Hybridisierung von Kompetenzen: Kompetenzmanagement in Zeiten von Künstlicher Intelligenz

Traditionelles Kompetenzmanagement betrachtet Kompetenzen im Sinne von Selbstorganisationsdispositionen auf der Ebene des Individuums, der Gruppe, einer Organisation und Netzwerken. Dabei werden oftmals Fachkompetenz, Methodenkompetenz und Sozialkompetenz unterschieden. In Verbindung mit den neuen Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz erscheint dieser Ansatz zu starr und wenig dynamisch zu sein.

“Eine zentrale Herausforderung besteht darin, dass wir es mit einer Hybridisierung von Kompetenzen zu tun haben. Dieser Begriff bezieht sich auf die Verflechtung von technisch orientierten und menschlich orientierten Fähigkeiten. Im Kontext von KI bedeutet das, dass Mitarbeiter nicht nur technische Kenntnisse in Bereichen wie Datenanalyse oder KI-Programmierung haben müssen, sondern auch menschliche Kompetenzen, wie z. B. Kreativität, kritisches Denken oder zwischenmenschliche Fähigkeiten, um effektiv mit KI-Systemen zu interagieren und zu arbeiten. Darüber hinaus beinhaltet ein zukunftsweisendes Kompetenzmodell die Berücksichtigung von transversalen Kompetenzen. Transversale Kompetenzen sind solche, die über verschiedene Aufgabenbereiche und Themenfelder hinweg relevant sind. Sie sind nicht auf einen spezifischen Kontext beschränkt, sondern übertragen sich auf eine Vielzahl von Situationen und Herausforderungen. Dies könnte Kommunikation, Problemlösung oder strategisches Denken beinhalten” (Reinhardt, K., Feseker, A. (2024) in: Bernert et al. (Hrsg.) (2024): KI im Projektmanagement.

Die Autoren haben dabei ein “6C-Modell für KI-Projektmanagement” entwickelt und in dem Beitrag ausführlich dargestellt. Es ist spannend zu beobachten, wie sich Kompetenzmanagement in Zeiten der Künstlichen Intelligenz weiterentwickelt. Siehe dazu auch Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk.

Vom T-Shaped Manager zum X-Shaped Manager

Der Fachmann, die Fachfrau, sind bekannt durch seine/ihre fachlichen Kompetenzen. Die fachliche Tiefe wird oft wie ein “I” symbolisiert. Um anzudeuten, dass es zusätzlich auch auf etwas breitere fachliche Kompetenzen ankommt, wird als Symbol ein “T” verwendet. In der Zwischenzeit wird allerdings davon ausgegangen, dass eine zusätzliche “cross-funktionale Komponente” zur Bewältigung komplexer Probleme/Projekte erforderlich ist.

“Beim »T-Shaped Manager« symbolisiert das «T« als Metapher die fachliche Befähigung (vertikal als fachliche Spezialisierung) in Kombination mit der Bereitschaft und Fähigkeit zur interdisziplinären Zusammenarbeit (horizontal im Sinne eines Generalisten für die fachübergreifende Orientierung). Aufbauend darauf soll das »X« die (zusätzliche) cross-funktionale Orientierung für die Vernetzung symbolisieren. Diese wird als Befähigung des Akteurs zum Management komplexer und interorganisatorischer Netzwerkstrukturen verstanden – in Analogie zur fluiden Organisation als »nicht-struktur-fokussierte« Orientierung. Das »X« bricht mit der veralteten (und häufig statischen) Denkweise der zweidimensionalen Differenzierung in Spezialisten und Generalisten. Es zählt zukünftig die Fähigkeit zur Übertragung und Anwendung von Wissen in sich ständig wandelnde neue Systemumgebungen und mehrdimensionale Kontextdimensionen. Hierzu bedarf es der Bereitschaft und des Könnens zur Ausübung disziplinenübergreifender »Netzwerk-Rollen« mit einem sich kontinuierlich wandelnden Anforderungsportfolio einer fluiden Organisation” (Weßels 2014:84-85).

Im agilen Umfeld wird häufig auf T-Shaped Skills, und auf von cross-funktionale Teams hingewiesen. Dass die jeweiligen Personen selbst cross-funktionale Orientierungen für die Vernetzung haben sollten, ist häufig nicht thematisiert.

Solche Zusammenhänge besprechen wir auch in dem von uns entwickelten Blended Learning Lehrgang Projektmanager/in Agil (IHK).

Was ist unter einer “Kompetenzfalle” bei der Teamarbeit zu verstehen?

Teams, und gerade Projektteams, werden oft danach zusammengestellt, welche fachlichen Kompetenzen erforderlich sind, um das komplexe Problem zu lösen. Für Start-ups haben Hölzner und Wallner aufgezeigt, dass es dabei zu einer Kompetenzfalle kommen kann.

Je innovativer die Idee ist, desto größer der Spagat zwischen Offenheit für Anregungen von außen und der Unbeirrbarkeit auf dem Weg zum Erfolg. Paradoxerweise fällt es exzellenten Teams, die sich aus ExpertInnen mit enger fachlicher Verbindung zusammensetzen, besonders schwer, sich für Feedback von außen zu öffnen. Denn die einzelnen Teammitglieder sind sich oft zu einig und kommen zu schnell zu gleichen Schlüssen. Dadurch entsteht eine selbstreferenzielle Bestätigung der Meinungen im Team, die ein Durchdringen des Feedbacks von außen erschwert (Hölzner/Wallner 2020:16, Projektmanagement Aktuell 31. Jahrgang, Beiheft 04/2020).

Darüber hinaus kann es in solchen Teams auch zu einer Harmoniefalle, einer Konfliktfalle und einer Konsensfalle kommen. Die Autoren schlagen daher vor, die verschiedenen Situationsbeschreibungen gemeinsam zu reflektieren, und als Lernchancen zu deuten.

In den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen Projektmanager/in (IHK) und Projektmanager/in AGIL (IHK) gehen wir auf solche Zusammenhänge ein. Informationen zu den Lehrgängen finden Sie auf unserer Lernplattform.