Unternehmen: Von der Strukturdominanz zur Prozessdominanz

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Aktuell sieht es in vielen Unternehmen noch so aus, dass die Struktur (Aufbauorganisation) die Prozesse (Ablauforganisation) bestimmt und dominiert. Etwas überzogen formuliert: Die Prozesse werden an die Struktur angepasst. In Zeiten der Digitalisierung wird manchmal sogar krampfhaft versucht, die Prozesse so zu digitalisieren, dass die Struktur nicht verändert werden muss.

Das kann auf Dauer nicht gut gehen, denn das Umfeld verändert sich sehr dynamisch und erfordert teilweise ganz neue Prozesse in Unternehmen, die manchmal wenig oder sogar keine Struktur benötigen, da diese digitalen Prozesse beispielsweise über Plattformen von Kunden/Bürger usw. selbst durchgeführt werden. Dazu habe ich folgenden Text gefunden:

“Mit dem Wissen über Prozesse und Strukturen des biologischen Lebens, der Zellen, der DNA, etc. nähern sich die Prozesse und Strukturen vieler Unternehmen der Prozessdynamik des evolutionären Lebens an. Aber die Mehrheit der Unternehmen hat diesen Weg noch nicht eingeschlagen und verharrt immer noch zu sehr auf der Strukturdominanz. Einen neuen kräftigen Schub zu mehr Prozessdominanz wird die Digitalisierung in Verbindung mit künstlicher Intelligenz und Selbststeuerung erzeugen. Dies kann und wird vielfach zu umfassenden, z.T. sehr radikalen Veränderung der Energieprozesse und zu neuen dissipativen Strukturen von Unternehmen führen” (Zangl 2024, in Koller et al. 2024: Die Zukunft der Grenzenlosen Unternehmung).

Wenn sich Unternehmen also stärker an dem Umfeld orientieren, werden sie sich zwangsläufig immer mehr an die evolutionäre Prozessdynamik anpassen. Das wiederum wird dazu führen, dass es zu einer deutlichen Prozessdominanz kommen wird. Darüber hinaus wird sich zeigen, ob bestehende Unternehmen in der Lage sind ihre Strukturen schnell anzupassen, ob für die aufgezeigte Entwicklung ganz andere Unternehmen benötigt werden.

Projektaufbauorganisation und informelles Kommunikationsnetzwerk

Vergleich von formaler Aufbaustruktur und informellem Kommunikationsnetzwerk (Berendt/Ellmann 2008)

Die Beziehung zwischen einem Projekt und seinem Umfeld kann durchaus als komplex beschrieben werden (Siehe dazu diesen Blogbeitrag). Betrachten wir hierbei alleine die Aufbauorganisation und vergleichen diese mit dem informellen Kommunikationsnetzwerk, so ist schon ein deutlicher Unterschied zu erkennen (Abbildung). Die Farben in dem informellen Kommunikationsnetzwerk entsprechen den Farben, die bei der Aufbauorganisation für die verschiedenen Bereiche gewählt wurden.

” In unserem Beispiel existieren drei funktionsbedingte Untergruppen, die untereinander nur wenige Informationen austauschen. Zudem sind Marketing und F&E intern nur gering vernetzt, während die Untergruppe Produktion über vergleichsweise viele wechselseitige Kommunikationsbeziehungen verfügt. Dies kann damit zusammenhängen, dass dieser Personenkreis eine effektive Kommunikationskultur entwickelt hat, von der die übrigen Gruppen profitieren könnten. Auf der anderen Seite könnten diese ausgeprägten Strukturen jedoch auch eine weitere Integration bzw. Optimierung erschweren” (Berendt/Ellmann 2008)

Interessant dabei ist, dass die Autoren schon damals darauf hingewiesen haben, dass auch bei komplexen Projekten, bei denen die Selbstorganisation im Mittelpunkt steht, eine “zielgerichtete Kommunikation und Zusammenarbeit” (ebd.) wichtig ist. Es macht also durchaus Sinn, sich solche informellen Kommunikationsnetzwerke nicht nur für plangetriebene, sondern auch für hybride und agile Vorgehensmodelle klar zu machen. Konkret kann das über die bekannte Organizational Network Analysis (ONA) erfolgen, oder etwas einfacher über ein Wirkungsnetz, das auf Frederic Vesters Papier-Computer zurückgeht, und das wir ja schon aus der Analyse des Wissensmanagement-Systems kennen.

Solche Zusammenhänge thematisieren wir auch in den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen Projektmanager/in (IHK) und Projektmanager/in AGIL (IHK). Informationen dazu, und zu aktuellen Terminen, finden Sie auf unserer Lernplattform.