Qualität der Arbeit. Was ist das denn?

Die Broschüre Statistisches Bundesamt (Hrsg.) (2012): Qualität der Arbeit (PDF, 2.1 MB) geht auf 72 Seiten auf die verschiedenen Dimensionen der Arbeit – aus Arbeitnehmersicht – ein: Arbeitssicherheit und Gleichstellung, Einkommen und indirekte Arbeitgeberleistungen, Arbeitszeit, Ausgleich von Beruf und Privatleben, Beschäftigungssicherheit und Sozialleistungen, Arbeitsbeziehungen, Qualifikation und Weiterbildung, Zusammenarbeit und Motivation. Das ist sicherlich interessant. Spannender wäre es zu untersuchen, wie die einzelnen Einflussfaktoren zusammenhängen. Ein Wirkungsnetz, unternehmensspezifisch erstellt, könnte dem Unternehmen aufzeigen, an wechen Stellen nachgebessert werden sollte um die angepeilten Ergebnisse zu erzielen. Erst diese Perspektive wird der komplexen Dynamik (ein bischen) besser gerecht. Siehe dazu auch Wissensbilanz – Made in Germany, Interaktive Dienstleistungsarbeit oder Berufliche Kompetenzen.

Innovationsarbeit 2.0: Was soll das denn sein?

“Das integro_lab ist das Portal für Innovationsarbeit im Zeitalter von Web 2.0.” So steht es auf der Projektwebsite, auf der man auch erfährt, dass vom 20.-21.01.2011 in Dortmund die Abschlussveranstaltung zum geförderten Projekt stattfand. Toll ist, dass die ganzen Präsentationsfolien als Download zur Verfügung stehen – Danke. Andererseits macht mich der Begriff “Innovationsarbeit 2.0” etwas nachdenklich. Neben der Industriearbeit, der Wissensarbeit, der Kreativarbeit usw. usw. nun also die Innovationsarbeit 2.0 – beeindruckend. Gibt es dann auch eine Nicht-Innovationsarbeit (in Anlehnung an Moldaschl)? Es ist nicht gut, Arbeit auf bestimmte Schwerpunkte (Schubladen) zu reduzieren, denn die moderne Arbeitssituationsanalyse rückt “das Ganze der Arbeit” in den Mittelpunkt (Meyn/Peter 2010). Auch Böhle weist darauf hin, dass der Mensch ein gestiges und praktisches Wesen ist, das die Unbestimmtheit/Unsicherheit (Uncertainty) bewältigen kann. Siehe dazu auch Die Rückkehr des Subjekts in die betriebliche Organisation von Arbeit.

Bringt flexibles und selbstorganisiertes Arbeiten überhaupt etwas?

Es ist überall zu sehen: Globalisierung, Individualisierung und Flexibilisierung (Theorie der reflexiven Modernisierung) führen zur Entgrenzung von Arbeit. Die früher viel mehr fremdorganisierte Arbeit wird immer mehr selbst organisiert (Kompetenz). Ist das nur eine Modeerscheinung, oder ist da wirklich etwas dran (Apitzsch)? Immerhin ist die Theorie der reflexiven Modernisierung eine Gesellschaftstheorie, die auch noch von Soziologen (Beck/Giddens) beschrieben wurde. Das alleine schreckt (traditionell) betriebswirtschflich denkende Manager schon ab. Soziologie hat im Unternehmen nichts verloren – meinen sie. Was man mit flexibler, selbstorganisierter Arbeit erreichen kann, ist in dem Artikel Arbeitsplatz? Überall (SPIEGELONLINE vom 13.07.2010) nachzulesen.  Die Firma Best Buy aus den USA hat die Produktivität um 35% steigern können, indem sie den Mitarbeitern vertraut, Arbeitsleben und Privatleben (also Lebenszeit) selbst organisieren zu können. Ich höre schon die Bedenkenträger: Das ist in den USA, bei uns geht so etwas nicht. Doch, es geht. Immer mehr Unternehmen und Mitarbeiter sehen die vielen Chancen der Veränderungen und darüber bin ich sehr froh. In Deutschland besteht immer noch ein Mißverhältnis zwischen einem Bewusstsein für die Vergangenheit und einer notwendigen Begeisterung für die Zukunft. Die Medien machen dabei munter mit und schüren die “German Angst”. Jede Veränderung ist ein “Bedrohung” und jeder alternative Vorschlag eine “Forderung”. Lassen Sie sich von diesen tendenziellen Beeinflussungen nicht davon abbringen, an eine spannende Zukunft zu glauben. Wir sind schon mittendrin…

Bei der Arbeitssituationsanalyse rückt ´das Ganze der Arbeit´ in den Mittelpunkt

Das Buch Meyn, Ch./ Peter, G. (2010): Arbeitssituationsanalyse. Bd. 1: Zur phänomenologischen Grundlegung einer interdisziplinären Arbeitsforschung befasst sich mit der veränderten Arbeitswelt und den veränderten Arbeitssituationen: “Arbeitssituationen als subjektive wie objektive Gegebenheiten von Arbeitshandlungen werden angesichts der Flexibilisierung und Entgrenzung von Erwerbsarbeit zentraler Gegenstand der empirischen Arbeitsforschung. Die arbeitsbezogenen Wissenschaften müssen zukünftig ´das Ganze der Arbeit´ stärker berücksichtigen und dabei auch dem Prozess der Subjektivierung Rechnung tragen.”

Die Beschreibung legt den Schluss nahe, dass bei der Beschreibung der Arbeitssituationen bisher eben nicht “das Ganze der Arbeit” und somit nur ein Teil (körperliche Arbeit, Wissensarbeit…) untersucht und betrachtet wurde. Es wird Zeit, dass sich das ändert. Allerdings wird diese Veränderung auch weit reichende Folgen für Unternehmen haben…

Siehe dazu auch Fritz Böhle: Der Mensch als geistiges und praktisches Wesen, Subjektivierung von ArbeitDie “Rückkehr des Subjekts” in die betriebliche Organisation von Arbeit

Die „Rückkehr des Subjekts“ in die betriebliche Organisation von Arbeit

Dass man die „Rückkehr des Subjekts“ in die betriebliche Organisation von Arbeit (Moldaschl 2002, Sauer 2005) überhaupt hervorheben muss, ist schon erstaunlich. In den Unternehmen werden über die objektiven Qualifikationsanforderungen hinaus “extrafunktionale” Qualifikationen (z.B. sozial-kommunikative und kreative Kompetenzen) erwartet, die dem Subjekt entspringen (vgl. Frey 2009:20). Die bisher vorherrschende Vorstellung, dass berufliche Qualifikation ausreicht, um sich in dem turbulenten Marktumfeld zu beweisen, ist zu ergänzen. Formale Qualifikationsnachweise reichen heute einfach nicht mehr aus. Die “ganze” Person mit ihrer besonderen Biographie ist gefordert. Eine Diskussion über die Austauschbarkeit von Mitarbeitern läuft somit ins Leere.

Subjektivierung der Arbeit: Was versteht man darunter?

Die momentane Arbeitswelt steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Berufsbilder, die sich an stabilen Fähigkeitsstrukturen orientieren lösen sich auf. Auch dauerhafte Beschäftigung, stabile Arbeitszeiten usw. deuten auf eine Entgrenzung der Arbeit hin. Diese wiederum führt zu mehr Freiräumen, die von den Mitarbeitern selbstorganisiert genutzt werden sollen und müssen (Selbstorganisationsdisposition). Dabei bringen sie ihre Potenziale ein. Diese Subjektivierung der Arbeit muss ganz anders gesteuert werden, als es das Management traditioneller Arbeitsformen vorgab. Gerade Führungskräfte sollten sich mit diesen Aspekten der Veränderungen befassen.

Siehe dazu auch
Bei der Arbeitssituationsanalyse rückt ´das Ganze der Arbeit´ in den Mittelpunkt.
Die Entgrenzung des Lernens erfordert neue Konzepte der Personalentwicklung

Daele et al. (2007): Managing Knowledge within Communities of Practice: Analysing Needs and Developing Services

palette.jpgIn dem Paper Managing Knowledge within Communities of Practice: Analysing Needs and Developing Services (Deutschsprachige Zusammenfassung) betrachten die Autoren CoPs aus der Sicht von Wissensmanagement: “Die Arbeit befasst sich mit dem Thema Wissensmanagement und Lernen in Communities of Practice (CoPs). Dieses Thema stellt in Zeiten des globalen E-Learning und der Einführung und Entwicklung von CoPs in öffentlichen und privaten Organisationen eine besondere Herausforderung dar.” Dabei wird ausdrücklich auf das interessante EU-Projekt PALETTE hingwiesen (Publications).

Kirchhöfer, D. (2004): Lernkultur Kompetenzentwicklung – Begriffliche Grundlagen

Prof. Dieter Kirchhöfer hat in seiner “Begriffsarbeit” Lernkultur Kompetenzentwicklung – Begriffliche Grundlagen (PDF) dankenswerter Weise viele wichtige Begriffe der aktuellen Kompetenzdebatte zusammengefasst. Das ist insbesondere deshalb wichtig, da der Kompetenzbegriff (wie alle Konstrukte) Änderungen und Weiterentwicklungen unterworfen ist. Ich werde in den kommenden Tagen/Wochen immer wieder einmal Begriffe aus dieser Arbeit auswählen und thematisieren.