Innovationsmanagement – Innovationsmanagementsystem: ISO 56002

Die ISO 56002:2019 ist ein internationaler Standard für Innovationsmanagement und Innovationsmanagementsysteme. In der Zwischenzeit gibt es auch einen DIN EN ISO 56002:2020 als Entwurf, mit Ausgabedatum 2020-10. Es ist schon erstaunlich, dass es jetzt auch zum Innovationsmanagement eine ISO-Norm gibt, denn bisher waren die jeweiligen Management-Ansätze weltweit doch recht unterschiedlich und wenig harmonisiert.

Wie der Beschreibung der ISO-Norm zu entnehmen ist, enthält auch sie wieder den bekannten PDCA-Zyklus nach W. Edward Deming und insgesamt 10 Dimensionen zur Professionalisierung des Innovationsmanagementsystems. Dabei basierten viele Überlegungen darauf, das QM-System nach ISO 9001 in Richtung Innovationsmanagement zu erweitern. Doch auch ohne QM-System ist das Framework nach ISO 56002 im Unternehmen einsetzbar. Siehe dazu auch Innovationsmanagement.

Wie können Innovationsfelder systematisch analysiert werden?

Die stark veränderten Rahmenbedingungen für Unternehmen führen dazu, dass Innovationen immer wichtiger werden. Die Suchfeldanalyse kann helfen, Ressourcen gezielt einzusetzen.

Die Suchfeldanalyse besteht dabei aus drei Input-Elementen (Gaßmann/Kraus 2005):
(1) Unstrukturierte, ad-hoc-Inventionsimpulse von Mitarbeitern und externen Partnern, welche durch ein Innovations- und Ideenmanagement systematisiert und auf die Entscheidungsagenda gesetzt werden. (2) Roadmaps für die Technologie- und Produktvorhaben (Extrapolationsprinzip). (3) Szenario-Analyse, bei der aus Einzeltrends und unverknüpften Einzelereignissen in sich konsistente alternative Zukunftsbilder entwickelt werden. Auf Basis dieser möglichen Zukunftsprojektionen werden Potenziale und erforderliche Schritte für die Gegenwart abgeleitet (Retropolationsprinzip).

Anschließend werden die Suchfelder in einer Portfoliodarstellung (Markttrends/Technologietrends) abgesteckt. Innovationsfelder sind Produkt-, Dienstleistungs- oder Geschäftsfelder, in denen ein hohes Innovationspotenzial besteht oder zu vermuten ist (Achatz et al. 2012). Typisch für ein Innovationsfeld ist, dass im Sog der beginnenden Neuerung viele weitere Innovationen erfolgen. Dieser Sog wird genährt von einer Vielzahl von Anbietern, die mit ihren Lösungsideen um Marktanteile ringen, und von der Bereitschaft vieler Nutzer, zu den Vorreitern gehören (Achatz et al. 2012:163-164). Jedes Unternehmen sollte systematisch geeignete Innovationsfelder analysieren. Siehe dazu auch Innovationsmanagement.

Was gehört zu einem Innovationsmanagementsystem?

Innovationsmanagementsystem nach TS 16555 (2013)

Ein Innovationsmanagementsystem (IMS) ist ein Satz zusammenhängender oder miteinander in Wechselwirkung stehender Elemente einer Organisation, die dazu dienen, innovationsbezogene Strategien, Ziele sowie Prozesse zur Erreichung dieser Ziele zu entwickeln (CEN/TS 16555-1).

Um die Produktivitätslücke im Innovationsmanagementsystem zu schließen, gibt es einen europäischen Rahmen, an dem sich Organisationen orientieren können: Die CEN/TS 16555. Die Technische Spezifikation stellt einen Leitfaden für die Erarbeitung und Aufrechterhaltung eines Innovationsmanagementsystems (IMS) zur Verfügung. Sie ist, unabhängig von Branche, Art und Größe, auf alle öffentlichen und privaten Organisationen anwendbar. Die Technische Spezifikation besteht aus sieben Teilen:

  • Innovationsmanagementsysteme
  • Strategisches Wissensmanagement
  • Innovatives Denken
  • Management des geistigen Eigentums
  • Kooperationsmanagement
  • Kreativitätsmanagement
  • Bewertung des Innovationsmanagements

Weitere Informationen finden Sie dazu unter Innovationsmanagement.

Hidden Champions und Innovationsorientierung

Innovation ist das „tägliche Brot“ des Mittelstandes: Der wirtschaftliche Erfolg des industriellen Mittelstandes liegt in seiner Innovationskraft. Zwar fehlt den Firmen oft die finanzielle und personelle Schlagkraft großer Konzerne für anspruchsvolle Forschungsprojekte, aber sie bewegen sich meist in hochinnovativen Nischen, auf spezialisierten Märkten, und punkten durch Flexibilität und Kundennähe. Gerade das macht den Unterschied: Entscheidungen sind marktorientiert und auf nachhaltige, langfristige Entwicklung ausgelegt (Ostthüringer Wirtschaft 2014). In dem Zusammenhang stechen Hidden Champions hervor.

Der Begriff Hidden Champions wurde erstmals 1990 in einer Studie von Hermann Simon verwendet und bezeichnet eine Gruppe von oft relativ unbekannten Unternehmen, die meist inhabergeführt und nicht börsennotiert sind, einen Jahresumsatz von unter drei Milliarden Euro aufweisen, auf den Weltmarkt abzielen und in den jeweiligen Märkten eines der drei Unternehmen mit dem höchsten Marktanteil sind. (…) Die Hidden Champions unter den KMU (bis 249 Beschäftigte) haben eine deutlich höhere Innovationsorientierung als die Gesamtgruppe der KMU. Im Jahr 2012 haben 77 Prozent der Hidden Champions unter den KMU eine Produktinnovation eingeführt (alle KMU: 29 Prozent) (EFI 2016:34).

Bei diesen Analysen konzentrieren sich die viele auf Produktinnovationen, dabei gibt es noch viel mehr Dimensionen, die heute eine wichtige Rolle spielen: Geschäftsfeldinnovationen, Soziale Innovationen, Disruptive Innovationen usw. usw.

Innovationen: Blinde Flecken nutzen

Bei dem Thema “Innovationen” kommt oft die Frage auf, warum die großen Konzerne immer wieder Raum lassen für für Start-ups. Immerhin haben die großen Konzerne einen sehr guten Überblick über Märkte und Kunden, weiterhin haben sie auch die erforderlichen Ressourcen, Ideen in Innovationen zu überführen. Dennoch hat sich Tesla gegen die etablierten Autokonzerne durchgesetzt und ist jetzt mehr Wert (Aktienbewertung) als viele der großen Konzerne zusammen, die in den letzten Jahrzehnen den Markt dominierten.

In den einschlägigen Innovationstheorien und -modellen wird immer wieder auf „Blinde Flecken“ hingewiesen, die große Unternehmen nicht erkennen, bzw. nicht erkennen wollen. „Blinde Flecke“ bieten für Start-ups und KMU große Chancen, die ja auch schon kräftig genutzt werden.

Diese Wahrnehmungshemmung hat möglicherweise auch etwas mit der Ausrichtung vieler Unternehmen auf die sogenannte Kernkompetenz, was zu einer Pfadabhängigkeit führen kann, über die ich in unserem Blog schon häufiger geschrieben habe. Solche Zusammenhänge sollten allen Mut machen die glauben, es ist schon alles auf dem Markt, oder Innovationen können gegen den Widerstand etablierter Größen nicht durchgesetzt werden.: Sapere aude! „Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ (Wahlspruch der Aufklärung).

Eine Gegenüberstellung: Stage-Gate und Agile Entwicklung

Der von Cooper etablierte Stage-Gate-Prozess (PDF) wurde in der Produktentwicklung weltweit als einer der Standards etabliert (Stage-Gate ist ein eingetragenes Warenzeichen). Die folgende Gegenüberstellung zeigt die Schwerpunkte einer Entwicklung nach Stage-Gate und die Schwerpunkte einer Agilen Entwicklung.

Stage-Gate DevelopmentAgile Development
TypeMacroplanningMicroplanning
DomainHardware DevelopmentSoftware Development
PurposeInvestment model for sequential resource allocationTactical model for guiding largely self-managed teams
FocusRisk and qualityLearning and speed
LogicDeterministicStochastic
DirectionalityLargely linearHighly iterative
ScopeIdea to launchDevelopment and testing
OwnerCross-functional team (R&D, marketing, sales, operationsTechnical team (software developers, engineers, project managers)
Customer InvolvementEpisodicContinuous
Paluch, S. (2019:2; erweitert nach Cooper 2016:2)

Betrachtet man die beiden Ansätze als Pole so wird schnell klar, dass es zwischen den beiden Extrempositionen ein Kontinuum an Möglichkeiten gibt, die je nach Anwendungsfall genutzt werden können. Deshalb ist eine der Empfehlungen in dem Paper Paluch, S. et al. (2019:6): “(1) Find the appropriate innovation approach for a given context.” Auch hier wird wieder deutlich, dass hybride Vorgehensweisen jetzt schon Realität sind und in Zukunft noch stärker gefragt sein werden.

Solche Zusammenhänge besprechen wir auch in den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen Projektmanager/in (IHK) und Projektmanager(in AGIL (IHK). Informationen dazu finden Sie auf unserer Lernplattform.

Pyramiding für das Herausfinden von Experten nutzen

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Immer wieder kommt es bei Problemlösungen vor, dass man als Person oder als Team oder als Organisation nicht weiter kommt. Zunächst wird analysiert, wen wir so kennen, oder ob es nicht irgendwelche Informationen dazu im Internet gibt. Es geht um Empfehlungen von Experten, die dann im Ranking “nach oben” rutschen. Etwas wissenschaftlicher ausgedrückt, handelt es sich dabei um eine Art von pyramiding.

Pyramiding search is a variant of snowballing – but with an important difference. Pyramiding requires that people having a strong interest in a given attribute or quality, for example a particular type of expertise, will tend to know of people who know more about and/or have more of that attribute than they themselves do (von Hippel et al 1999)”. zitiert von von Hippel/Franke/Prügl 2009).

Personen mit einer bestimmten Expertise herauszufinden ist nach den Autoren auch kostengünstiger als eine Screening Methode: “Thus, the cost per lead user identified via the pyramiding procedure in this real world case was $1,500 – 15% of the cost of the screener method” (ebd). Beispielhaft wird das Paramyding beim Herausfinden von Lead User beschrieben, die mit Hilfe vorbereiteter Interviews analysiert werden konnten.

Warm sollte das Pyramiding auf den Innovationsprozess beschränkt sein, und nicht auch für das Kompetenzmanagement oder Wissensmanagement eingesetzt werden? Mit Hilfe moderner Technologien wäre das sogar in Echtzeit und in verschiedenen Kontexten (Domänen) möglich.

Wie hängen Nebenfolgen, Pfadabhängigkeit und Innovation zusammen?

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Ulrich Beck hat in seinen Überlegungen zu einer Risikogesellschaft, und letztendlich zur Reflexiven Modernisierung, darauf hingewiesen, dass die in der klassischen Risikobewertung wenig beachteten Nebenfolgen deutliche Wirkungen zeigen: „Nebenfolgen entwerten Kapital, zerstören Vertrauen, lassen Märkte zusammenbrechen…“ (Beck 1996:54, zitiert in Ortmann 2009:11). Ortmann wiederum sieht in der Verkettung von Nebenfolgen gefährliche Pfadabhängigkeiten.

Pfadabhängigkeit’ heißt ja: Prozesse sind nicht durch unsere Entscheidungen und Pläne zu determinieren, sondern nehmen ihren erst Schritt für Schritt näher bestimmten Verlauf in einem spezifischen Wechsel von Kontingenz und Notwendigkeit – in Folge von lauter intendierten und nicht-intendierten Effekten, schließlich in Folge von Selbstverstärkungseffekten, vor denen sich die Entscheidungsgewalt der Entscheider vollends blamiert (Ortmann 2009:11).

Interessant dabei ist, dass diese Theorie der Pfadabhängigkeit im Innovationsmanagement schon lange beachtet wird. Beispielsweise kann die Ausrichtung auf Kernkompetenzen solche (intendierten und nicht-intendierten) Nebenfolgen) haben und Innovationen blockieren.

Siehe dazu auch Freund, R.; Tisgkas, A. (2007): How to improve Customer Interaction through the concept of Multiple Competences. 4th Worldconference on Mass Customization and Personalization MCPC2007, 07.-10.10.2007, MIT Cambridge/Boston, USA (Veröffentlichungen).

Demokratisierung von Wissen durch von Amateuren betriebene Wissensseiten

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Das Wissen von Gelehrten oder auch das Wissen von Experten wird immer mehr abgelöst durch das Wissen von vielen Amateuren, die über moderne Technologie gemeinsam Wissensseiten wie Wikipedia betreiben.

„Die Gelehrtenrepublik des 18. Jahrhunderts, die sich in eine professionelle Bildungsrepublik verwandelt hatte, öffnet sich heute den wahren Amateuren: den Bildungsfreunden unter den Bürgern dieser Welt. Offenheit, soweit das Auge reicht, ermöglicht durch ‚frei zugängliche’ Informationsplattformen wie Open Content Alliance, Open Knowledge Commons, Open CourseWare und Internet Archive, in denen digitalisierte Artikel gratis zur Verfügung gestellt werden, sowie durch Wikipedia und andere von  Amateuren betriebene Wissensseiten. Die Demokratisierung des Wissens scheint in Reichweite. Das Ideal der Aufklärung könnte bald Wirklichkeit werden.“(Münker 2009:103) Zitiert aus Robert Darnton, „Im Besitz des Wissens. Von der Gelehrtenrepublik des 18. Jahrhunderts zum digitalen Google-Monopol“, in: Le monde diplomatique, April 2009, S. 13. (Darnton weist übrigens in seiner insgesamt positiven Einschätzung der entstehenden digitalen Weltbibliothek auch auf die potentielle Gefahr hin, die hier vom Monopolisten Google, der hinter der Digitalisierung steht und an der Bibliothek verdienen will, ausgeht) (Münker 2009:142).

Interessant ist hier, dass auch Eric von Hippel von der Demokratisierung von Innovation spricht: Democratizing Innovation. Die Demokratisierung von Wissen führt somit zwangsläufig auch zur Demokratisierung von Innovationen, die für Organisationen, aber auch gesellschaftlich relevant sind. Siehe dazu auch von Democratizing Innovation zu Free Innovation.

Open Innovation und Open Evaluation

Im Innovationsmanagement sind Ideenwettbewerbe ein wichtiges Element für die erste Stufe des Innovationsprozesses. Dieser kann geschlossen (Closed Innovation) oder offen sein (Open Innovation). Wenn es zu vielen Ideen oder innovativer Konzepte gibt, müssen diese IT-gestützt analysiert und bewertet werden. Diese Vorgehensweise wird als Open Evaluation bezeichnet.

Unter Open Evaluation subsumieren wir daher die Bewertung und/oder Kommentierung von Lösungsvorschlägen unterschiedlichen Ausarbeitungsgrads im Rahmen von Innovationsaktivitäten durch Personen, die nicht regulär zum Personenkreis der Entscheider gehören (Möslein/Haller/Bullinger 2010:6).

Dabei gehen die Autoren allerdings nur von der Perspektive auf Open Innovation aus, die von Chesbrough (2006) beschrieben wurde, und damit Open Innovation auf Organisationen anwendet.

Kunden und externe Partner stellen eine wichtige Informationsquelle für neue Produkt- und Dienstleistungskonzepte dar. Ihre aktive Einbindung in den Innovationsprozess wird als „Open Innovation“ bezeichnet (Möslein(Haller/Bullinger 2020:2).

Es wäre interessant zu erfahren, wie Open Evaluation genutzt werden könnte, um Ideen oder Ideen-Konzepte zu bewerten, die eher aus dem von Eric von Hippel beschriebenen Bottom-Up-Ansatz zu Open Innovation ausgehen.

Siehe dazu auch Freund, R. (2010): How to Overcome the Barriers between Economy and Sociology with Open Innovation, Open Evaluation and Crowdfunding? In: International Journal of Industrial Engineering and Management (IJIEM), Vol.1 No 3, 2010, pp. 105 – 109. Paper first published in Proceedings of the 4th International Conference on  Mass Customization and Open Innovation in Central Europe (MCP-CE 2010).