Versuch einer Einordnung: Menschliche Intelligenz, Hybride Intelligenz, Künstliche Intelligenz

Artificial Intelligence in relation to human intelligence (Hossein Jarrahi et al. 2022, https://doi.org/10.1177/20539517221142824

Der Begriff “Intelligenz” wird in der aktuellen Diskussion um Künstliche Intelligenz (Artificial Intelligence) immer wichtiger. Dabei gibt es oft zwei Argumentations-Pole, die sich scheinbar unüberbrückbar gegenüberstehen:

Zunächst ist da der Standpunkt, dass Künstliche Intelligenz (Technologie) in Zukunft auch die Menschliche Intelligenz umfassen wird. Demgegenüber gibt es die Perspektive, dass die Menschliche Intelligenz Elemente enthält, die (noch) nicht von Technologie (Künstlicher Intelligenz) ersetzt werden kann.

In der Zwischenzeit setzt sich – wie so oft – immer stärker die Auffassung durch, dass es durchaus Sinn machen kann, eine Art Hybride Intelligenz zu thematisieren, also eine Art Schnittmenge zwischen Menschlicher und Künstlicher Intelligenz. In der Abbildung ist diese Sicht auf Intelligenz dargestellt.

“Put simply, humans possess “general intelligence” in being able to comprehend and analyze various situations and stimuli, to ideate, create and imagine. The intelligence projected by AI systems is predominantly task-centered (Narayanan and Kapoor, 2022)” (Hossein Jarrahi et al. 2022).

Ergänzen möchte ich an dieser Stelle, dass hier der Begriff “general intelligence” bei der Menschlichen Intelligenz wohl auf den Intelligenz-Quotienten verweist, der allerdings in der Gesamtdiskussion wenig hilfreich erscheint. In dem Beitrag OpenAI Model “o1” hat einen IQ von 120 – ein Kategorienfehler? wird deutlich, dass aktuelle KI-Modelle schon locker entsprechende Intelligenz-Tests bestehen.

Meines Erachtens scheint es immer wichtiger zu sein, das Verständnis der Menschlichen Intelligenz im Sinne von Multiplen Intelligenzen nach Howard Gardner zu erweitern Dieses Verständnis hätte eine bessere Passung zu der aktuellen Entwicklung.

Siehe dazu auch Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk.

Hybride Intelligenz: Zusammenspiel von Mensch, Maschine und Künstlicher Intelligenz

Wenn es um zu lösende Probleme in einem beruflichen Umfeld geht, so gibt es dabei sehr viele einzelne Aufgaben, die im Zusammenspiel von Menschen, Maschinen und Künstlicher Intelligenz gelöst werden können. Welche “Konfiguration” dabei angemessen erscheint, ist Abhängig vom Kontext, dem Task (Aufgabe) und den vorhandenen Problemlösungspotentialen. An dieser Stelle kommt der Begriff Hybride Intelligenz ins Spiel.

“Dellermann, Ebel, Söllner und Leimeister (2019: 638) definieren hybride Intelligenz als die Fähigkeit, komplexe Ziele durch die Kombination menschlicher und künstlicher Intelligenz zu erreichen, kontinuierlich voneinander zu lernen und dabei Ergebnisse zu produzieren, die über das hinaus gehen, was KI oder Mensch allein hätten erreichen können. Nicht immer lässt sich hierbei trennscharf zwischen Automation und Augmentation unterscheiden (Raisch & Krakowski, 2021). Der Grad der Automation bzw. Augmentation hängt immer individuell von der jeweiligen zu lösenden Aufgabe ab” (Piller et al. 2024, in Koller et al. 2024: Die Zukunft der Grenzenlosen Unternehmung).

Was allerdings unter “Menschlicher Intelligenz” verstanden wird, ist dabei nicht weiter erläutert. Ich gehe daher davon aus, dass von dem bekannten Intelligenzquotienten (IQ) ausgegangen wird, der sich in einer Zahl manifestiert. Dass das im Zusammenhang mit den Entwicklungen bei der Künstlichen Intelligenz kritisch sein kann, wird in dem Blogbeitrag OpenAI Model “o1” hat einen IQ von 120 – ein Kategorienfehler? deutlich.

Wenn wir weiterhin beachten, dass auch der Intelligenz-Begriff erweitert werden sollte, können wir möglicherweise auch von einer Multiplen Künstlichen Intelligenz sprechen. Siehe dazu auch Multiple Artificial Intelligences (MAI) statt Artificial General Intelligence (AGI)?