Kann Open Innovation für Universitäten genutzt werden?

Offene Innovationsprozesse sind nicht nur ein Privileg für Unternehmen, sondern können auch Universitäten helfen, aktuelle und zukünftige Herausforderungen zu meistern. Die Universität Kassel ist in einem von der EU geförderten Forschungsprojekt (8,4 Mio. Euro) beteiligt: Open Innovation für Universitäten nutzbar machen. Es zeigt sich an diesem Beispiel, dass auch der Bildungssektor von Open Innovation profitieren kann. Auf die Ergebnisse des Projekts bin ich jetzt schon gespannt.

Bildungsmonitor 2011: Die Ökonomisierung der Bildung – und was ist mit der Pädagogisierung der Wirtschaft?

Der Bildungsmonitor 2011 (KurzberichtVollständiger Studienbericht) hat den Untertitel “Fortschritte auf dem Weg zu mehr Wachstum und Bildungsgerechtigkeit” und wird vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) herausgegeben. Der Bildungsmonitor 2011 nimmt “eine ökonomische Perspektive von Bildung ein” (S. 3 der Kurzfassung). Die vielfältigen Medienreaktionen (Presse, Funk, Fernsehen usw.) zeigen, dass diese Perspektive gerne angenommen und verbreitet wird.

Doch das ist nur eine Seite der Medaille. Zunächst kann man die Frage stellen, ob mehr Wachstum (mit der damit einhergehenden Verschwendung) oder eher Nachhaltigkeit das gesellschaftliche Ziel sein sollte. Eine Verlagerung würde auch die Perspektive auf Bildung verändern. Darüber hinaus kommt es in der Wirtschaft auch gleichzeitig zu einer Pädagogisierung der Wirtschaft: Lernende Organisation, Wissensmanagement, Kompetenzmanagement usw. Wie würde ein Bildungsmonitor aussehen, der sowohl von der Ökonomisierung der Bildung als auch von der Pädagogisierung der Wirtschaft ausgeht (Konvergenzthese)?

Rossbacher, F. (2011): Die Wissensbilanz als Instrument des Hochschulmanagements: Österreichische Universitäten im Vergleich

Das Taschenbuch Rossbacher, F. (2011): Die Wissensbilanz als Instrument des Hochschulmanagements: Österreichische Universitäten im Vergleich hat das Ziel, “den Nutzen und das Potenzial von Wissensbilanzen deutlich zu machen aber auch Schwächen klar offenzulegen”. Die hier unterstellte Nutzenorientierung ist in Zeiten von Kostendiskussion, Bildungscontrolling, Qualitäts- und Lean Management im Bildungssektor nicht verwunderlich. In Deutschland gibt es allerdings noch keine Verpflichtung der Universitäten, eine Wissensbilanz – Made in Germany zu erstellen, doch immer mehr wissensbasierte Organisationen (inkl. der Bildungsorganisationen) erkennen, dass die industriell geprägte Perspektive auf organisationale Werte nicht ausreicht und setzen zusätzlich die Wissensbilanz – Made in Germany ein. Das ist ein erster wichtiger Schritt, doch muss neben der verbesserten betriebswirtschaftlichen Dimension auch eine Verbesserung im pädagogischen Bereich hinzukommen, um das Bildungssystem weiterzuentwickeln. Dazu zählen eine stärkere Orientierung an einem modernen Lernbegriff (Problemlösung unter Unsicherheit), und einer damit verbundenen Kompetenzentwicklung usw. Darüber hinaus sollte auch stärker die Öffnung von Bildungsprozessen für Innovationen (Open Innovation) genutzt werden. Siehe dazu auch Wissensbilanz-Verordnung 2010 für Universitäten in Österreich, Bildung als Investition?, Eine Ware namens Wissen, Universität als Kostenfaktor oder als größtes Kapital einer Stadt?, Das Intellektuelle Kapital ist im Hinblick auf die Innovationsfähigkeit von KMU der wichtigste Faktor.

Hanushek/Woessmann (2010): How Much Do Educational Outcomes Matter in OECD Countries?

In dem Paper Hanushek/Woessmann (2010): How Much Do Educational Outcomes Matter in OECD Countries? kommen die Forscher zu folgendem Ergebnis: “The results suggest that the OECD as a whole could gain (in present value terms) $90-275 trillion from implementation of reform programs that bring human capital in the OECD to higher levels (but ones currently observed within the OECD). We close by discussing evidence on which education policy reforms may be able to bring about the required improvements in educational outcomes”. Die stärkere Berücksichtigung von Humankapital kann also in den OECD-Ländern zu einem deutlich besseren wirtschaftlichen Ergebnissen führen. Langfristig kommt dabei dem Bildungswesen eine entscheidende Rolle zu. Doch um welche Art von Bildung sprechen wir hier? Auch dazu geben die Forscher Hinweise, die allerdings von den Plattitüden (Wir brauchen mehr Geld im System usw.) unserer verantwortlichen Politiker abweichen. Was bleibt? Es gibt Länder wie Finnland, die diese Erkenntnisse auch umsetzen und es gibt Länder, in denen sich die Beteiligten die Erkenntnisse durchlesen und weitermachen wie bisher… Siehe dazu auch Stundenplan von 1906/1907: Geändert hat sich bis heute (fast) nichts, Bildung, Lernen, Wissen: Ein Plädoyer für einen Paradigmenwechsel, Soziale und psychologische Zusammenhänge rücken stärker in den ökonomischen Fokus, Bildung neu denken: A truck is not a horse.

Bildung, Lernen, Wissen: Ein Plädoyer für einen Paradigmenwechsel

In vielen Blogbeiträgen und verschiedenen Konferenzpaper habe ich auf den Zusammenhnag zwischen unserem industriell ausgerichteten Bildungssystem und dem dazu passenden industriell geprägten Wirtschaftssystem hingewiesen. Das Video visulalisiert die Zusammenhänge sehr schön und verweist darauf, dass wir es uns nicht mehr erlauben können, die Potenziale der Menschen zu verschleudern. Es ist Zeit, die Zusammenhänge zwischen Bildung, Lernen und einer stärker wissensbasierten Ökonomie zu erkennen und die notwendigen Veränderungen einzuleiten. Da die politisch Verantwortlichen dazu offensichtlich nicht in der Lage sind, sollte sich jeder Einzelne fragen, wie er sich auf die Veränderungen einstellen kann. Siehe dazu auch auch Multiple Intelligenzen.

DIW Wochenbericht 05/2010: Bildung als Investition?

In dem Wochenbericht DIW 05/2010 geht es auch um das Thema Bildungsinvestitionen. Dabei liest man  unter anderem auf Seite 4, dass Bildungsausgaben eine Investition in die Zukunft darstellen sollen und verweist auf den Humankapitalansatz (Mincer et al. 1958). Umgangssprachlich ist der Satz “Bildung ist eine Investition in die Zukunft” wohl allen bekannt. Dennoch sind z.B. Ausgaben für die Weiterbildung in der traditionell industriell geprägten Bilanzierung reine Kosten und eben keine Investitionen, die aktiviert und abgeschrieben werden könnten. Auch hier zeigt sich, dass es erforderlich ist, die traditionelle Bilanzierung weiter zu entwickeln, damit in Unternehmen das gesamte Vermögen dargestellt wird. Ob dazu die Humankapitaltheorie alleine ausreicht? Besser ist es aus meiner Sicht, Humankapital, Struktur- und Beziehungskapital mit ihren komplexen Wechselwirkungen zu betrachten. Die Wissensbilanz – Made in Germany bietet hier eine gute Möglichkeit.

Warum es sich lohnt, Wissen und Lernen steuerlich zu fördern

Der Kurzbericht Cedefop (2009): Warum es sich lohnt, Wissen und Lernen steuerlich zu fördern macht deutlich: “Intellektuelles Kapital schafft Wohlstand. Häufig sind Wissen und Expertise eines Unternehmens wertvoller als dessen Sachanlagen wie Fertigungsgebäude und Maschinenparks. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) bieten steuerliche Anreize unterschiedlichster Art, die den Einzelnen und die Unternehmen zu Investitionen in die allgemeine und berufliche Bildung anregen sollen.” Die aktuellen steuerlichen Anreize und die politischen/rechtlichen Rahmenbdeingungen sind allerdings immer noch zu sehr auf die klassischen Ressourcen der industriell geprägten Gesellschaft augerichtet. Die Realität ist allerdings schon weiter. Viele Menschen spüren, dass dieser Staat nicht mehr viel mit ihrem realen Leben zu tun hat, im Gegenteil: Der Staat blockiert in manchen Bereichen sogar die Entwicklung seiner Bürger. Es wird Zeit, dies zu ändern. Siehe dazu auch Wissensbilanz – Made in Germany

Stundenplan von 1906/1907: Geändert hat sich bis heute (fast) nichts

Ein Stundenplan aus dem Jahr 1906/1907 zeigt, dass sich nach über 100 Jahren Reformen im Bildungswesen (fast) nichts geändert hat. Wir haben heute immer noch getaktete Schulstunden und trennen wichtige Inhalte voneinander. Im (Berufs-) Leben kommt es aber immer mehr darauf an, alles miteinander zu verbinden – zu vernetzen – und selbstorganisiert Probleme zu lösen. Der getaktete Stundenplan ist ein Symbol für ein Bildungssystem, das einer Entwicklung zur wissensbasierten Gesellschaft entgegen steht, da die Trennung von Themengebieten die Konstruktion von Wissen einschränkt. Die Schaffung von neuem Wissen ist allerdings Vorausestzung für die Wissensnutzung – für Innovationen. “Every time I pass a jailhouse or a school, I feel sorry for the people inside” (Quelle). Der Satz stimmt mich nachdenklich – Sie auch? Siehe dazu auch Multiple Intelligenzen

Bildung neu denken – A truck is not a horse

Was soll das bedeuten “A truck is not a horse”? Wer nur in “Pferdekategorien” oder sollte ich besser sagen im “Pferdesystem” denkt, wird nie glauben, dass es in einem anderen System (Auto-System) Lösungen gibt, die in seinem System undenkbar sind. Übertragen auf das Bildungs-System bedeutet das, dass man heute neue Fragen stellt (Wie soll Bildung in einer wissensbasierten Gesellschaft aussehen?), aber immer noch zu oft alte Antworten gibt (Wir geben einfach mehr Geld, mehr Lehrer usw. in das System)… Der Tenor: Viel hilft viel. Unser traditionelles Bildungssystem ist wie ein Massenproduzent organisiert. Da macht es auch nichts weiter, dass man in letzter Zeit versucht, mit Qualitätsmanagement-, Lean- und Reengineering-Programmen die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Folgende Aussagen hört man immer wieder (Auswahl): 

  1. Man braucht mindestens 15 Teilnehmer, um ein Seminar stattfinden zu lassen
  2. Es wäre schön, wenn alle Teilnehmer die gleichen Eingangsvoraussetzungen mitbringen würden
  3. Die “heterogen” zusammengesetzte Gruppe, kann nicht individuell genug qualifiziert werden
  4. Man hat bei 15-20 Teilnehmern keine Zeit, sich um jeden individuell zu kümmern
  5. Die Abrechnung für Dozenten erfolgt nach Stunden-/Tagessätzen
  6. Getaktete Zeitstunden sind die Regel

Im Kontext der Umbrüche (Turbulenter Wandel, Globalisierung, Individualisierung) gerät auch das Bildungssystem unter Druck und muss sich anpassen. Die konsequente Teilnehmerorientierung (nicht zu verwechseln mit  der Kundenorientierung), drückt sich in der Forcierung des selbstgesteuerten Lernens und der Höherbewertung informeller Lernprozesse sowie der Betonung einer erhöhten Eigenverantwortung im Prozess lebenslangen Lernens aus (BMBF 2004:15). 

These: Es ist Zeit, das bisher erfolgreiche Bildungssystem strukturell zu verändern und umzubauen, denn auf neue Fragen gibt es zu oft alte Antworten: A truck is not a horse

Wer nur kann, was alle schon können, und nur weiß, was alle schon wissen, kann auch nur tun, was alle schon tun können (Prof. Markl).

Liessmann, K. P. (2008): Theorie der Unbildung. Die Irrtümer der Wissensgesellschaft

Auf Empfehlung eines netten Kollegen aus Österreich habe ich mir das Buch Liessmann, K. P. (2008): Theorie der Unbildung durchgelesen. Im Untertitel Die Irrtümer der Wissensgesellschaft wird schon deutlich, welche Richtung der Autor mit seiner Argumentation einschlägt. Es ist spannend zu sehen, wie Konrad Paul Liessmann den Bogen von Wer wird Millionär? bis zu Schluß mit der Bildungsreform schlägt. Die berechtigten Hinweise auf die Unterscheidung zwischen der Informations- (Desinformationsgesellschaft) und der propagierten Wissensgesellschaft werden in Richtung der aktuellen Bildungsdiskussion erweitert und kritisch hintergfragt. Liessmann hält allen, die sich mit Daten, Informationen, Wissen und Bildung befassen den Spiegel vor und liefert so einen wertvollen Beitrag zur Reflexion. Nutzen wir die Gelegenheit, und denken über die Themen noch ein wenig intensiver nach…