Reden wir über Dummheit

Image by Harmony Lawrence from Pixabay

Wer will schon dumm sein? Viel lieber sprechen wir über Intelligenz, über intelligente Maschinen, Künstliche Intelligenz (KI), intelligente Häuser, Möbel oder Autos usw. Das Attribut “Intelligenz” scheint per se positiv aufgeladen zu sein. Im Gegensatz dazu steht der Begriff “Dumm” für eine eher negative Assoziation. Die Google-Suche von heute ergab ca. 15 Mio. Treffer für den Begriff “dumm” und ca. 480 Mio. Treffer für den Begriff “intelligent”. Es ist daher gut nachvollziehbar, dass sich recht wenige mit dem Thema “Dummheit” intensiver auseinandergesetzt haben.

Schneider (2006:17-18) beschreibt die Situation wie folgt: “Wenige haben sich an das Thema herangewagt, wenn man von medizinischen Arbeiten über Stadien der Demenz einmal absieht. Bei denen, die’s getan haben, finden sich ähnliche Überlegungen wie ich sie für das Thema der Ignoranz anstelle.
– Dummheit wird als auf dem Vormarsch begriffen diagnostiziert (vgl. Geyr 1954:91 ff)
– Dummheit bzw. Narrentum werden gelobt, sowohl bei Erasmus von Rotterdam, der eines der bekanntesten Werke zum Thema verfasst hat, als auch von anderen Autoren (Erasmus; Stultitiae Laus, vgl. Hartmann 1947).
– Es werden vier Möglichkeiten unterschieden, (…) : Dummes Verhalten, trotz normaler oder sogar erhöhter Intelligenz, kluges Verhalten trotz geringer Intelligenz sowie die beiden übereinstimmenden Alternativen eines klugen Verhaltens auf Basis von Intelligenz und eines dummen/schädlichen Verhaltens auf Basis eines Mangels an Intelligenz”.

Diese Dichotomie (Dumm-Intelligent) spiegelt allerdings eine Denkweise wider, die einem “Entweder-Oder” entspricht, obwohl es wohl ein Kontinuum zwischen den Polen gibt, das auch abhängig zu sein scheint von dem Kontext, in dem die “dumme” oder” intelligente” Problemlösung stattfindet. In der heutigen Welt, die sich permanent, schnell und stark verändert, wollen viele Menschen gerne eine klare Einteilung von “richtig” oder “falsch”, bzw. von “dumm” oder “intelligent” – was allerdings so trennscharf nicht möglich ist: „Wenn die Dummheit nicht dem Fortschritt, dem Talent, der Hoffnung oder der Verbesserung zum Verwechseln ähnlich sähe, würde niemand dumm sein wollen“ (Musli 1937: 5; zitiert in Schneider 2006:17-18). Siehe dazu auch Theorie der Multiplen Intelligenzen.

Was sind eigentlich mögliche Aufgabengebiete der Künstlichen Intelligenz?

Group of people with devices in hands working together as symbol of networking and communication

Die Geburtsstunde von “Künstlicher Intelligenz” geht auf einen Konferenzbeitrag von McCarthy im Jahr 1955 zurück. In der Zwischenzeit gibt es durch die vielen neuen technischen Möglichkeiten zwar immer wieder Definitionsversuche, doch immer noch keine einheitliche und anerkannte Definition. Was allerdings klar erscheint sind die verschiedenen Aufgabengebiete, die für eine Künstliche Intelligenz geeignet erscheinen. Russell und Norvig unterscheiden hier acht Aufgabengebiete (vgl. Russell und Norvig 2012; Peissner et al. 2019), zitiert in Fraunhofer IAO 2020:11-12):

  • Lernen
  • Problemlösung durch Suchen
  • Planen
  • Robotik
  • Entscheidung
  • Wissensrepräsentation
  • Wahrnehmung
  • Spracherkennung

Anhand dieser Auflistung wird deutlich, dass Künstliche Intelligenz viele Tätigkeiten in unserem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben beeinflussen kann. Es geht hier allerdings nicht immer um komplette Jobs, die infrage gestellt werden, sondern auch um Tätigkeitsportfolios, die in einzelnen Jobs oder in Prozessketten von KI profitieren können. Hier ein Beispiel:

Populär wurden in jüngster Zeit Anwendungen wie beispielsweise KI-gestützte »Chatbots«. Dies sind Programme, die eine Konversation mit Nutzern führen können. Social Chatbots agieren in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter (vgl. Edwards 2016). Anwendungsgebiete sind u.a. Bestellungen (z.B. Pizza-Service), Antworten auf Kundenanfragen zu Prozessen (Paketdienste) und Bearbeitung von Beschwerden (Fraunhofer IAO 2020:13).

Intelligente Organisation oder Organisationale Intelligenz? Was soll das sein?

Image by Gerd Altmann from Pixabay

Wenn wir über Intelligenz oder Dummheit sprechen, geht es oft einerseits um intelligente Menschen und anderseits um intelligente maschinelle Systeme wie maschinelles Lernen oder Künstliche Intelligenz. In Unternehmen/Organisationen oder weiter gefasst, in Systemen geht es allerdings auch darum, die verschiedenen Facetten der Intelligenz zu fördern und für Werte zu nutzen. Bei Organisationen kommen die beiden Perspektiven “Intelligent Organization” und “Organizational Intelligence” ins Spiel.

Within this field two major research communities can be found. The first on has been established around the annual Hawai International Conference on System Sciences (HICSS), starting from a tutorial on “Intelligent Organizations” presented by G. P. Huber in 1987. The second has its roots in Japan, where T. Matsuda is developing towards a holistic approach of what he calls “Organizational Intelligence” (…). In contrast of others he [Matsuda 1988, 1991, 1992] stresses that machine learning is an integral part of the intelligence of an organization (vgl. Kirn 1996:141).

Die Organisationale Intelligence nach Matsuda integriert menschliche Intelligenz und (heute) Künstliche Intelligenz. Ich würde dabei noch ergänzen, dass dies nicht nur auf der organisationalen Ebene, sondern auch auf der individuellen Ebene, bei Teams und in Netzwerken außerhalb der Organisation eine Rolle spielt. In Meinem Buch Freund, R. (2011): das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Ebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk habe ich diesen Ansatz auch mit Hilfe der Theorie der Multiplen Intelligenzen beschrieben.

Was sind eigentlich Multi-Kontext-Probleme?

Image by Gerd Altmann from Pixabay

Der Begriff “Problem” kommt in unserer Gesellschaft häufig vor, dabei gibt es oft keine einheitliche Meinung darüber, was ein “Problem” eigentlich ist. Es gibt einfache Probleme mit dem dazugehörenden simple problem solving, und komplexe Probleme mit ihrem complex problem solving. In solchen Multi-Kontext-Problemen kommt es darauf an, Entscheidungen unter Unsicherheit zu treffen – was nicht so einfach ist…

Strategische Probleme werden als wenig strukturierte bzw. schwer strukturierbare Probleme betrachtet. Für solche „innovativen Probleme“ bestehen wenig eindeutige Lösungsverfahren (Bamberger & Wrona, 2000). Analog hierzu spricht Dörner (1979) von dialektischen Problemen, bei denen zwar die Ausgangslage bekannt ist, aber nicht der Zielzustand und auch nicht die möglichen Mittel diesen Zielzustand zu erreichen. „Sie stellen Entscheidungen unter Unsicherheit dar und werden auch als sog. Multi-Kontext-Probleme derart bezeichnet, dass sie in unterschiedlichen, jeweils aktorspezifischen Kontexten definiert bzw. expliziert werden“ (Bamberger & Wrona, 2000, S. 6). Probleme werden demnach jeweils im Sinne eigener Werte Normen, Interessen und Sichtweisen der Realität betrachtet und interpretiert. Mit diesen unterschiedlichen Realitätskonstruktionen ist stets die Möglichkeit von Konflikten und das Erfordernis sie zu lösen verbunden (Bamberger & Wrona, 2000) (vgl. Grote, S.; Kauffeld, S.; Hering, V. & Tappe, D. 2009:15, Hervorhebung durch den Autor des Blogbetrags).

Complex Problem Solving ist anders als das einfache, Simple Problem Solving. Die Bewältigung solcher Multi-Kontext-Probleme ist allerdings für die Zukunft entscheidend. Manche Systeme der Künstlichen Intelligenz (KI/AI) können in der Zwischenzeit durchaus schon komplexe Problemsettings lösen, was zu Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt führt, und in Zukunft noch stärker führen wird. Entscheidend für Menschen ist immer noch, die Bewältigung komplexer Problemlösungssituationen, die uns (noch) von Algorithmen der Künstlichen Intelligenz unterscheidet.

In meinem Vortrag (Special Keynote) auf der MCPC 2015 (Weltkonferenz zu Mass Customitation, Personalization and Co-Creation) in Montreal habe ich diese Zusammenhänge für Open Innovation dargestell (Konferenzen). Es freut mich sehr, dass mein damaligen Paper bei Researchgate heute immer noch intensiv gelesen und genutzt wird. Mein Paper Cognitive Computing and Managing Complexity in Open Innovation Model zur Weltkonferenz MCPC 2015 ist bei Springer veröffentlicht worden. Bitte sprechen Sie mich an, wenn Sie dazu Fragen haben.

Ist Wissensmanagement 4.0 ein hybrides Wissensmanagement?

Group of people with devices in hands working together as symbol of networking and communication

In dem Artikel North, K; Maier, R. (2018): Wissen 4.0 – Wissensmanagement im digitalen Wandel gehen die Autoren von der Annahme aus, dass die Wissensproduktion genau so wie Arbeit (Arbeit 1.0 bis Arbeit 4.0) in Wissen 1.0 bis 4.0 aufgeteilt werden kann. Dabei erweitern sie das Konstrukt der Wissenstreppe in eine Wissenstreppe 4.0.

Weiterhin gehen die Autoren davon aus, dass ein Wissensmanagement 4.0 operativ und strategisch unterstützend – und somit ambidexter – sein sollte.

Dem Konzept der „Beidhändigkeit“ (Ambidexterity, Tushman und O’Reilly 1996) folgend muss das Wissensmanagement sowohl aus operativer Perspektive die optimale Nutzung von Wissen für das aktuelle Geschäft sicherstellen („Exploitation“) als auch aus strategischer Perspektive das Wissen und die Lernfähigkeit für das zukünftige Geschäft entwickeln („Exploration“) (North/Maier 2018).

Dieses ambidextere Element von Wissensmanagement 4.0 erinnert stark an andere hybride Vorgehensweisen, die immer stärker in den Fokus rücken. Es handelt sich dabei beispielsweise um die hybride Wettbewerbsstrategie Mass Customization oder aber um das hybride Projektmanagement.

Abschließend würde ich noch folgende Punkte ergänzen:

  • Künstliche Intelligenz und Wissensmanagement.
  • Erweiterung der drei genannten Ebenen Individuum, Gruppe Organisation um die Ebene Netzwerk.
  • Bewertung des Wissenssystems mit Hilfe der Wissensbilanz – Made in Germany.
  • Abgrenzung zu einem Kompetenzmanagement auf den Ebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk – siehe dazu Freund (2011).

Die Messbarmachung der Intelligenz: Ein Phänomen der Industrialisierung?

Der Intelligenz-Begriff wird in der Kommunikation von Unternehmen mit allen möglichen und unmöglichen Dingen in Bezug gebracht: Intelligente Häuser, intelligente Autos, intelligente XY, bis hin zu einer Künstlichen Intelligenz. Andererseits gibt es bei der eher menschlichen Intelligenz Differenzierungen wie Emotionale Intelligenz, Soziale Intelligenz usw. Es scheint, als ob der Intelligenz-Begriff einer gewissen Beliebigkeit unterworfen wird. Die Geschichte zeigt, dass es ursprünglich um die Messbarkeit von Intelligenz im Rahmen eines Intelligenz-Quotienten ging. Es war Anfang des 20. Jahrhunderts nicht unüblich im Rahmen der Industrialisierung alles messbar zu machen.

Durch Berechnungsverfahren, die von dem deutschen Psychologen William Stern bereits 1911 in den Grundzügen entwickelt und von den in den USA tätigen Psychologen David Wechsler vervollständigt wurden, erfolgte dann eine weitgehende Entkopplung von der sozialen Vergleichsgruppe. Spätestens mit den Arbeiten von Wechsler erhielt der IQ den universellen Anspruch, die Intelligenz eines Menschen umfassend zu beschreiben. Menschen unterschiedlichster Herkunft, verschiedenen Alters sowie unterschiedlichster sozialer Erfahrungen und Qualifikation werden damit vergleichbar. Dieser Anschein von Präzision und Allgemeingültigkeit trägt nach Auffassung von Robert J. Sternberg unter anderem dazu bei, den Stellenwert der Tests immer wieder zu bestätigen. Auch rein ökonomische Argumente spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Schließlich sollen sich die Intelligenztests speziell bei der Personalauswahl so gut wie kein anderes Auswahlinstrument dafür eignen, erfolgsversprechende von weniger erfolgsversprechenden Bewerbern zu trennen (Abicht 2010:145).

Die Entgrenzung des Intelligenz-Konstrukts führt seit einigen Jahrzehnten zu vielfältigen Diskussionen im wissenschaftlichen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und privaten Umfeld. Denn: Wer möchte schon als nicht-intelligent, oder gar dumm erscheinen?

Künstliche Intelligenz einfach erklärt

In der Veröffentlichung BMBF (2020): Künstliche Intelligenz (PDF) wird auf relativ einfache weise erläutert, um was es bei dem Begriff “KI” geht. Interessant ist, dass der Begriff schon 1956 von John McCarthy kreiert wurde, und in der Zwischenzeit folgende Bedeutung hat:

Künstliche Intelligenz (KI) ist ein Teilgebiet der Informatik. Sie erforscht Mechanismen, die intelligentes menschliches Verhalten simulieren können. Das beinhaltet zum Beispiel, eigenständig Schlussfolgerungen zu ziehen, angemessen auf Situationen zu reagieren
oder aus Erfahrungen zu lernen (S. 4).

Der Bezug zu einem intelligenten menschlichen Verhalten wirft bei mir die Frage auf, was darunter, und unter menschlicher Intelligenz zu verstehen ist. Ist es der ´berühmt-berüchtigte´Intelligenz-Quotient (IQ), der als Gegenpol zur Künstlichen Intelligenz (KI) gesehen wird, oder sind es auch die verschiedenen Facetten einer Emotionalen Intelligenz (EQ), oder sogar Multiple Intelligenzen (nach Howard Gardner). Der Intelligenz-Begriff war schon in der Vergangenheit wichtig, und scheint in komplexen Settings immer wichtiger zu werden. 

Glossar: Künstlicher Intelligenz und Lernende Systeme

Auf der Plattform Lernende Systeme gibt es ein Glossar zu wichtigen Begriffen der Künstlichen Intelligenz und zu Lernenden Systemen. Für die Kommunikation ist es gut und wichtig, Begriffe zu klären, um Missverständnisse zu vermeiden:

Lernende Systeme im Sinne der Gesellschaft zu gestalten – diesen Anspruch verfolgt die Plattform Lernende Systeme, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Jahr 2017 auf Anregung von acatech initiiert hat. Sie bündelt dazu die vorhandene Expertise und unterstützt den weiteren Weg Deutschlands zu einem international führenden Technologieanbieter. Die Mitglieder der Plattform sind in Arbeitsgruppen und einem Lenkungskreis organisiert. Sie zeigen den persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen von Lernenden Systemen auf, benennen aber auch Herausforderungen und Gestaltungsoptionen. Die Arbeit der Plattform koordiniert eine bei acatech angesiedelte Geschäftsstelle.

In den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen Innovationsmanager/in (IHK) und Wissensmanager/in (IHK) gehen wir auch auf die Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz und Lernenden Systemen ein. Informationen dazu finden Sie auf unserer Lernplattform.

Künstliche Intelligenz treibt Innovationen

Siehe dazu auch Freund, R. (2016): Cognitive Computing and Managing Complexity in Open Innovation Model. Bellemare, J., Carrier, S., Piller, F. T. (Eds.): Managing Complexity. Proceedings of the 8th World Conference on Mass Customization, Personalization, and Co-Creation (MCPC 2015), Montreal, Canada, October 20th-22th, 2015, pp. 249-262 | Springer

Studie: Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit

künstliche-Intelligenz

Die Studie IIT (2017): Wie sieht die Zukunft der Arbeit aus? (PDF, November 2017) befasst sich mit den Auswirkungen der Künstlichen Intelligenz. Die Veröffentlichung zeigt, welche Chancen und Risiken zu erwarten sind. Es kommt – wie immer – darauf an, was wir daraus machen (S.23):

Künstliche Intelligenz kann vielfältige Rollen und Funktionen im Arbeitsprozess übernehmen. Darunter sind eher positiv besetzte Rollen der Unterstützung, Beratung und Information, und eher negativ besetzte Rollen wie zum Beispiel die der Kontrolle, Überwachung und Bevormundung. Die Frage, die wir uns daher stellen müssen lautet: Wie müssen KI-Systeme und ihre Einsatzszenarien aussehen, damit die künftige Arbeitswelt menschengerecht und gesellschaftlich akzeptabel gestaltet werden kann?

Siehe dazu auch Welche Veränderung erfährt Wissensarbeit durch neue Technologien? In den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen gehen wir auch auf diese Themen ein. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Lernplattform.