Warum bringen Menschen in Unternehmen nur 30-40% ihrer Kompetenzen ein?

Die in vielen Unternehmen noch vorhandenen starren Strukturen waren für einen relativ stabilen Wandel des letzten Jahrhunderts gut geeignet. Im turbulenten Wandel des 21. Jh., der sich durch erhöhte Komplexität auszeichnet, sind starre Strukturen keine adäquate Antwort. Schreyögg/Kliesch (2003:69) formulieren es folgendermaßen: “So sind ´starre Strukturen´, die sich z.B. in exakten Stellenbeschreibungen, Arbeitsanweisungen und Verhaltensvorschriften (vorausgesetzt, sie werden auch gelebt) niederschlagen, nicht geeignet, (widersprüchliche, erwartungsfremde) Impulse aufzunehmen oder neuartige Anschlussmöglichkeiten zwischen den Ressourcenbestandteilen zu selektieren und diese entsprechend (neu) zu verknüpfen.“ Solange noch an starren Strukturen festgehalten wird, „(…) dürfen wir uns nicht wundern, wenn auch weiterhin in Unternehmen Menschen (…) lediglich 30 bis 40% ihrer Kompetenzen einbringen“ (Arnold 2002:105). Eine Quantifizierung ist natürlich unternehmensspezifisch und nur sehr schwierig zu erstellen, dennoch zeigen diese Angaben, welche Potenziale in den Unternehmen nicht genutzt werden. Die Frage ist, ob man sich das in Zukunft auch noch leisten kann – ich glaube nicht.

Intelligenz-Quotient (IQ) aus Sicht der Komplexitätsforschung

Mainzer (2008:28) kritisiert, dass die klassische Sicht des Reduktionismus (Grenzwertansatz und Normalverteilung) „untypisch für komplexe Systeme [ist], in denen sich Ordnungen und Strukturen selbst organisieren. Normalverteilungen setzen nämlich völlig unabhängige Ereignisse voraus. Daher können sie keine Korrelationen und Synergieeffekte von zusammenwirkenden Ereignissen berücksichtigen, die erst zu neuen Formen und Strukturen in Natur und Gesellschaft führen.“ In einer äußerst komplexen Umwelt reichen die reduktionistischen Verfahren nicht mehr aus (Siehe dazu auch Komplexität, Emergenz). Der Intelligenz-Quotient (IQ) stützt sich auf die Normalverteilung, was aus der Sicht der Komplexitätsforschung somit eher kritisch zu sehen ist. Funke (2006) hat einen ausführlichen Beitrag zum ersten Intelligenztest geschrieben und führt auf Seite 38 dazu aus: “Inhaltlich hat sich das Intelligenzkonzept in den letzten 100 Jahren ausdifferenziert (vgl. Funke u. Vatterodt-Plünnecke 2004): An der Stelle einer einzigen Intelligenzdimension (´general intelligence´, g-Faktor) ist heute die Konzeption multipler Intelligenzen im Sinne unterschiedlicher Teilkompetenzen (z.B. logisches Schlussfolgern, verbale Intelligenz, kreatives Problemlösen, emotionale Kompetenz, Körperbeherrschung) getreten, für die jeweils andere Erfassungsinstrumente benötigt werden.” Siehe dazu auch Über den Unsinn von Intelligenztests, Muss der HAWIK-IV wirklich sein?

Reduktionismus: Die Vereinfachung komplexer Sachverhalte ist unangemessen

Briggs/Peat (1999:25) führen dazu aus: “Im wesentlichen ist der Reduktionismus die Natursicht eines Uhrmachers. Eine Uhr lässt sich auseinander nehmen und in ihre Bestandteile wie Zahnräder, Hebelchen, Federn und Triebwerk zerlegen. Sie lässt sich aus diesen Teilen auch wieder zusammensetzen. Der Reduktionismus stellt sich auch die Natur als etwas vor, was sich zusammensetzen und auseinander nehmen lässt. Reduktionisten glauben, dass auch die komplexesten Systeme aus atomaren und subatomaren Entsprechungen von Federn, Zahnrädchen und Hebeln bestehen, die die Natur auf unendlich vielfältige, geniale Art kombinierte.“ Die vereinfachende Zurückführung komplexer Sachverhalte auf einefache Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge, (sowie deren Messbarkeit) ist in einem turbulenten Umfeld nicht mehr angemessen, denn es kommt in komplexen Systemen auch zu emergenten Phänomenen. Siehe dazu u.a. das Beispiel einer Fussballmannschaft, die Intellektualistische Legende oder Baumgartner 1973.

VfL Bochum holt drei wichtige Punkte bei Borussia Mönchengladbach

Im Freitagspiel der Fussball-Bundesliga hat der VfL Bochum gestern vor 50.000 Zuschauern bei Borussia Möchengladbach mit 1:0 gewonnen. Es war der erste Auswärtssieg des VfL Bochum in dieser Saison und das auch noch bei einem Mitkonkurrenten im Kampf gegen den Abstieg. Marcel Koller (Trainer des VfL Bochum) wartete mit einer interessanten Aufstellung auf: Er verzichtete auf den formschwachen Sestak und ließ dafür im Mittelfeld Grote spielen. Weiterhin musste der VfL Bochum in der Abwehr auf die noch sehr jungen und unerfahrenen ehemaligen Amateure Mavraj und Fabian setzen, da Yahia und Maltritz noch verletzt sind und Pfertzel nach seiner roten Karte gesperrt ist. Die beiden Youngster machten ihre Sache sehr gut. Durch eine massive und aufmerksame Abwehrarbeit kam der VfL Bochum nach ca. 20 Minuten besser ins Spiel. Nach dem 1:0 durch einen tollen Schuss von Grote in der 29. Minute, konnte der VfL Bochum das Spiel bis zur Pause kontrollieren. In der zweiten Hälfte schaffte es die Borussia nicht, den schnellen Ausgleich zu erzielen und warf am Ende alles nach vorne. In der Schlussphase hatte der VfL Bochum etwas Glück, dass Gladbach seine Chancen nicht nutzte. Darüber hinaus sicherte Bochums Torwart mit glänzenden Reaktionen den ersten Auswärtssieg. Immerhin 5.000 mitgereiste Bochum-Fans freuten sich mit der Mannschaft. Der VfL Bochum spielt nach der misserrablen Hinrunde bisher eine exzellente Rückrunde und hat nun 25 Punkte auf dem Konto. Das reicht natürlich noch nicht, doch die Chancen stehen nun wieder ein wenig besser, auch in der kommenden Saision erstklassigen Fussball in Bochum sehen zu können.

Open Source Innovation: Was versteht man darunter?

Das OSI-Projekt an der TU Hamburg: “Unter Open Source Innovation (OSI) verstehen wir eine in freiwilliger Kollaboration erstellte Innovation, bei welcher ein nicht-marktlich vermittelter Übergang von den an der Invention beteiligten Akteuren zu den an der Verwertung beteiligten Akteuren stattfindet: Die Ergebnisse der Invention sind in wesentlichen Teilen für alle interessierten Akteure zugänglich und können genutzt, modifiziert und weiterverbreitet werden.” Es geht also um die Frage, ob man das erfolgreiche Open Source Prinzip auf andere Bereiche übertragen kann. Interessant dabei ist die aktuelle Studie Rasch/Herstatt/Balka (2009): The open source model beyond software: Comparative case studies on the open design of tangible goods. Siehe dazu auch Open Innovation.

11. KnowTech – Kongress zum IT-gestützten Wissensmanagement

Die 11. KnowTech – Kongress zum IT-gestützten Wissensmanagement findet vom 06.-07.10.2009 im Kongresszentrum der IHK Frankfurt am Main statt. Bis zum 30.04.2009 haben Sie noch die Möglichkeit Beiträge zu den vielfältigen Themen einzureichen (Call for Papers). Der Schwerpunkt liegt auf dem IT-gestützten Wissensmanagement, was natürlich die Frage aufwirft, welche Vorteile bzw. Nachteile diese Priorisierung hat, bzw. haben kann. Siehe dazu auch Schilcher (2006): Implizite Dimension des Wissens und ihre Bedeutung für betriebliches Wissensmanagement.

Trend zur Individualisierung: Gesellschaftliche und ökonomische Dimension

Es gibt einen Trend zur Individualisierung
Neben dem Trend zur Globalisierung und zur Lokalisierung gibt es auch noch einen Trend zur Individualisierung. Dabei kann man zwei Dimensionen unterscheiden: Die gesellschaftliche und die ökonomische Dimension.

Die gesellschaftliche Dimension der Individualisierung
“Wenn das vergangene Jahrtausend zu mehr Demokratie geführt hat, ist zu erwarten, dass das neu begonnene zu verstärkter Individualisierung führen wird – Individualisierung nicht im Sinne der Selbstsucht oder Selbst-Suche, sondern im Sinne wachsender Einsicht in die Eigenart der einzelnen Individuen und wachsender Achtung vor ihnen” (Gardner 2002:260). „In der individualisierten Gesellschaft muss der einzelne entsprechend bei Strafe seiner permanenten Benachteiligung lernen, sich selbst als Handlungszentrum, als Planungsbüro in Bezug auf seinen eigenen Lebenslauf, seine Fähigkeiten, Orientierungen, Partnerschaften usw. zu begreifen“ (Beck 1986:217). „Individualisierung meint (…) erstens die Auflösung, zweitens die Ablösung industriegesellschaftlicher Lebensformen (…) durch solche, in denen die Individuen ihre Biographie selbst herstellen, inszenieren, zusammenschustern müssen (…). Individualisierung beruht also keineswegs auf einer freien Entscheidung. Die Menschen sind – um es mit Sartre zu sagen – zur Individualisierung verdammt” (Beck 1993). Weg also von der Fremdorganisation durch den Staat und die Gesellschaft, hin zur Selbstorganisation. Begriffe wie Selbstorganisiertes Lernen, Selbstmanagement, Selbstorganisationsdisposition usw. sind Ausdruck dieser Veränderungen. Es fällt vielen Menschen noch sehr schwer, sich selbst und ihr eigenes Lebensumfeld stärker selbst zu organisieren.

Die ökonomische Dimension der Individualisierung
Viele Unternehmen stehen vor Anforderungen, die mit den klassischen Wettbewerbsstrategien nicht mehr zu bewältigen sind. Durch die neuen Informations- und Kommunikations-Technologien ist es z.B. nun möglich geworden, individuelle Produkte und Dienstleistungen für einen großen Markt zu “ganz normalen” Preisen anzubieten (Kundenindividuelle Massenproduktion oder Mass Customization). Der Trend zur Individualisierung ist somit eine Vorbedingung für die neue Wettbewerbsstrategie. Aber auch Open Innovation (Open Source, Open Content…), Diversity Management, Lernende Organisation, Wissensmanagement oder Wissensbilanz – Made in Germany sind Entwicklungen, die aus den veränderten Rahmenbedingungen entstanden sind.

TommyKlein Individual Tailoring: Image-Broschüre enthält Informationen aus einem meiner Konferenzpaper

Das Unternehmen TommyKlein – Individual Tailoring nutzt seit einigen Jahren die Möglichkeiten von Mass Customization für die Herstellung hochwertiger Maßkleidung (Selbstversuch Teil 1, Teil 2). Diese Erfahrungen haben dazu geführt, dass ich das Konzept von TommyKlein mit dem EU-Projekt LEAPFROG verglichen habe. Die Analyse ist in einem Konferenzpaper zusammengefasst, das ich auf der MCP-CE 2008 präsentiert habe (Veröffentlichungen). Die Ergebnisse sind nun auch neu in der TommyKlein Image-Broschüre (Seite 6) enthalten. Es ist nicht verwunderlich, dass sich die Modebranche immer mehr mit den Möglichkeiten von Mass Customization befasst, denn immerhin werden durch die massenhafte Produktion von Standardgrößen ca. 300 Mrd. Euro pro Jahr verschwendet. Siehe dazu SizeGermany: Braucht man diese Messungen? oder auch Was hat Prokrustes mit Mass Customization zu tun?

Massenproduktion und das Toyota Produktions-System (Lean Production)

Die massenhafte Herstellung standardisierter Produkte und Dienstleistungen (Massenproduktion) hat dazu geführt, dass wir uns mit der Zeit viele Güter leisten konnten, die vorher unerschwinglich waren. Ein gutes Beispiel dafür ist natürlich das Auto, das zunächst in Handarbeit hergestellt, nur etwas für die Reichen war.

Mit der Massenproduktion des Ford T Modells änderte sich das schlagartig. In Japan konnte man sich nach dem 2. Weltkrieg eine solch verschwenderische Produktion wie die Massenproduktion einfach nicht erlauben und Toyota entwickelte sein berühmtes Toyota Produktions-System, das im IMVP-Projekt Lean Production bezeichnet wurde.

Der nächste Schritt ist die kundenindividuelle Massenproduktion von Autos: Mass Customization. Wie das aussehen kann, sehen Sie hier. In der März-Ausgabe von Automotive Design and Production gibt es darüber hinaus den Artikel What To Do In This Age Of Uncertainty, in dem bemerkt wird: A key is Mass Customization. Dem ist nichts hinzuzufügen, oder?

Bildung neu denken – A truck is not a horse

Was soll das bedeuten “A truck is not a horse”? Wer nur in “Pferdekategorien” oder sollte ich besser sagen im “Pferdesystem” denkt, wird nie glauben, dass es in einem anderen System (Auto-System) Lösungen gibt, die in seinem System undenkbar sind. Übertragen auf das Bildungs-System bedeutet das, dass man heute neue Fragen stellt (Wie soll Bildung in einer wissensbasierten Gesellschaft aussehen?), aber immer noch zu oft alte Antworten gibt (Wir geben einfach mehr Geld, mehr Lehrer usw. in das System)… Der Tenor: Viel hilft viel. Unser traditionelles Bildungssystem ist wie ein Massenproduzent organisiert. Da macht es auch nichts weiter, dass man in letzter Zeit versucht, mit Qualitätsmanagement-, Lean- und Reengineering-Programmen die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Folgende Aussagen hört man immer wieder (Auswahl): 

  1. Man braucht mindestens 15 Teilnehmer, um ein Seminar stattfinden zu lassen
  2. Es wäre schön, wenn alle Teilnehmer die gleichen Eingangsvoraussetzungen mitbringen würden
  3. Die “heterogen” zusammengesetzte Gruppe, kann nicht individuell genug qualifiziert werden
  4. Man hat bei 15-20 Teilnehmern keine Zeit, sich um jeden individuell zu kümmern
  5. Die Abrechnung für Dozenten erfolgt nach Stunden-/Tagessätzen
  6. Getaktete Zeitstunden sind die Regel

Im Kontext der Umbrüche (Turbulenter Wandel, Globalisierung, Individualisierung) gerät auch das Bildungssystem unter Druck und muss sich anpassen. Die konsequente Teilnehmerorientierung (nicht zu verwechseln mit  der Kundenorientierung), drückt sich in der Forcierung des selbstgesteuerten Lernens und der Höherbewertung informeller Lernprozesse sowie der Betonung einer erhöhten Eigenverantwortung im Prozess lebenslangen Lernens aus (BMBF 2004:15). 

These: Es ist Zeit, das bisher erfolgreiche Bildungssystem strukturell zu verändern und umzubauen, denn auf neue Fragen gibt es zu oft alte Antworten: A truck is not a horse

Wer nur kann, was alle schon können, und nur weiß, was alle schon wissen, kann auch nur tun, was alle schon tun können (Prof. Markl).