Der IQ soll ein Mythos sein? Eine groß angelegte Studie soll das belegen.

In dem Artikel Hamshire, A.; Highfield, R. R.; Parkin, B. L.; Owen, A. M. (2012): Fractionating human intelligence. In: Neuron, Volume 76, Issue 6, 1225-1237, 20 December 2012 argumentieren die Autoren aufgrund einer groß angelegten Studie, dass der Intelligenz-Quotient (IQ) ein Mythos ist. Siehe dazu auch Western-led research debunks the IQ myth, IQ a myth – study says, Intelligenz: Adieu IQ? Ähnlich argumentiert auch Howard Gardner mit seiner Multiple Intelligenzen Theorie, wobei er den IQ als Teil eines multiplen Systems sieht (MI und IQ). In meiner Forschungsarbeit gehe ich weiterhin davon aus, dass eine Person diese verschiedenen Intelligenzen in dem jeweiligen Handlungskontext aktiviert und somit zeigt. Diese Multiplen Kompetenzen zeigen sich als Emergenzphänomene auf den verschiedenen Ebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk.

Personales Wissen und organisationales Wissen intelligent vernetzen

Wie Sie der Grafik entnehmen können, stellt Willke (2003) dem personalen Wissen (Laien, Facharbeiter, klassische Professionen, Experten) ein eher organisationales Wissen gegenüber, das auf individueller und systemischer Ebene Expertise darstellt. Die Vernetzung des Wissens von Experten in z.B. Projekten ist somit ein wichtiges Kennzeichen moderner Organisationsformen. Bezeichnend ist weiterhin, dass Willke dabei ausdrücklich auch den Intelligenzbegriff mit einbezieht. Allerdings wird hier der IQ erwähnt. Wie Sie wissen, würde ich diesen Ansatz etwas erweitern…. Siehe Multiple Intelligenzen und Multiple Kompetenzen.

Das EU-Projekt IN PATH befasst sich mit den Möglichkeiten der Multiple Intelligenzen Theorie

Das EU-Projekt IN PATH befasst sich von 2011 bis 2013 mit den Möglichkeiten der Multiple Intelligenzen Theorie. Der deutsche Partner in dem Projekt ist das Institut für Lern-Innovation an der Universität Erlangen. Es wird ein Handbuch entwickelt, das “unterschiedliche Berufsgruppen (Sozialarbeit, Erwachsenenbildung, Arbeitsamt, etc.) darin unterstützen [soll], die Fähigkeiten ihrer Klienten identifizieren und stärken zu können.” Es freut mich sehr, dass es zur Multiple Intelligenzen Theorie weitere EU-Projekte gibt. Das von mir initiierte und von 2004-2006 durchgeführte EU-Projekt MIAPP hatte sich das Ziel gesetzt, einen generellen Überblick zur Anwendung der Multiple Intelligenzen Theorie in den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen zu erarbeiten. Ich bin sehr gespannt, wie das angesprochene Handbuch des EU-Projekts IN PATH aussehen wird. Anfnag 2013 werde ich es mir ansehen können… Siehe dazu auch Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk.

Arbeitsweltbezogenes Handeln, Intelligenz und Kompetenz

Das arbeitsweltbezogene Handeln stellt immer höhere Anforderungen an Unternehmen und Mitarbeiter. Wobei es gerade die Mitarbeiter sind, die die mit Interaktionsarbeit verbundene Unsicherheit bewältigen können. Durch eine Entgrenzung des Intelligenzkonstrukts führt in diesem Zusammenhang zu einem besseren Verständnis von Intelligenz und Kompetenz. Freund (2011:8): “Die Triarchische Theorie (vgl. Sternberg 1984/1985) und die Multiple Intelligenzen Theorie (vgl. Gardner 1983/1993) sind auch dazu geeignet, Brücken zwischen den verschiedenen Ansätzen der Intelligenzforschung zu schlagen, und dem arbeitsweltbezogenen Handeln mit seiner Kontextabhängigkeit und Komplexität gerecht zu werden (vgl. Jez 2005:54). Beide Theorien integrieren damit bisher disparate Forschungsergebnisse und Theorien, wodurch sich ein neuer Rahmen für ein besseres Verständnis von menschlicher Intelligenz und Kompetenz ergeben kann (vgl. Kail/Pellegrino 1988:166).”

Anmerkungen zur 3sat-Sendung “Schwärme. Über kollektive Intelligenz”

Gestern Abend habe ich mir in 3sat die Sendung Schwärme. Über kollektive Intelligenz angesehen, obwohl das Thema schon vor einem Jahr in einer Sendung ausführlich beleuchtet wurde… Der gut vorbereitete Moderator hatte sich kompetente Gäste eingeladen: Die Informatikerin Constanze Kurz, den Verhaltensbiologen und Schwarmforscher Jens Krause und den Literaturwissenschaftler Niels Weber. Darüber hinaus wurden kleine Filme gezeigt, die verschiedene Aspekte des Phänomens Schwarmintelligenz beleuchteten. Der häufig benutzte Begriff der Intelligenz wurde für den diskutierten Zusammenhang allerdings nicht ausreichend geklärt, was zu Mißverständnissen führte. Letztendlich habe ich mich gefragt, warum kein Sozialwissenschaftler anwesend war (nur in Filmausschnitten erwähnt), denn es ging auch um die Frage, ob die Erkenntnisse aus der Soziobiologie auf den Menschen mit seinen sozialen Interaktionen übertragbar sind. In den Gesprächen kamen immer wieder Formulierungen vor wie “unter bestimmten Bedingungen übertragbar”, “teilweise übertragbar” oder ähnliches. Möglicherweise liegt es an den Besonderheiten von komplexen sozialen Systemen:

“Das ´sowohl – als auch´ von absichtsvollem Verhalten und Unvorhersehbarem macht allerdings nur komplexe soziale Systeme aus (vgl. Czada/Schimank 2000:39, Hervorhebungen im Original, vgl. dazu auch Mayntz 1998:12, Güth/Kliemt 2009:14), daher sind naturwissenschaftliche Modelle nur auf einen kleinen Bereich sozialer Phänomene  anwendbar, bei denen keine Gestaltungsaktivitäten vorkommen (vgl. Czada/Schimank 2000:37, Haken 2006:3)” (Freund 2011:29-30).

Siehe dazu zum Beispiel Open Innovation, Crowdsourcing, Schwarmintelligenz usw. oder einfach nur Soziologie?, Bonabeau/Meyer (2010): Swarm Intelligence – A Whole New Way To Think About Business, Schwarmintelligenz: Sonderheft 08/2007 des National Geograhic, IQ aus Sicht der Komplexitätsforschung, Aulinger (2006): Kollektive Intelligenz – Zugänge zur Intelligenz der vielen Unverbundenen

Intelligenz: Bewusst und messbar?

Dazu möchte ich noch einmal auf folgende Zusammenhänge hinweisen: “Häufig ist die Intelligenz ohne bewusstes Denken am Werk. Tatsächlich ist die Großhirnrinde, in der die Flamme des Bewusstseins leuchtet, ebenso angefüllt mit unbewussten Prozessen wie die älteren Teile unseres Gehirns. Es ist ein Irrtum anzunehmen, Intelligenz sei zwangsläufig bewusst und hänge nur mit Überlegung zusammen.” (Gigerenzer 2007:24). Dabei verweist der Autor zusätzlich noch in den Anmerkungen auf folgende Zusammenhänge: “Sogar wenn es um emotionale Intelligenz geht, herrscht noch die Ansicht vor, man könne sie messen, indem man Fragen stellt, die das deklarative Wissen betreffen” (ebd.:244). Gigerenzer sieht Bauchentscheidungen als die Intelligenz des Unbewussten an und kritisiert damit deutlich jeden Versuch, solche komplexen Prozesse mit einfachen Messverfahren gerecht zu werden. Siehe dazu auch Multiple Intelligenzen.

Metz, M.; Seeßlen, G. (2011): Blödmaschinen – Die Fabrikation der Stupidität

Das Buch Metz, M.; Seeßlen, G. (2011): Blödmaschinen – Die Fabrikation der Stupidität macht deutlich, wie “intelligent” die einzelnen Systeme unserer Gesellschaft ineinandergreifen, um stupide, marktfähige Bürger zu schaffen. Stupide und dumme Bürger sind steuerbar und damit leicht zu kontrollieren. Es verwundert daher z.B. nicht, dass Medien (auch sogenannte öffentlich-rechtliche) sehr häufig Begriffe wie “drohen”, “fordern” usw. verwenden, wenn einfach alternative Möglichkeiten aufgezeigt werden… Es ist Zeit, nicht nur von intelligenten Produkten, sondern auch von intelligenten Menschen auszugehen – doch wer will das schon? Siehe dazu auch

Intelligenz und Arbeitsleistung: Der IQ reicht heute alleine nicht mehr aus (Studie)

Wieder zeigt eine Studie, dass ein hoher IQ alleine nicht ausreicht, um eine gute Arbeitsleistung in Unternehmen zu prognostizieren. In dem Artikel Ein hoher IQ reicht nicht aus (FTD vom 07.03.2011) (11.12.2013 Link nicht mehr aktiv)  werden die Erkenntnisse einer Studie der Rotterdam School of Management (RSM) (11.12.2013 Link nicht mehr aktiv)  zusammengefasst: 

“Die passenden Spezialisten zu engagieren, ist für Unternehmen wichtiger denn je. Doch wie wählt man sie aus? Menschen mit einem höheren Intelligenzquotienten sind nicht zwingend die mit den besseren Leistungen am Arbeitsplatz, sagt eine Studie”. 

Der Artikel bezieht sich dabei auf folgendes Paper: Byington, E.; Felps, W. (2010): Why do IQ scores predict job performance?: An alternative, sociological explanation. In: Reserach in Organizational Behavior, Volume 30, 2010, Pages 175-202.

Es ist gut, wenn Tageszeitungen den Entscheidern im Finanzbereich aufzeigen, dass Personalauswahl nicht einfach so mit ein paar Zahlen erledigt ist, sondern sich viel komplexer gestaltet. Gerade in einer globalisierten Welt, mit Mitarbeitern aus allen möglichen kulturellen Regionen ist ein modernes Personalwesen entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg im Markt (Umgang mit Wissen, Innovationen möglichst schnell auf den Markt bringen usw.). Wer sich alleine auf den IQ-Test in Schule und Beruf verlässt, sollte sich diese Studie genauer ansehen. Es zeigt sich immer deutlicher, dass das Konzept des Intelligenz-Quotienten (IQ) erweitert werden sollte, da die erforderliche Passung zu den heutigen Arbeitsprozessen nicht mehr gegeben scheint. 

Siehe dazu auch das Konzept der Multiplen Kompetenz oder Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk. In meiner Arbeit stelle ich ein entsprechendes Rahmenkonzept vor.

Intelligenz-Quotient (IQ) reicht im modernen Berufsleben und im Bildungsbereich nicht aus

Es ist schon erstaunlich, dass die Tageszeitung Die Welt am 11.02.2011 auf der Titelseite mit der Überschrift IQ ist nicht alles aufmacht. Der Untertitel “Wer im Berufsleben ganz nach oben will, benötigt vor allem Kreativität” deutet darauf hin, dass der Intelligenz-Quotient (IQ) wohl alleine nicht für das moderne Berufsleben ausreicht. Dabei bezieht sich der Artikel auf aktuelle Erkenntnisse von Robert Sternberg, der wie folgt zitiert wird: “Je besser die Ergebnisse der Probanden beim IQ-Test waren, umso schlechter schnitten sie bei den praxisrelevanten Tests ab – und umgekehrt.”

Moderne berufliche Tätigkeiten zeichnen sich durch vielfältige Interaktionen aus und stellen somit hohe Anforderungen an komplexe Problemlösungen (Das Ganze der Arbeit). Problemlösen unter Unsicherheit kann als Lernen bezeichnet werden, das die ganze Person fordert. Der Mensch, und weniger die mathematischen Modelle, ist in der Lage, mit der daraus entstehenden Unsicherheit umzugehgen – sie zu bewältigen. Diese Hinweise zeigen, dass der klassische Intelligenzansatz erweitert (und nicht ersetzt!) werden sollte. Die Triarchische Theorie von Sternberg und die Multiple Intelligenzen Theorie von Gardner werden den Anforderungen in Arbeitsprozessen gerecht und haben somit eine bessere Passung. Nur darum sollte es in der Intelligenzdebatte gehen, weniger um die Frage IQ oder andere Intelligenzkonstrukte. Ein sowohl-als-auch bringt die Diskussion weiter und deutet darauf hin, dass Entscheidungen, die auf IQ-Tests basieren, zu hinterfragen sind (Beruf und Schule).  Doch: Welche Erhebungsinstrumente sind angemessen?

Das ´Bauchgefühl´: Eine unbewusste Intelligenz?

Wir gehen in vielen Bereichen der Wissenschaft und besonders in der Ökonomie von rationalen Entscheidungen aus, die auf Basis vollständig vorliegender Informationen, rational getroffen werden. Andererseits können wir viele Geschichten erzählen, wo wir uns auf unser Bauchgefühl verlassen haben. Doch was ist das nur? Prof. Dr. Gigerenzer hat dazu ein bekanntes Buch geschrieben: Gigerenzer, G. (2007): Bauchentscheidungen. Im Untertitel nennt er es: Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition. Der Autor geht dabei auch von einem Intelligenzverständnis aus, das von der klassischen Messintelligenz (IQ) abweicht. “Häufig ist Intelligenz ohne bewusstes Denken am Werk” (S. 24). Für hochkomplexe Handlungen ist die Intuition, die Bauchentscheidung, oder die unbewusste Intelligenz entscheidend. Siehe dazu auch Multiple Intelligenzen, Unternehmer sind gar nicht die rationalen Entscheider, für die sie sich halten, Die Welt bleibt unberechenbar.