Die Broschüre iD2010: Informationsgesellschaft Deutschland 2010 (Stand: November 2006) zeigt deutlich auf, dass die Informations- und Kommunikations-Technologie (IKT) eine wichtige Voraussetzung für wissensbasierte Strukturen ist (Unternehmen, Regionen, Länder, …). Betrachtet man die Wissenstreppe so wird deutlich, dass es noch ein weiter Weg ist, von der hier propagierten Informationsgesellschaft zur Wissensgesellschaft, die von der Bundesregierung im Hauptprogramm für die Wissensgesellschaft (Stand März 2002) skizziert wurde. Es ist zu empfehlen, alle Bereiche der Wissenstreppe im Auge zu behalten, und gerade auf die Übergänge zu achten…
Wilkesmann, M.; Wilkesmann, U.; Rascher, I.; Kopp, R.; Heisig, P. (2007): Wissensmanagement-Barometer
In der Studie Wissensmanagement-Barometer geht es um den Vergleich des IT-gestützten Wissensmanagements in verschiedenen Ländern. Die länderspezifischen Vergleiche bieten einen guten Überblick über den keweiligen Stand der Umsetzung im Vergleich zu Deutschland. Zusammenfassend werden folgende Punkte auf Seite 94 festgehalten:
- Menschliche und organisatorische Rahmenbedingungen werden in den meisten Ländern als relevant eingestuft, jedoch kaum umgesetzt (Soll/Ist-Differenz).
- IT-Tools zum Wissensmanagement sind in Deutschland sehr ausgereift, aber im Vergleich zu anderen westlichen Industrieländern nur mittelmäßig verbreitet.
- Neuere Kontrollinstrumente (Wissensbilanzen, Zielvereinbarungen) spielen in Deutschland eine vergleichsweise große Rolle.
- Beim Verhältnis von Mensch-Technik-Organisation ist der Faktor Mensch vergleichsweise gering ausgeprägt.
Es gibt also schon gute Ansätze, dennoch sollte der Mensch aus meiner Sicht noch stärker bei der Umsetzung von Wissensmanagement-Konzepten in den Mittelpunkt der Überlegungen gestellt werden.
Internes Wissen kennen, bewerten und als “Kooperationswährung” einbringen
Der Chefökonom der Deutschen Bank (Norbert Walter) schreibt heute in der Welt am Sonntag. Unter der Überschrift Glück auf, Deutschland findet man folgenden interessanten Abschnitt: “Für den einzelnen mittelständischen Unternehmer mag etwa die Entwicklung neuer, umfangreicher Wasseraufbereitungssysteme oft finanziell zu riskant, die Wissensanforderungen zu breit sein. In einem gemeinsamen Projekt mit anderen Spezialisten können jedoch beide Hürden überwunden werden. Und das gelingt umso besser, je genauer jeder Teilnehmer sein internes Wissen kennt und bewertet, um es als ´Kooperationswährung” in ein gemeinsames Projekt einzubringen. Eine solche Projektwirtschaft bringt jene Teams hervor, die das schier Unmögliche – wie die Weltumrundung mit dem solarbetriebenen Flugzeug – schaffen. Glück auf, Deutschland!” Es ist schön, dass auch Banker erkennen, dass das Wissen in mittelständischen Unternehmen stärker berücksichtigt werden muss – von den Unternehmen, aber auch von den Bankern selbst…
Deutschland führend in der Kompetenzdebatte? Wen interessiert das?
Die Kompetenzdebatte hat sich über die letzten Jahrzehnte ziemlich weiterentwickelt. Ich habe oftmals den Eindruck, als ob viele den Begriff “Kompetenz” nicht mehr hören können, was ich durchaus verstehen kann. Der Begriff hat eine wechselvolle Geschichte und steht heute wieder im Mittelpunkt vieler Diskussionen. Dabei kann man schön sehen/lesen/hören, dass oftmals von ganz unterschiedlichen Konstrukten ausgegangen wird – dennoch wird heiß diskutiert – und diskutiert doch oftmals aneinander vorbei. In Deutschland haben wir den unschätzbaren Vorteil, dass mit dem QUEM-Projekt eine solide Basis für die weitere Entwicklung der Kompetenzdebatte gelegt wurde. Ausgehen von den Überlegungen John Erpenbeck´s kann man die vielfältigen Möglichkeiten des heutigen Ansatzes Nutzen. In einem Vortrag am 15.11.2006 in Frankfurt/Main sagte Erpenbeck, dass Deutschland in der Kompetenzdebatte führend ist – und ich darf anmerken: Keiner merkt es. Beeindruckend.
Innovationsindikator Deutschland 2006
Der Innovationsindikator Deutschland 2006 zeigt (wieder einmal) auf, wo wir unsere Stärken (Markterfolge mit Produkten der Hochtechnologie usw.), aber auch, wo wir unsere Schwächen (u. a. Bildung) haben. Dass gerade in Zeiten eines stärker werdenden Wissenswettbewerbs Lernprozesse im Mittelpunkt stehen sollten, liegt auf der Hand. Allerdings habe ich oftmals den Eindruck, als ob alle Akteure unter dem Begriff Bildung etwas anderes verstehen. Bildung im Kontext einer Industriegesellschaft bedeutet etwas anderes als Bildung in einer stärker wissensbasierten Gesellschaft. Es wäre daher besser, den Bildungsbegriff aus der Diskussion zu nehmen und stärker von (selbstorganiserten) Lernprozessen zu sprechen. Leider haben das viele Entscheidungsträger noch nicht verinnerlicht und geben daher auf neue Fragen alte Antworten. Siehe dazu auch Bildung neu denken.
Deutschland hat große Stärken: Interview mit Klaus Kretschmann, Chefvolkswirt der EU (DIE WELT vom 09.10.2006)
In dem Interview mit Klaus Kretschmann, Chefvolkswirt der EU, werden neben den bekannten Schwächen auch die hervorragenden Stärken von Deutschland benannt: “Deutschland hat große Stärken. Auf dem europäischen Innovationsindex gehört Deutschland mit Blick auf die Schaffung und Umsetzung von Wissen zu den führenden vier Ländern (…). Die Aktivierung von Wissen durch Forschung, Ausbildung und Unternehmertum ist unsere einzige Chance. Europas Zukunft liegt in der Wissensökonomie.”
Diese Hinweise auf die Wissensökonomie können nicht oft genug wiederholt werden. In einer Wissensökonomie kommt den Lernprozessen im Bildungswesen, in den Unternehmen, aber auch im privaten Bereich eine bedeutende Rolle zu: Lernen ist der Prozess und Wissen das Ergebnis (nach Willke). Dabei sollte Lernen nicht mehr als Anhäufung von Faktenwissen interpretiert werden, sondern eher als Kompetenzentwicklung im Sinne einer verbesserten Sebstorganisationsdisposition. Meines Erachtens werden diese Zusammenhänge viel zu wenig beachtet und damit wertvolles Potenzial vergeudet.
Bildung auf einen Blick: OECD-Indikatoren – Ausgabe 2006
Die Zusammenfassung der OECD-Studie zeigt wieder einmal auf, dass Deutschland noch immer in der “Industriedenke” verhaftet ist, und andere Länder uns auf dem Weg in eine wissensbasierte Gesellschaft links und rechts überholen. Wann wird man verstehen, dass die Mechanismen der Massenproduktion in einer wissensbasierten Gesellschaft nicht mehr funktionieren? In der Zusammenfassung der OECD finden sich z.B. folgende Statements:
- Klassengröße: Kleiner nicht immer besser
Warum diskutieren dann immer noch so viele Bildungspolitiker darüber, ob die Relation zwischen Anzahl der Lehrer in Bezug zu den Schülern stimmt?
- Bildungsinvestitionen: Sie bringen hohe gesamtwirtschaftliche und individuelle Erträge
In einer industriell geprägte Welt mit ihrer speziellen Denkweise waren Bildung und Weiterbildung Kostenfaktoiren, die es zu minimieren galt. In der wissensbasierten Gesellschaft ist eine wissensbasierte Bildung (!), gesamtwirtschaftlich gesehen, lebensnotwendig. Viele private Unternehmen reagieren darauf seihr pragmatisch: Sie gründen eigene Akademien, Universitäten usw. Lassen wir die Politiker einfach debattieren – wen interessiert es noch?