Kivikas/Pfeiffer/Wulf (2006): Wissensbilanzen als Wettbewerbsfaktor für KMU

Der Beitrag Kivikas,M; Pfeifer, G.; Wulf, I. (2006): Wissensbilanzen als Wettbewerbsfaktor für KMU. In: Betriebsberater (BB), 61. Jahrgang, Heft 45, 06. November 2006, S. 2461-2465 geht einer Frage nach, die gerade von Geschäftsführern immer wieder gestellt wird: Gibt es mit der Wissensbilanz Vorteile bei der Beschaffung von Finanzmitteln nach Basel II ? Dabei werden zunächst Aufbau- und Informationswert von Wissensbilanzen analysiert und anschließend die Einsatzmöglichkeiten von Wissensbilanzen bei Kreditverhandlungen beschrieben. Die Autoren kommen zu folgendem Fazit (Seite 2465):

1. Seit 2004 sind Wissensbilanzen durch eine vom BMWi gestartete Initiative auch in Deutschland bekannt geworden. Seitdem sind zahlreiche Wissensbilanzen veröffentlicht worden; bei etlichen Unternehmen bereits im zweiten Jahr.

2. Da Wissensbilanzen die vergangenheitsorientierte Bilanz um zukunftsorientierte Informationen um zukünftige Unternehmenspotenziale ergänzen, können diese für Unternehmen folgende Vorteile haben:

– Wissensbilanzen können als Kommunikationsinstrument genutzt werden, um die Beziehungen zu Banken zu stärken und die Chancen einer Kreditgewährung zu erhöhen

– Wissensbilanzen können im Kreditverhandlungsprozess genutzt werden, um über eine Senkung der Marge die Kreditkonditionen zu verbessern

3. Die Wissensbilanz kann als Instrument zur Vorbereitung und Akzeptanz der qualitativen Faktoren des Rating dienen (…). Daher sollten Unternehmen Wissensbilanzen gezielt einsetzen. Gleichzeitig sollten sich Analysten wie auch die Unternehmensberatung mit diesem Informationsinstrument vertraut machen.

Ich kann durchaus verstehen, dass die Geschäfsführung die Wissensbilanz (besser: Wissensbilanz – Made in Germany) als Instrument für die Kommunikation mit Banken nutzen will. Dennoch erscheint es mir wichtig darauf zu verweisen, dass die Wissensbilanz – Made in Germany gerade mit der Darstellung der Wirkungszusammenhänge wichtige Hinweise für das Management des Wissens-Systems in KMU bietet. Ich schlage daher vor, die Wissensbilanz – Made in Germany am Anfang von Wissensmanagement-Aktivitäten durchzuführen, um daraus sinnvolle und notwendige Wissensmanagement-Projekte abzuleiten.

Prowis (2006): Studie “Wissensmanagement in produzierenden KMU”

prowis_studie_2006.gif“Im Rahmen des Projektes »ProWis« wurde eine Studie (Kurzfassung) unter produzierenden KMU bezüglich der Bedeutung und Herausforderungen von Wissensmanagement durchgeführt.” Zu den Top5 der Wissensdomänen gehören (S. 18):

  • Wissen über Kunden,
  • Wissen über Produkte,
  • Fachwissen,
  • Wissen über Märkte und Wettbewerber,
  • Wissen über Methoden.

Gerade das Wissen über Kunden und deren Erfahrungswissen (Wissen im Umgang mit den Produkten/Dienstleistungen eines Anbieters in der Domäne des Kunden) spielt in Zukunft eine große Rolle und wird bei Open Innovation für Innovationsprozesse genutzt.  Dabei erkennen die Unternehmen zu wenig, dass es entscheidend ist, die Interaktionskompetenz auf der Anbieterseite zu verbessern. Der Begriff Interaktionskompetenz wird von Reichwald/Piller (2006): Interaktive Wertschöpfung genutzt.

Halbwissen in Weiss: Ein Bericht in DER SPIEGEL vom 30.12.2006

In dem Artikel von Veronika Hackenbroch wird die Frage gestellt: “Warum kommt medizinisches Wissen oft nicht oder zu spät im klinischen Alltag an?” Beispielhaft wird darauf verwiesen, dass viele Mediziner nicht wissen, ab wann man von Bluthochdruck spricht. Darüber hinaus wird angemerkt, dass es wohl an den vielen Informationsbroschüren nicht liegen kann. Die unterschwellige Ratlosigkeit kommt meines Erachtens daher, dass man Information immer Kontext,noch zu stark mit Wissen gleich setzt – dem ist aber nicht so. Informationen werden in dem jeweiligen Kontext des Mediziners zu Wissen. Dabei wird dieses Wissen dann selbstorganisiert (Selbstorganisationsdisposition=Kompetenz) so angewendet, dass ein Problem des Patienten gelöst wird. Es ist also der Übergang von Information zu Wissen und Kompetenz, der näher zu beachten ist. Durch die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien liegen häufig nur Daten und Informationen vor. Es ist ein gutes Zeichen, dass in vielen Artikel auf diese Zusammenhänge hingewiesen wird.

Content Is King – But Context Rules

Diesen faszinierend einfachen Satz habe ich von J. Levy auf der ElearnChina2003 gehört. J. Levy war Keynote Speaker und hat deutlich gemacht, dass zur Zeit noch sehr oft über den Inhalt (Content) diskutiert wird, aber das Umfeld, in dem dieser Inhalt genutzt wird (Kontext bzw. Domäne) in Zukunft viel wichtiger werden wird.

Um es deutlich zu sagen: Inhalte, zumal noch aktuelle dazu, sind auch noch in Zukunft eine bedeutende Voraussetzung, um z.B. in Unternehmen wertschöpfend zu handeln. Beachtenswert sind allerdings scheinbar gegenläufige Trends: Einerseits werden Inhalte kostenpflichtig und andererseits kostenfrei angeboten. Letzteres wird gerade von der Initiative OpenContent stark favorisiert. Auch Universitäten wie das berühmte MIT in den USA stellen OpenCourseware zur Verfügung. Weiterhin gibt es Repositories für sogenannte Learning Objects. Dabei werden Inhalte “granuliert”, so dass nur noch “kleine Häppchen” vorliegen (Prinzip). Warum machen die das? Wenn Sie eine etwas fundiertere Darstellung suchen, so finden Sie Hinweise dazu entweder in meinem Paper zur ELearnChina2003 oder aber auf der sehr guten Seite von Marc Jelitto zu Lernobjektrepositorien.

Es kann durchaus Sinn machen, kleine inhaltliche Häppchen so aufzubauen, dass man sie wiederverwenden kann. Diese Wiederverwendbarkeit (Reusebility) ist dann die Basis für Wirtschaftlichkeit (Mass Customization in der Bildung). Ich bin allerdings ein wenig kritisch, da ich schon mit dem Begriff “Learning Objects” Probleme habe, denn: Können Objekte lernen? Ist es nicht eher das Subjekt, das in den Mittelpunkt gerückt werden muss? Denn das Subjekt nimmt die Inhalte  in Form von Daten/Informationen auf und konstruiert daraus Wissen. Daten in einem bestimmten Kontext werden zu Informationen und Informationen werden verbunden u. a. mit den persönlichen Erfahrungen zu Wissen konstruiert (Konstruktivismus). Siehe dazu auch die Wissenstreppe von North 1998. Somit ist die Situiertheit, der Kontext, des Inhalts letztendlich entscheidend, Content Is King – But Context Rules. I love it…..

Wissensbilanz-Toolbox: Erweiterungen

wb_toolbox_erweiterungen.gifMit Hilfe der Wissensbilanz – Made in Germany können auch Kleine und Mittelständische Unternehmen (KMU) ihr Intellektuelles Kapital darstellen und steuern. Als Moderator der Wissensbilanz – Made in Germany habe ich im letzten Jahr auch noch mit dem älteren Excel-Tool gearbeitet. Die in diesem Jahr veröffentlichte Wissensbilanz-Toolbox ist da schon ein sehr großer Schritt nach vorne. Die Toolbox ist kostenlos und erleichtert im konkreten Moderationsprozess die Erfassung und Auswertung der erarbeiteten Informationen. Auch die jetzt verfügbaren Erweiterungen sind sehr nützlich, da sie Standardeinflussfaktoren, ein Demoprojekt und auch Informationen zur individuellen Programmierung von Schnittstellen enthalten. Dennoch möchte ich noch darauf hinweisen, dass die Wissensbilanz-Toolbox selbstverständlich nicht ausreicht, um eine aussagefähige Wissensbilanz – Made in Germany zu erarbeiten. Der Moderationsprozess ist viel wichtiger. Ist der Moderationsprozess nicht qualitativ gesichert, werden die Daten/Informationen in der Wissensbilanz-Toolbox am Ende wenig aussagefähig sein. Leider habe ich den Eindruck, dass sich viele auf das Thema Wissensbilanz – Made in Germany stürzen, weil man ein lukratives Geschäft wittert. Darüber hinaus gibt es die Toolbox kostenlos…was will man mehr? Viele Anbieter verstehen aber zu wenig davon, was man heute unter Wissensmanagement versteht, bzw. welche Rolle die Wissensbilanz – Made in Germany spielt. Ich bin allerdings sicher, dass sich sehr bald die Spreu vom Weizen trennen wird.

Mistele, P; Trolle, A. (2006): Zur Konstruktion von Lernräumen in Hochleistungsystemen

lernraeume.gifMistele und Trolle beschreiben in ihrem Arbeitspapier, dass das Lernen im Arbeitsprozess an Bedeutung zugenommen hat und auch noch zunehmen wird. Dabei gehen die Autoren auf die damit verbundenen Veränderungen der Örtlichkeiten und der Räumlichkeit des Lernens ein. In der Zusammenfassung findet sich folgender Satz: “Die zunehmende Verlagerung des Lernens in den Prozess der Arbeit dient dem Erwerb und Ausbau situativer Handlungsfähigkeiten über formelle und informelle Lernprozesse.” Meines Erachtens wieder ein Hinweis darauf, dass Kontextbezug und Selbstorganisation, also Kompetenz als Selbstorganisationsdisposition, im Unternehmensbereich wichtig ist. Das von Rauner beschriebene Konzept der Multiplen Kompetenz (Kompetenz und Multiple Intelligenz) ist in diesem Sinne anschlussfähig.

Dörner, O. (2005): Umgang mit Wissen in der betrieblichen Praxis

doerner_2005.gifIn seiner interessanten Dissertation stellt Olaf Dörner den Umgang mit Wissen in der betrieblichen Praxis am Beispiel kleiner und mittelständischer Unterenhmen aus Sachsen-Anhalt und der Region Bern dar: “Zentraler Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit sind Formen und Bedingungen des Umgangs mit Wissen und insbesondere zur Generierung von Wissen in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Solche Betriebe sehen sich häufig mit dem Vorwurf konfrontiert, sie engagierten sich zu wenig im Bereich der Weiterbildung, was unter sich schnell verändernden Marktbedingungen zu Problemen führen könnte. Nachvoll-ziehbare Gründe dafür sind etwa Schwierigkeiten der Finanzierung und Freistellung von Mitarbeitern. Ohne diese zu vernachlässigen, wurde zu Beginn des Projektes davon ausgegangen, dass es andere Wege des Wissenserwerbs gibt, die jenseits organisierter Weiterbildungsangebote (unternehmensintern und -extern) liegen. Es wird empirisch untersucht werden, wie solche Wege gestaltet und gerahmt sind.”

ConWeaver: Eine Lösung zur Wissensvernetzung?

conweaver.gifDie Ankündigung des Tools ConWeaver ist vielversprechend: “ConWeaver ist eine Lösung für die automatisierte Wissensvernetzung, semantische Integration und intelligente Suche in Portalen und Intranets.” Um es gleich vorweg zu sagen: Ich bin sehr für die Nutzung der neuen technologischen Möglichkeiten, möchte aber dennoch auf die Besonderheiten von Wissen eingehen. Schauen wir uns zunächst den ersten Teil des Satzes an, in dem von “automatisierter Wissensvernetzung” die Rede ist. Betrachtet man Wissen durch die Brille des Konstruktivismus´, so ist diese Aussage zu relativieren. Wenn Wissen situativ ist und in dem jeweiligen Kontext konstruiert wird, so leuchtet mir eine automatische Wissensvernetzung z. B. von impliziten Wissen mit Hilfe des Tools nicht ein. Weiterhin wird von einer “intelligenten Suche” gesprochen. Scheinbar ist heute alles intelligent: Software, Häuser, Autos, Straßenschilder usw. Intelligenz ist ein Konstrukt, das über 100 Jahre von dem IQ bestimmt war. In der Zwischenzeit gibt es Alternativen, die zwar auch heftig kritisiert werden, aber doch immer stärker auf dem Vormarsch sind (Siehe den Hinweis von Rauner 2004, der auf die Konvergenz der Kompetenz- und Intelligenzdebatte verweist). Von welcher Art “Intelligenz” wird hier in Verbindung mit dem Tool ConWeaver gesprochen? Ist es die künstliche Intelligenz (dann sollte man es auch so formulieren) oder meint man nur ein adaptives System? Und was ist mit den intelligenten Personen, die Wissen aus Daten und Informationen konstruieren, und es selbstorganisiert in Unternehmen (Domänen) so einsetzen, dass Probleme (Complex Problem Solving) des Kunden gelöst werden (Kompetenz: Selbstorganisationsdisposition)? Wie werden diese intelligenten Menschen von dem Tool unterstützt? Am Ende noch einmal der Hinweis: Ich bin für die Nutzung des Semantic Web, dennoch halte ich den Sprachgebrauch zur Zeit für etwas unglücklich.

METORA: Das Wissensmanagement Referenzprojekt

metora.gifDas Verbundrojekt METORA verfolgt die Ziele: “KMU bei der Erschließung von Wissensmanagement-Potenzialen zu unterstützen und Barrieren im Umgang mit Wissen abzubauen, Wissensmanagement-Dienste zu entwickeln, im Netzwerk des BITKOM zu erproben und in alle Branchen zu transferieren, Austausch und Nutzen von Praxiserfahrungen auf einer webbasierten Plattform, in Wissenswerkstätten und Expertengesprächen nachhaltig zu fördern.”