompetenzmanagement für wissensintensive Dienstleistungen« (www.flip-projekt.de). In unserem Blog finden Sie in der Kategorie Kompetenzmanagement viele wichtige Erläuterungen. Siehe dazu auch Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk.

Veränderungen gestalten: Changemanagement nach Doppler und Lauterburg

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Als dritter Ansatz werden praxisorientierte Erfolgsfaktoren und Methoden, die Unternehmen im Veränderungsprozess helfen sollen, von Doppler und Lauterburg (2002) beschrieben (ifaa (o.J.): Veränderungsprozess ganzheitliches Unternehmenssystem nachhaltig gestalten, S. 10): Vergleichbar mit Kotter empfehlen sie, ein selbstständiges Netzwerk aufzubauen,
welches folgende acht Kennzeichen hat: »Zielorientiertes Management, keine Maßnahme ohne Diagnose, ganzheitliches Denken und Handeln, Beteiligung der Betroffenen, Hilfe zur Selbsthilfe, prozessorientierte Steuerung, lebendige Kommunikation, sorgfältige Auswahl der Schlüsselpersonen.« (Doppler und Lauterburg 2002, S. 148). Des Weiteren wurden sechs Schlüsselfaktoren identifiziert, die eine erfolgreiche Veränderung fördern: (1) Vertrauen aufbauen durch Überzeugung der Menschen für eine Veränderung, (2) Denken in Prozessen anstatt in Hierarchien akzeptieren, (3) Unternehmensumfeld einbeziehen und analysieren, (4) Unternehmensinterne Kommunikation fokussieren, um für Vernetzung zu sorgen, (5) Die Sicherung der Existenz des Unternehmens ist das wichtigste Ziel, (6)Organisationales Lernen sicherstellen.

Auf solche Zusammenhänge gehen wir in dem von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen Innovationsmanager (IHK) und Wissensmanager (IHK) besonders ein. Informationen zu den IHK-Zertifikatslehrgängen finden Sie auf unserer Lernplattform.

Industrie 4.0 als soziotechnisches System

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Industrie 4.0 wird oft als Ergebnis technologischer Entwicklungen und Möglichkeiten gesehen. Dass das zu kurz gegriffen ist, zeigt die Grafik (gefunden in acatech 2016: Kompetenzentwicklungsstudie, S.9), die Industrie 4.0 als soziotechnisches System, mit den Begriffen Technik, Mensch und Organisation sieht. Diesen Ansatz kennen wir schon aus dem Wissensmanagement, wo wir früher von dem TOM-Modell, und heute von dem MOT-Modell sprechen, denn der entscheidende Faktor ist nicht die Technik, sondern der Mensch mit seinen Kompetenzen (nicht nur Qualifikationen). Diese Selbstorganisationsdispositionen (Kompetenzen) sind auf individueller Ebene, Gruppenebene, organisationaler Ebene und Netzwerkebene erforderlich. Es ist also kein Wunder, wenn eine so verstandene Kompetenzentwicklung auch Bestandteil von agilen Methoden (Frameworks), agilen Organisationen oder auch von Lean-Ansätzen ist.

Quelle (Grafik): Hirsch-Kreinsen, Hartmut/ten Hompel, Michael (2015): „Digitalisierung industrieller Arbeit. Entwicklungsperspektiven und Gestaltungsansätze“, in: Bauernhansl, Thomas/ten Hompel, Michael/Vogel-Heuser, Birgit (Hrsg.): Handbuch Industrie 4.0. Produktion. Automatisierung und Logistik, Springer: Berlin/Heidelberg: 1–20.

Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenzen auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk. Verlag Dr. Kovac, Hamburg.

Digitalisierung erfordert soziale Kompetenz und Weiterbildung

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Der IAB-Kurzbericht 12/2017: Wirtschaft 4.0. Digitalisierung verändert die betriebliche Personalpolitik (PDF) erläutert, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf die Personalpolitik hat, und noch haben wird. Es wird deutlich, dass Digitalisierung soziale Kompetenzen und Weiterbildung braucht, um erfolgreich zu sein. Dabei kommen den Team-Kompetenzen eine Schlüsselrolle zu (S. 6):

Die stärkere digitale Integration von Wertschöpfungsketten über verschiedene Funktionen und Hierarchieebenen hinweg (Weber 2016) erfordert Team-Kompetenzen, die eine effiziente Leistungserbringung sicherstellen.

Wir befassen uns seit Jahren mit Kompetenzentwicklung und der sogenannten Digitalen Bildung. Die von uns entwickelten Blended Learning Lehrgänge bieten den Teilnehmern die Möglichkeit, ihre Kompetenzen auf vielfältige Weise zu entwickeln. Informationen zu der IHK-Zertifikatslehrgängen finden Sie auf unserer Lernplattform.

Weitere Quelle: Weber, E. (2016): Industrie 4.0: Wirkungen auf den Arbeitsmarkt und politische Herausforderungen. Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, 65, 1, S. 66-74.

Handbuch: Kompetenzentwicklung im Netz

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Erpenbeck, J.; Sauter, W. (Hrsg.) (2017): Handbuch Kompetenzentwicklung im Netz. Bausteine einer neuen Lernwelt zeigt auf, wie stark die Veränderungen um uns herum sind, und wie wichtig Kompetenzentwicklung im Netz in diesem Zusammenhang ist:

Die Zukunft hat in der betrieblichen Arbeits- und Lernwelt schon begonnen. 2015 gingen
gerade einmal 20 Prozent der gesamten Wertschöpfung in der Wirtschaft auf digitale
Geschäftsmodelle zurück. 2020 werden es 80 Prozent sein (Jäger 2015). Dies hat tiefgreifende
Konsequenzen für die betriebliche Bildung (S. 1).

Die Zusammenfassung lautet:

Kompetenzentwicklung ist die Bildung der Zukunft! (Seite 2).

Dieser Ansatz bestätigt mich in meiner persönlichen Sichtweise auf selbstorganisiertes Lernen und Kompetenzen. Siehe dazu auch Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk. Selbstorganisiertes Lernen unterstützen wir beispielsweise schon seit Jahren mit unseren Blended Learning IHK-Zertifikatslehrgängen. Auf unserer Lernplattform finden Sie dazu weitere Informationen.

Die Zukunft der neuen beruflichen Arbeits- und Lernwelt hat schon begonnen

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In dem Artikel Sauter, W. (2016): Die Zukunft hat schon begonnen (Weiterbildung 5/2016, S. 34-37) stellt der Autor dar, wie sich Arbeiten und Lernen verändern. Das ist jetzt nicht neu, doch zeigt auf, wie wichtig es ist, immer wieder den Zusammenhang zwischen Arbeiten und (beruflichen) Lernen herzustellen. Viele Protagonisten der Digitalisierung haben ihren Fokus auf der Technologie und vergessen Lernprozesse. Es ist wichtig zu realisieren, dass formelles Lernen (selbstgesteuert) und informelles Lernen (selbstorganisiert) sehr eng mit Kompetenzentwicklung zusammenhängen. Wie der Ermöglichungsrahmen auf Seite 35 zeigt, sind Blended Learning Arrangements Teil des formellen Lernens. Diesen Teil unterstützen wir mit unseren modernen Blended Learning Angeboten mit IHK-Zertifikat. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Lernplattform. Darüber hinaus habe ich mich in meiner Dissertation auch mit Kompetenzmanagement befasst. Das hier angesprochene Verständnis von Kompetenz ist dabei Basis meiner Überlegungen gewesen. Sollten Sie zu den Zusammenhängen von Arbeiten, Lernen und Kompetenzen Fragen habe, so sprechen Sie mich bitte an.

Wie hängen Handlungsfähigkeit und Kompetenz zusammen?

handlungsfähigkeitIn Organisationen wird es in Zukunft immer mehr komplexe Situationen geben, die zu erweiterten Anforderungen an Mitarbeiter führen – Qualifikationen reichen hier nicht mehr aus. Immer mehr Unternehmen orientieren sich daher am Kompetenzbegriff, der allerdings sehr unterschiedlich verwendet wird. Im RKW-Magazin 3/2010 findet sich dazu auf Seite 40 folgende Beschreibung: “Dabei orientieren sie sich am Begriff der Kompetenz: Sie meint die ganzheitliche Fähigkeit von Mitarbeitern, in komplexen, neuen Situationen erfolgreich handeln zu können. Im Unterschied zum Begriff der Qualifikation, der nur die individuellen Fähigkeiten betrachtet, wird mit Kompetenz das Zusammenspiel von Können, Wollen und Dürfen in einer Organisation thematisiert.” In der Praxis hat sich die Kompetenzdefinition von John Erpenbeck und Volker Heyse durchgesetzt, die Kompetenz als Selbstorganisationsdisposition verstehen (Erpenbeck/Heyse 2007). Eine so verstandene Kompetenz bewältigt auch Unsicherheiten, die in den vernetzten Strukturen heute überall zu finden sind. Menschen sind daher – mehr als Maschinen – in der Lage, komplexe Problemsituationen zu meistern und in solchen Situationen (Kontexte, Domänen) zu handeln (Siehe Grafik). 

Dabei ist eine so verstandene Kompetenz nicht auf das Individuum begrenzt, sondern auch für Gruppen, auf organisationaler Ebene und in Netzwerken von Bedeutung. Siehe dazu auch Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk.