Von “Märkte als Ziele” zu “Märkte als Foren”

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Es wird in unterschiedlichen Zusammenhängen (Kontexten) immer wieder von “dem Markt” gesprochen/geschrieben, der das Ziel aller Unternehmensaktivitäten sein soll. Das hört sich an, als ob “der Markt” ein relativ homogenes “Gebilde” ist, doch “der Markt” ist sehr differenziert. Weiterhin sind die verschiedenen Akteure immer stärker vernetzt (technologisch, räumlich, zeitlich usw.) und haben Rückkopplungen untereinander. Ramaswar und Prahalad haben daher vorgeschlagen, “Märkte als Foren” zu sehen.

“Market is no longer a target, it is more a forum (Prahalad and Ramaswamy 2004) to “tap into the knowledge of participants in the social ecosystem to create a freer flow of information, engage people more wholeheartedly, and enable richer, fuller stakeholder interactions” (Ramaswamy and Gouillart 2010). Further, in such a complex system knowledge is unevenly distributed (Hayek 1945) and the direction of flows of knowledge and information cannot be predetermined (Ramaswamy and Ozcan 2014)” (Freund, R. 2017).

Es ist somit nicht, oder nur bedingt, möglich, Wissensflüsse in solchen Foren (Marktplätzen) gezielt vorauszusagen. In Unternehmen möchte man allerdings gerne, den Wissensfluss so organisieren, dass ein bestimmtes Ergebnis (meistens ein Gewinn für das Unternehmen) herauskommt. Die Schwierigkeiten so vorzugehen haben viele Unternehmen erkannt, und öffnen ihre Innovationsgrenzen. Diese Entwicklung hat Chesbrough als Open Innovation bezeichnet. Dabei bezieht er sich ausdrücklich auf Unternehmen mit ihrem Geschäftsmodell.

Betrachten wir allerdings die oben genannten Charakteristika von Foren und den damit verbundenen Wissensflüssen müssen Innovationen nicht zwangsläufig nicht nur von Unternehmen ausgehen, sondern können in der Vernetzung von allen möglichen Foren-Teilnehmern geschehen. Ein so verstandenes Open User Innovation wird von Eric von Hippel propagiert.

Solche Bottom-up-Innovationen tauchen allerdings immer noch nicht in den offiziellen Innovations-Statistiken auf. Es ist vorstellbar, dass diese Art von Innovationen mit Hilfe neuer Technologien (Künstliche Intelligenz, Additive Manufacturing, Open Source, Maker-Bewegung usw.) in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnt. Unternehmen sollten diese Entwicklungen frühzeitig adaptieren.

Wissensmanagement Bottom-Up: Was ist darunter zu verstehen?

Der Umgang mit Wissen kann in Organisationen unterschiedlich unterstützt werden. Beispielsweise kann es von der Geschäftsführung angestoßene Initiativen (Top-Down) geben, die oftmals ein Geschäftsorientiertes Wissensmanagement beinhalten. Diese Ansätze können auch durch Initiativen “von unten”, also Bottom-Up, erfolgen. Ein gutes Beispiel dafür ist die eigene Entwicklung von Inhalten oder sogar Kursen aus der täglichen Arbeit heraus.

“Entwicklung von Lernkursen und Medien durch die Lernarchitekt*innen, die Lernbegleitenden und die Lernenden selbst (Wissensmanagement bottom-up)

> Entwicklung von Lehrgängen mit allen erforderlichen Elementen.

> Automatisierte Erstellung von Case Studies, Videos und Podcasts auf Basis von vorgegebenen Texten.

> Automatisierte Erstellung von Grafiken, Videos, Podcasts, interaktiven Elementen, Simulationen.

(vgl. Meyer (2023), zitiert in Edelkraut, F.; Sauter, W. (2024): Future-Skills-Training. Das Kuratierte Dossier vol. 6 „Future Skills KM“ March 2024 published by: Gesellschaft für Wissensmanagement e. V.).

Die konkrete Umsetzung kann z.B. mit H5P-generierten Inhalten erfolgen, die in dem Lern-Management-System (LMS) Moodle auf die jeweiligen Bedürfnisse von einzelnen Personen, Projektteams und der ganzen Organisation abgestimmt werden.

Solche Zusammenhänge thematisieren wir auch in den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen, die wir an verschiedenen Standorten anbieten. Informationen zu den Lehrgängen und zu Terminen finden Sie auf unserer Lernplattform.

Kompetenzdiskurs: Top-Down, oder doch besser Bottom-Up?

Der Kompetenzbegriff ist in aller Munde. Manchmal wird wegen den vielen Wortungetümen auch von “Bindestrich-“Kompetenz gesprochen. Insgesamt gibt es in den verschiedenen Diskussionssträngen zwei Richtungen: Top-Down oder Bottom-Up?

“Die Analyse des Kompetenzdiskurses innerhalb der Arbeitswelt zeigt zwei idealtypische Stränge (vgl. Schecker/Parchmann 2006, Truschkat 2008, Truschkat 2010:71-72): Der strukturell-normative und der individual-dispositive Kompetenzdiskurs. Der strukturell-normative Kompetenzdiskurs leitet die Kompetenzthematik aus der Sicht des Bedarfs des Unternehmens ab, wobei der individual-dispositive Kompetenzdiskurs von der Auseinandersetzung eines jeden Einzelnen mit den gesellschaftlichen und ökonomischen Veränderungen ausgeht. Ein ganzheitliches Kompetenzmanagement sollte beide Perspektiven enthalten und Brücken zwischen den Kompetenzebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk schlagen (vgl. Wilkens 2004, Pawlowsky et al. 2005), denn „gerade hier liegen die Herausforderungen und Defizite in Forschung und Praxis“ (Barthel et al. 2006:339). (…) Obwohl der Brückenschlag eines integrierten Kompetenzmanagements immer deutlicher gefordert wird ist unklar, ob von der Unternehmens- oder der Individualperspektive ausgegangen werden sollte. Dewe (2010:5) schlägt mit Verweis auf Lauf/Wolff (1982) und Geißler/Orthey (2002) vor, die „immanenten Kompetenzmodelle der Handelnden selbst und ihrer Bezugsgruppen zum Ausgangspunkt weiterer Überlegungen zu machen.“ Der bisher eher präskriptiv-normative Ansatz sollte folglich einer primär deskriptiven Perspektive auf das Kompetenzkonstrukt weichen (vgl. Dewe 2005). Das würde allerdings eine Umkehrung der bisher angewandten Vorgehensweise in den Unternehmen darstellen, denn dort werden die Kompetenzanforderungen an Individuen, Gruppen und Netzwerke von den organisationalen Kompetenzen, den Kernkompetenzen (vgl. Prahalad/Hamel 1990), abgeleitet.”

Der Text ist entnommen aus Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk, S. 4-5. Verlag Dr. Kovac. Das Buch ist in der wissenschaftlichen Reihe Wandlungsprozesse in Industrie- und Dienstleistungsberufen und moderne Lernwelten erschienen.

Eine Plattform für die Industrie 4.0

Die Möglichkeiten der industriellen Produktion haben sich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis heute stark verändert. Die Plattform Industrie 4.0 stellt die Entwicklungen in einem Rückblick dar und deutet an, was unter Industrie 4.0 zu verstehen ist. Es geht um eingebettete IKT-Systeme und letztendlich um Cyber Physical Systems. Siehe dazu auch ausführlich den Abschlussbericht zum Thema. Ich frage mich allerdings, ob die hier beschriebene Industrie 4.0 nicht zu sehr aus der Perspektive der Unternehmen gesehen wird, denn der Begriff Fabbers kommt in dem Abschlussbericht nicht vor… Siehe dazu z.B Fab@Home und Freund, R. (2012): Co-creation and Bottom-Up Economy

Freund, R. (2012): Co-Creation and Bottom-Up Economy

In der letzten Zeit wurde ich immer wieder auf meinen Vortrag Freund, R. (2012): Co-Creation and Bottom-Up Economy (PDF) angesprochen, den ich auf der MCP-CE 2012 gehalten habe. Es ging mir darum aufzuzeigen, dass Co-Creation nicht nur von Unternehmen genutzt werden kann, sondern jeden Anwender befähigt, Werte zu schaffen. Diese Entwicklung “von unten” wird noch zu wenig beachtet. Sollten Sie zu meiner Präsentation Fragen haben, so können Sie mich gerne ansprechen. Siehe dazu auch Ein Europa von unten als Gegenmodell zum vorherrschenden Europa von oben, Reflexive Open Innovation.

Ein Europa von unten als Gegenmodell zum vorherrschenden Europa von oben

Die Initiative von Ulrich Beck und Daniel Cohn-Bendit Wir sind Europa! Manifest zur Neugründung Europas von unten hat viele Unterstützer gefunden. Das ist aus meiner Sicht nicht verwunderlich, denn die Zeichen stehen auf Veränderungen, die “von unten” Strukturen infrage und Selbstorganisation in den Mittelpunkt stellen. Um hier nur einige Beispiele zu nennen: In der Debatte um Kernkompetenzen ging es darum, die vom Unternehmen definierten Kernkompetenzen “herunterzubrechen”, statt sich zu fragen: Wie sind diese Kernkompetenzen entstanden (Bottom-Up Approach)? In der Innovationsforschung wird deutlich, dass immer mehr Innovationen von Usern stammen, die mit den neuen Technologien endlich ihre Vorstellungen verwirklichen können (User Innovation). Hinzu kommt, dass auch schon von einer Bottom-Up-Economy geschrieben wird… Nicht zuletzt zeigt sich bei Bürgerbeteiligungen, dass es nicht mehr ausreicht, Alibiveranstaltungen durchzuführen, um einige Bürger zu befragen. Demokratische Veränderungen kommen immer stärker “von unten“, werden dabei von neuen Technologien ermöglicht und rütteln an den so geliebten festen Strukturen unserer Gesellschaft. Dass dies nicht ohne Folgen ist, haben der Soziologe Beck und andere Wissenschaftler schon lange aufgezeigt und diese Entwicklung Reflexive Modernisierung genannt. Siehe dazu auch Reflexive Open Innovation oder Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk.

Bottom-Up-Ökonomie? Was soll das denn sein?

Wir sind es gewohnt, dass die Wirtschaftspolitik eines Landes den Rahmen bietet, damit sich Unternehmen entwickeln können. Dieses Top-Down-Denken sollte allerdings ergänzt werden, denn es entwickeln sich Bottom-Up viele Aktivitäten – manchmal sogar an den politisch und wirtschaftlich gewünschten vorbei. Wie bei Leitbildern, die von der Geschäftsführung festgelegt, allerdings in der Praxis nicht gelebt werden – oder auch bei der Förderung von Innovationen, die an der Wirklichkeit vorbei gehen – müssen wir immer mehr erkennen, dass die vielfältigen Aktivitäten Einzelner über das Internet koordiniert, zu einer Dynamik führen, die manche überrascht. Allerdings überrascht es nur die, die eher von der ingenieurwissenschaftlichen Planbarkeit von sozialen Prozessen überzeugt sind. Das Buch Redlich, T. (2011): Wertschöpfung in der Bottom-Up-Ökonomie zeigt die Entwicklungen sehr gut auf – lesenswert! Ich habe Herrn Redlich auf der MCPC 2011 in San Francisco getroffen. Siehe dazu auch Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk.

Das Daimler Blog: Hier bloggen Mitarbeiter

daimler-blog-02.jpgDas Daimer Blog – Hier bloggen Mitarbeiter erläutert auch, warum große Unternehmen bisher so wenig bloggen: “Als ein Grund wird oft das ´One Voice´-Prinzip angeführt. ´One-Voice-Policy´ und Corporate Blogging können jedoch durchaus parallel stattfinden. Auf der einen Seite gibt es natürlich eine ´offizielle Unternehmensmeinung´, etwa bei Finanz-, Strategie- oder Kooperationsthemen. Auf der anderen Seite hat Daimler wiederum viele Inhalte, die den Weg in die klassischen Medien nicht finden. Das fängt beim technischen Hintergrundwissen an und geht bis zu sozialen Projekten innerhalb einer bestimmten Abteilung. Hier geht es somit vor allem um Einblicke in das ´Leben im Konzern´.” Diese Entwicklungen “von unten” (Bottom-Up) aufzunehmen ist aus meiner Sicht in der heutigen Zeit besonders wichtig (mehr dazu). Die Frage stellt sich natürlich, was macht das Unternehmen wenn es feststellt, dass der TOP-Down-Ansatz nicht mehr mit dem Bottom-Up übereinstimmt? Eine spannende Entwicklung deutet sich da auch in Großunternehmen an – etwa zu Enterprise 2.0? Dafür sind allerdings noch zu wenige Beiträge vorhanden. Woran das wohl liegt?

Kennen Sie SEMAPEDIA?

logo.jpgAuf der Startseite von Semapedia wird man mit folgendem Text empfangen: “Unser Ziel ist es, die virtuelle und die physische Welt dadurch zu verbinden, dass wir die richtigen Informationen aus dem Internet zu den relevanten Orten der realen Welt bringen. Um dies zu erreichen, laden wir Dich ein, selbst Semapedia-Tags zu erstellen und zu verteilen. Diese sind für Handys lesbare physische Hyperlinks.” Diese Vernetzung durch User anzustoßen (Bottom-Up) ist aus meiner Sicht eine prima Idee. Probieren Sie es doch einfach einmal aus… Auch die FTD vom 11.04.2008 berichtet unter der Überschrift Wissen 2.0 über Semapedia. Allerdings heisst es dort unter anderem ” (…) Verknüpfung der physischen Welt mit dem Wissen des Internets”. Der Autor verwechselt hier Information mit Wissen. Da ist der Text auf der Startseite von Semapedia schon genauer/besser. Siehe dazu auch Die Wissenstreppe.

Gannon-Leary, P. M.; Fontainha, M. (2007): Communities of Practice and virtual learning communities: benefits, barriers and success factors

arbeiten42.jpgIn dem Paper Communities of Practice and virtual learning communities: benefits, barriers and success factors (Deutschsprachige Kurzfassung) schreiben die Autorinnen differenziert über die Schwierigkeiten und Möglichkeiten von virtuellen Communities of Practice (Übersicht S. 6-7): “Eine virtuelle Community of Practice (CoP) ist ein Netzwerk von Personen mit einem gemeinsamen Interessengebiet, über welches sie online kommunizieren. Die Teilnehmer teilen untereinander Ressourcen (beispielsweise Erfahrungen, Probleme und ihre Lösungen, Werkzeuge, Methoden) aus. Diese Kommunikation führt zur Verbesserung des Wissensstands der einzelnen Teilnehmer der Gemeinschaft und trägt insgesamt zur Wissensentwicklung im betreffenden Sachgebiet bei.” Communities of Practice zu initiieren und dynamisch zu entwickeln ist manchmal eine schwierige Aufgabe, da die CoP aus meiner Sicht noch zu wenig Bottom-Up entwickelt werden.