Der Artikel Web 2.0 – Social Software in der zweiten Generation (sciencegarden Februar/März 2007) geht sehr schön auf die aktuelle Diskussion ein und stellt klar, dass die neue Generation der Social Software Möglichkeiten birgt, die manchen Leuten wohl nicht bewusst sind. Ganz besonders möchte ich auf folgende Passage aufmerksam machen: “Selbstorganisation als Prinzip. Maßgeblich für den Einsatz der neuen Social Software-Anwendungen sind die Prinzipien der redaktionellen Selbstorganisation („Graswurzelredaktion“) und der kollektiven Intelligenz.” Die Leser meines Blog wissen, dass ich gerade auf diese Punkte immer wieder hinweise. Dennoch: Auch wenn hier die gleichen Begriffe verwendet werden kann es sein, dass andere Dinge damit gemeint sind. Deshalb hier noch einmal meine Position: Unter Selbstorganisation verstehe ich die Selbstorganisationsdisposition im Sinne der Kompetenzdefinition von Erpenbeck/Heyse (QUEM-Projekt). Weiterhin verstehe ich den Begriff “Kollektive Intelligenz” nicht im Sinne des klassischen IQ, sondern im Sinne der Multiplen Intelligenzen. Siehe dazu auch das von mir initiierte EU-Projekt MIapp (2004-2006). Es ist doch immer wieder festzustellen, dass die gleichen Begriffe verwendet werden, die Leute aber oftmals etwas anderes darunter verstehen…
SPIEGELONLINE vom 04.04.2007: Unsinnige Auswahlverfahren
Unter der Überschrift Mitarbeitersuche als Glücksspiel berichtet SPIEGELONLINE von interessanten Ergebnissen verschiedener Forschungsprojekte. Unter anderem wird vermerkt, dass ca. “90 % der Auswahlverfahren unsinnig sind” obwohl “Psychotests Intelligenz, Wissen oder Verhaltensweisen zuverlässig testen” könnten. Diese werden aber in deutschen Unternehmen kaum eingesetzt. Das ist ein Problem, oder: Eine Chance für den, der es lösen kann. Mit dem EU-Projekt MIapp haben wir einen ersten wichtigen Schritt getan, moderne Intelligenzkonzepte in die betriebliche Praxis der Personalentwicklung zu übertragen. Siehe dazu auch den Blogbeitrag Wie kann man die Multiple Intelligenzen Theorie im Unternehmen nutzen. Ein spannendes Feld…
Wie kann man die Multiple Intelligenzen Theorie im Unternehmen nutzen?
Die Multiple Intelligenzen Theorie wird schon erfolgreich im Bildungssektor angewendet. Erst nach und nach setzt sich die Erkenntnis durch, dass es auch in Unternehmen auf Lernprozesse ankommt. Es stellt sich daher die Frage, wie man die MI-Theorie auch in Unternehmen nutzen kann. Gardner (2002:233) gibt darauf folgende Antwort:
“Die Konzentration auf Sektoren legt eine mögliche Anwendung der MI-Theorie im Unternehmensbereich nahe. Wo in erster Linie Kommunikation als Ware im Mittelpunkt steht, nutzt man die Sprache oder andere Zeichensysteme. Die Sektoren Finanzen, Buchhaltung oder Naturwissenschaft stützen sich auf die logisch-mathematische Intelligenz, für publikumsbezogene Sektoren sind die personalen Intelligenzen wichtig. Auch die übrigen Intelligenzen werden eingesetzt: die musikalische und andere künstlerische Intelligenzen in der Unterhaltungsbranche, die körperlich-kinästhetische in den Branchen Sport, Kunst und Kunstgewerbe, die Raumintelligenz in den Sektoren Schifffahrt, Transport, Werbung und Graphik, die naturkundliche Intelligenz in Unternehmen, die mit Umwelt, Pflanzen, Tieren, Textilien und Ökologie zu tun haben, die intrapersonale im Bereich Karriereplanung und Selbsterfahrung (…).”
Dieser Hinweis kann allerdings auch falsch verstanden werden. Es geht hier nicht darum, eindeutige Zuwesungen wie “Buchhaltung <-> logisch-mathematische Intelligenz” zu entwickeln. Denn es ist vielmehr so, dass in den verschiedenen beruflichen Domänen viele unterschiedliche Intelligenzarten wirken. Dieser Zusammenhang wird hier oftmals übersehen. Gerade in den Interaktion mit Kunden kann die MI-Theorie Unternehmen wichtige Hinweise geben.
Von intelligenten Kunden und intelligenten Unternehmen – und nicht nur von intelligenten Produkten
Wenn man sich die Werbung ansieht kommt man nicht umhin zu bemerken, dass alles um uns herum scheinbar intelligenter geworden ist (sein soll): Intelligente Autos, Intelligente Häuser, Intelligente IT-Systeme, Intelligente Bekleidung. Es ist verständlich, wenn Werber den Intelligenzbegriff (Konstrukt) dazu verwenden, Aufmerksamkeit zu wecken. Dennoch muss man sich auch die Frage stellen, ob wir es denn nicht auch (oder möglicherweise nur) mit intelligenten Menschen/Kunden zu tun haben. Es geht mir nicht um ein entweder-oder, sondern um ein sowohl-als-auch. Intelligente Kunden sind im Sinne der Multiple Intelligenzen Theorie auch intelligent anzusprechen. Multipel bedeutet also, den Kunden nicht nur logisch-mathematisch, sprachlich und in letzter Zeit auch emotional anzusprechen. Hier gibt es für Unternehmen die einmalige Chance, den intelligenten Kunden als Partner für gemeinsame Wertschöpfungen zu gewinnen. Möglicherweise entsteht aus dieser Kooperation dann auch noch ein multipel intelligentes Unternehmen, mit multipel intelligenten Mitarbeitern? Das sind Aussichten, die mir gefallen….
Prof. Spitzer zu Multiple Intelligenzen auf br-alpha als Online-Video
In der Sendereihe Geist & Gehirn auf br-alpha stellte Prof. Spitzer die Multiple Intelligenzen Theorie in beeindruckender Weise vor. Ganz besonders hat mir gefallen, dass Prof. Spitzer auch auf die verschiedenen Mißverständnisse zur MI-Theorie einging. Prof. Spitzer ist Direktor der psychiatrischen Uniklinik in Ulm. Wie können Sie sich das Video ansehen?
- Klicken Sie auf die Website von Geist & Gehirn
- Wählen Sie die Folge 101 Multiple Intelligenzen aus. Zum Abspielen benötigen Sie den realplayer
Selbstverständlich können Sie sich in diesem Zusammenhang auch die Folge 100 ansehen: Was ist Intelligenz?
Viel Spaß dabei…
PHORMS-Schulen erfassen und fördern Talente nach dem Konzept der Multiplen Intelligenzen
Man stelle sich vor: Eine Management-AG gründet Schulen, berücksichtigt die Stärken jedes einzelnen Schülers und orientiert sich an dem Konzept der Multiplen Intelligenzen. Sie glauben, das gibt es nicht? Doch, und zwar sind es die PHORMS-Schulen, die ein solches Konzept umsetzen. In dem Flyer wird ausdrücklich auf Seite 11 auf das Konzept der Multiple Intelligenzen hingewiesen. Als Initiator des EU-Projekts MIapp freut es mich das ganz besonders. Mal sehen, wie sich alles entwickelt. Zunächst werde ich versuchen, mit den Initiatoren Kontakt aufzunehmen.
Babutsidze, Z. (2007): How Do Consumers Make Choices? A Summary of Evidence from Marketing and Psychology
Ein spannendes Paper zur Frage, wie Kunden Entscheidungen treffen. Dabei betrachtet der Autor die Fragestellung aus der Perspektive des Marketing und der Psychologie (Siehe dazu auch Zu viel Auswahl macht depressiv). Zunächst werden verschiedene Konzepte und danach der Auswahlprozess beschrieben. In Kapitel drei geht es anschließend um den Umgang mit Informationen, dabei kommt man zu dem Schluss, dass der Auswahlprozess sehr individuell und einmalig ist (Siehe dazu auch Multiple Intelligenzen). Das sollte nicht so neu sein, ist es aber für viele Unternehmen schon, denn diese sprechen immer noch von DEM Kunden. Aber wer ist denn DER KUNDE? Es ist Herr “ABC” oder Frau “XYZ”, die ganz individuell entscheiden. Jeder Mensch ist eben einmalig und es ist heute möglich, sich auf jeden einzelnen Kunden (Menschen) einzustellen (Siehe dazu Mass Customization und Open Innovation). Kunden (Menschen) sollten das einfordern und Unternehmen sollten es umsetzen. Warum auch nicht?
Was hat die Globalisierung mit einzelnen Jobprofilen zu tun?
Lord Anthony Giddens (Soziologe) hat in der heutigen Ausgabe der Welt am Sonntag (S. 26) unter der Überschrift Eine neue Globalsierung interessante Anmerkungen zum Thema gemacht: “Denn in ihrer nächsten Phase wird sich die Globalisierung auf einzelne Jobs oder Jobprofile auswirken. (…) , da es darauf ankommt, welche Art von Job jemand im Einzelnen macht. (…) Die Berufsausbildung sollte, wo immer möglich, nicht zu speziell sein, da es in Zukunft auf Flexibilität und Anpassungsfähigkeit ankommt.” Wieder ein Indiz für meine Auffassung, Jobprofile aus der Sicht der Multiplen Intelligenz zu analysieren und darüber hinaus, Kompetenzentwicklung (Selbstorganisationsdisposition) in den Mittelpunkt zu stellen: Eben Multiple Kompetenzen.
Was hat Wirtschaft mit Bildung zu tun, und was hat Bildung mit Wirtschaft zu tun?
In letzter Zeit gibt es immer mehr Stimmen, die von einer Kommerzialisierung der Bildung sprechen, oder besser: warnen. Beispielsweise wenn ein Hörsaal nach einer Firma benannt oder die Wirtschaftlichkeit im Bildungssystem angemahnt wird. Dabei wird übersehen, dass es auch zu einer stärkeren Beachtung von Lernprozessen in der Wirtschaft kommt. Wir sprechen von einer Lernenden Organisation, von Wissensmanagement und von Intellektuellem Kapital. Meiner Ansicht nach hat Gardner (2002:227ff.) den Zusammenhang treffend beschrieben:
“In den meisten Regionen halten sich Wirtschaft und Bildungssektor mit nervöser Wachsamkeit im Auge. Die Geschäftswelt erscheint als mächtig und unlenksam, die Welt der Bildung als warmherzig und verletzlich. Herrschen im Lande günstige Voraussetzungen, nimmt die Spannung zwischen Wirtschaft und Bildung ab, in Zeiten der Konflikte oder Knappheit von Ressourcen flammt der Argwohn auf. In guten wie in schlechten Zeiten bemängeln die Firmen die unzureichende Ausbildung der Schulabgänger, beklagen die Schulen die unzureichende finanzielle Unterstützung der Bildungseinrichtungen. In den Vereinigten Staaten und einigen anderen Ländern macht sich in Wirtschaftskreisen die Überzeugung breit, man habe das Zeug dazu, das Steuer auch im Schulwesen zu übernehmen. Es werden Versuche lanciert, dieses Wissen zum Beispiel durch Site-based Management oder Qualitätsmanagement in den Schulen zur Anwendung zu bringen oder die Schulen als Non-Profit- oder Profit-Einrichtungen zu verwalten. Die beiderseitige Überzeugung, dass man in verschiedenen Sphären operiert hat es der Schule und der Wirtschaft erschwert, zu konfliktfreiem Kontakt und sinnvoller Zusammenarbeit zu finden, mit der Folge, dass beide Institutionen sich weitgehend darüber im unklaren sind, wie viele Aufgaben und Möglichkeiten sie gemeinsam haben. In beiden Sektoren steht Lernen im Zentrum: Wer in der Geschäftswelt überleben will, für den hört im Beruf das Lernen nicht auf.”
Wir sollten daher nicht von Wirtschaft oder Bildung sprechen, sondern von Wirtschaft und Bildung. Es ist eine deutliche Konvergenz zu beobachten – und wohin führt diese Konvergenz in Wirtschaft/Bildung?
Informationen zu den Lehrgängen und zu aktuellen Terminen finden Sie auf unserer Lernplattform.
Atwell, G. (2007): Personal Learning Environments – the future of eLearning?
Der Beitrag von Graham Attwell (eLearning Papers, Vol. 2, No. 1, January 2007) untersucht die Möglichkeiten von persönlichen Lernumgebungen (Lern-Kontexten). Dabei ist mir besonders folgende Passage aufgefallen (S. 2-3): “It is argued that we all have different styles of learning and approach learning in different ways. Although this would seem self-evident, attempts to theorise and classify such learning styles are less than convincing. Personally, I do not think I have one particular learning style but use different learning styles and different ‘intelligences’ in different contexts, different subjects and in different knowledge – domains and in response to different learning aims and goals.” Leser meines Blogs wissen, dass ich ähnliche Ansichten vertrete. Siehe Kompetenz ist kontextabhängig – Intelligenz aber auch oder meine Vorträge zu MCP in der Bildung, speziell mein Paper von der ElearnChina2003. Entscheidend ist die Selbstorganisationsdisposition (Kompetenz nach Erpenbeck) in verschiedenen Kontexten (Domänen). Von E (minus) Learning zu Learning (plus) E. Aus der Sicht eines Wissensarbeiters ist interessant, wie Graham auf Seite 5 sein Lernumfeld mit Hilfe von Open Source Programmen gestaltet. Machen Sie das doch für sich selbst auch einmal….