Was können Organisationen vom Orpheus Chamber Orchestra lernen?

Quelle: https://orpheusnyc.org/education-community/orpheus-leadership-institute

Wenn wir an Orchester denken, sehen wir einen Dirigenten und Musiker, bei denen die Rollen hierarchisch klar getrennt sind. Der Dirigent bestimmt (fast) alles und die Musiker versuchen, den Anforderungen gerecht zu werden. Falls ein Ton oder das Zusammenspiel nicht genau passt, korrigiert der Dirigent.

Als es noch keine großen Symphonieorchester gab, organisierten sich die Musiker z.B. in kleinen Kammerorchestern, durchaus selbst (Selbstorganisation).

Aufbauend auf dieser Tradition gab es auch bei größeren Ensembles in der Vergangenheit Entwicklungen, die Selbstorganisation bei Orchestern auch auf größere Einheiten zu übertragen. Ein Beispiel dafür ist das Orpheus Chamber Orchestra, das seit seiner Gründung im Jahr 1972 diesen etwas anderen Weg geht: Das Orchester setzt mehr auf Kollaboration und weniger auf einen (klassischen) Dirigenten. Dabei gibt es allerdings einige Prinzipien, die beachtet werden sollten:

(1) Denen Macht geben, die die Arbeit erledigen. (…)
(2) Ermutigen zu persönlicher Verantwortung. (…)
(3) Rollen klar definieren. (…)
(4) Führungsbefugnis aufteilen und rotierend zuordnen. (…)
(5) Die Zusammenarbeit auf einzelnen Ebenen fördern. (…)
(6) Zuhören lernen und reden lernen. (…)
(7) Konsens suchen (und ein kreatives Umfeld schaffen, das den Konsens fördert). (…)
(8) Leidenschaftliche Hingabe an die Arbeit.
Quelle: Seifter, H.; Economy, P. (2001:34-35): Das virtuose Unternehmen. Aktivieren Sie das Potenzial Ihrer Mitarbeiter mit der Methode des Orpheus Chamber Orchestra, des einzigen dirigentenlosen Orchester.

Durch die Veränderungen in unserem Umfeld (VUCA), haben auch größere Unternehmen gemerkt, dass eine fremdorganisierte hierarchische Organisationsstruktur nicht mehr angemessen ist . Mehr Selbstorganisation ist hier auch die Antwort auf mehr Komplexität.

Es war daher nicht verwunderlich, dass immer mehr Unternehmen bei dem Orpheus Chamber Orchestra nachgefragt haben, welche Erfahrungen sie gemacht haben. Daraus ist dann sogar das Orpheus Leadership Institute entstanden.

“Orpheus provides a unique perspective on the practice of leadership that can unlock creativity, agility, and collaboration at your organization” (Qrpheus Leadership Institute).

Solche Zusammenhänge thematisieren wir auch in den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen Projektmanager/in (IHK) und Projektmanager/in AGIL (IHK). Informationen dazu, und zu aktuellen Terminen, finden Sie auf unserer Lernplattform.

Kooperation und Kollaboration: Welche Unterschiede gibt es?

Das Umfeld von Organisationen wird immer turbulenter und vernetzter. Durch Technologien wie die Digitalisierung (Künstliche Intelligenz) ergeben sich sozio-technische Systeme, die mehr Kollaboration erfordern. Siehe dazu auch Digitalisierung und die Wiederentdeckung soziotechnischer Ansätze. Dabei sollte Kollaboration von Kooperation abgegrenzt werden. Die folgende Tabelle zeigt einige wichtige Unterschiede der beiden Begriffe auf.

KooperationKollaboration
Ziel“Einer gibt vor”“Wird gemeinsam definiert”
ModusHierarchie/MarktVertrauen
Leitmotiv“ja nicht zu viel machen”“gemeinsam mehr erzeugen”
Quelle: Ziegler/Heidling (2022); Impulse aus dem BMBF-Projekt HyValue

Gerade der Modus “Vertrauen” ist schwer umzusetzen, da in den klassischen Organisationen eher der Slogan “Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser” stark im Mindset verankert ist. Hervorgehoben wird von den beiden Autoren, daher dass “Kollaboration im Wertschöpfungssystem eine sozialwissenschaftliche Perspektive” bedarf. Das liegt wohl auch daran, dass die Sozialwissenschaften die auftretende Soziale Komplexität gut beschreiben können. Es wundert somit nicht, dass Führung heute sozialwissenschaftliche Expertise benötigt.

Solche Zusammenhänge thematisieren wir auch in den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen, die wir an verschiedenen Standorten anbieten. Informationen zu unseren Blended Learning Lehrgängen und zu aktuellen Terminen finden Sie auf unserer Lernplattform.

Karrierewege in der Linienorganisation und in der Projektorganisation

Eigene Darstellung

In der klassischen Aufbauorganisation (Linienorganisation) gibt es häufig differenzierte Karriereebenen. Das fängt beim Gruppenleiter an, geht über den Abteilungsleiter und Bereichsleiter bis zum Divisionsleiter. In der Projektorganisation starten viele zunächst als Teil-Projektleiter oder Projektmanager, werden dann Senior Project Manager, dann möglicherweise Project Director / Programm-Manager und schließlich Chief Project Officer (CPO) / Projektportfolio-Manager.

Die beiden dargestellten Stränge können strikt parallel laufen, doch gibt es auch die Möglichkeit, sich im Sinne eines Spiralmodells “nach oben” zu entwickeln (Karrierewege). Beispielsweise beginnt jemand als Projektmanager, wechselt dann als Abteilungsleiter wieder in die Linie, wird dann zum Senior Project Manager usw.. Diese Art einer Diffusion (Durchlässigkeit) zwischen Linien- und Projektorganisation kann für Mitarbeiter durchaus attraktiv sein.

Solche Zusammenhänge thematisieren wir auch in den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen Projektmanager/in (IHK) und Projektmanager/in AGIL (IHK). Informationen dazu, und zu aktuellen Terminen, finden Sie auf unserer Lernplattform.

Führt das Arbeiten nach dem Scrum Guide zu einer neuen Bürokratie?

Einige von Ihnen werden bei der Frage mit der Stirn runzeln, da agile Arbeitsformen – wie z.B. nach dem Scrum Guide – ja zu weniger bürokratischen Arbeitsformen führen soll. Dennoch ist es nicht uninteressant, sich zunächst einmal klar zu machen, was wir unter “Bürokratie” verstehen. Nach Max Weber ist dieser Begriff kein Modell, sondern beschreibt die Bürokratie, wie er sie vorgefunden hat. Danach sind die sechs wichtigsten Kriterien

a) die Regelung von Kompetenzen,
(b) die Hierarchie,
(c) die schriftliche Aktenführung,
(d) die fachliche Schulung der Mitarbeiter,
(e) die hauptamtliche Erfüllung eins Berufs und
(f) die Befolgung von Regeln gemäß einer Kunstlehre in Form einer Betriebswirtschafts- oder Verwaltungslehre (Weber 1990:551f.; zitiert in Baecker 2022).

An dieser Stelle möchte ich folgende interessante Fragestellung wiedergeben:

“Was mich im Folgenden interessiert, ist die Frage, ob Formen des agilen Managements immer noch als Formen (a) der Ausübung einer legalen Herrschaft, (b) einer Bürokratie und (c) einer schriftlichen Amtsführung durch Akten verstanden werden können” Baecker, D. (2022:4).

In seinem Manuskript zum Vortrag auf der Tagung „Akten“, Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport –– Sektion III, Wien, 17.–19. November 2022 hat Dirk Baeker diese genannten Punkte thematisiert. Speziell geht der Autor auf Scrum ein, und kommt zu einem überraschenden Zwischenfazit:

“Dieselbe Logik wiederholt sich für die Sprint-Backlogs, so dass wir es bei der Scrum Methode mit einem mustergültigen Prozess der schriftlichen Aktenführung zu tun haben” (ebd. S. 8).

Baecker schließt aus seiner ersten Analyse, dass das Agile Management durchaus alle 6 Kriterien einer Bürokratie erfüllt, doch ist beim Agilen Management der Punkt “Hierarchie” nicht mehr eine Perspektive von “Oben/Unten”, sondern von “Außen/Innen” (vgl. ebd. S. 9). Diese neue Dimension führt zu vielen neuen organisatorischen Möglichkeiten, die natürlich heute digital mit Tools – oder besser: Kollaborationsplattformen – unterstützt werden.

“Und doch ist es nicht die Elektronik, die als gesellschaftliche Ordnungsfigur an die Stelle der Hierarchie tritt, sondern das Wissen um ein deliberativ-rekursives Verfahren der Abstimmung in einem präzise definierten und überwachten Kreis von Teilnehmern” (ebd. S. 12).

Kommen wir wieder auf die in der Überschrift gestellte Frage zurück. Die Antwort darauf lautet somit, ja, das Arbeiten nach dem Scrum Guide führt zu einer Neuen Bürokratie, im positiven Sinne.

Solche Zusammenhänge thematisieren wir auch in den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen Projektmanager/in (IHK) und Projektmanager/in AGIL (IHK). Informationen dazu, und zu aktuellen Terminen, finden Sie auf unserer Lernplattform.